Ehemalige Selbstständige auf Jobsuche Bloß nicht den Chef markieren!

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Darauf kommt es im Bewerbungsverfahren an


Das Bewerbungsschreiben

Neben einem klaren Bezug zur ausgeschriebenen Stelle ist Authentizität nach der Meinung von Püttjer das oberste Gebot beim Anschreiben. Dennoch sollten Bewerber es tunlichst vermeiden, zu schreiben, dass sie sich aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus beim Unternehmen bewerben. Vielmehr sollten die Bewerber auf ihren gesammelten Erfahrungsschatz setzen. "Es empfiehlt sich, tatsachenorientiert zu schreiben, indem man anhand von Referenzen darlegt, welche Erfahrungen man während seiner Selbstständigkeit gesammelt hat", rät die Expertin.

Da Selbstständige keine Arbeitszeugnisse besitzen, rät sie den ehemaligen Chefs dazu, sich von zwei bis drei Geschäftspartnern Referenzen ausstellen zu lassen – und Name sowie Telefonnummer der Personen anzugeben, damit der neue Arbeitgeber diese prüfen kann.

Im Gegensatz zu Püttjer ist Hesse der Meinung, dass Schummeln beim Anschreiben im gewissen Maße vertretbar ist – angesichts der Tatsache, dass vielen Arbeitgebern ehemalige Selbstständige ein Dorn im Auge sind. "Viele ehemalige Chefs schummeln aus der Not heraus, weil sie schon oft misstrauische Begegnungen mit potenziellen Arbeitgebern erlebt haben", weiß Hesse. So zum Beispiel: Ein Mann lässt seinen Kiosk über seine Frau laufen, um bei der Bewerbung zu behaupten, in der Vergangenheit als Angestellter gearbeitet zu haben.

Das gehört in die Bewerbung von ehemaligen Selbstständigen

Püttjer hält von dieser Beschönigung nichts – vor allem, weil die perfekten Lebensläufe auch immer weniger verlangt werden. Bis zur Jahrtausendwende sei es noch üblich gewesen, dass nur die Superlativen im Anschreiben überzeugten – "Heute stellen Personaler tendenziell lieber Leute ein, die auch einmal Fehler gemacht haben, weil sie authentischer wirken", weiß Püttjer.


Das Vorstellungsgespräch

Mit der Einladung zum Bewerbungsgespräch ist die erste Hürde genommen. Jetzt gilt es, den potenziellen Arbeitgeber auch von Angesicht zu Angesicht zu überzeugen. Für ehemalige Selbstständige ist das deutlich schwieriger als für normale Angestellte: "Die Bewerber sollten nicht wie der Chef persönlich auftreten, sondern eher etwas bescheidener und vielleicht auch demütiger. Dabei sollen sie sich aber auch nicht zu klein machen", sagt Hesse. Eine Gratwanderung also.

Gelingt die, muss der Bewerber die gleichen Eigenschaften mitbringen wie seine Konkurrenten: "Er muss kompetent sein und Problemlöseerfahrungen haben. Er muss hochmotiviert sein – also Leistung bringen. Und er muss Sozialkompetenz haben, so dass er kompatibel mit seinen neuen Arbeitskollegen und dem Chef ist", sagt Hesse.

Eines gibt es jedoch noch, was Menschen wie Müller nach dem erfolgreich absolvierten Vorstellungsgespräch von den anderen Bewerbern unterscheidet. Wer den Job ergattert und vom Chef wieder zum einfachen Angestellten wird, darf sich auch nicht als Chef aufspielen. "Es ist wichtig, dass der ehemalige Chef sachorientiert im Hier und Jetzt arbeitet und nicht zu sehr in der Vergangenheit lebt, indem er immer wieder aus seiner Selbstständigkeit berichtet", sagt Püttjer.

Bei expliziten Fragen nach der Selbstständigkeit sollen die neuen Angestellten allerdings ehrlich antworten – und sich und ihre Expertise nicht zu klein machen.

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