Bewerber müssen allerdings wissen, dass nicht jede ehrenamtliche Tätigkeit für Arbeitgeber den gleichen Stellenwert hat. „Personaler schätzen es meist höher ein, wenn Sie benachteiligten Kindern nach der Arbeit Bücher vorlesen, als wenn Sie seit zehn Jahren im Vorstand des Tennisvereins sind“, meint Sophia von Rundstedt.
Wo sich die Deutschen freiwillig engagieren
Fast jeder Zweite engagiert sich in einem Verein. Die thematische Aufstellung ist hierbei sehr breit. Das kann vom Sportverein über den Musikverein bis hin zum Naturschutzverein alles sein.
14 Prozent der Befragten helfen in der Kirche oder anderen religiösen Einrichtungen, das ergab der Freiwilligensurvey des Bundesfamilienministeriums.
Etwa genauso viele Menschen engagieren sich in Gruppen und Initiativen. Thematisch spielen hier Umwelt und Bildung eine große Rolle.
Fast jeder Zehnte fühlt sich dieser Gruppe zugehörig. Die freiwillige Feuerwehr und Rettungsdienste sind hierbei die wichtigsten Einrichtungen.
Immerhin sieben Prozent engagieren sich in Verbänden. Berufs-, Gesundheits- und Umweltverbände sind die wichtigsten.
Diesen beiden Organisationsformen haben sich vier Prozent der Befragten angeschlossen.
Viele Bewerber fürchten, dass ein Engagement in politischen Parteien auch negativ wirken könne, da sie meist nicht wissen, welchem politischen Lager sich ihr Gegenüber zugehörig fühlt. Eine unbegründete Sorge meint Personalberater Drosten. „Mit den richtigen Argumenten sollte es einem ehemaligen CDU-Gemeinderatsmitglied auch möglich sein, einen Arbeitsplatz bei einer Gewerkschaft zu bekommen“, sagt er. Wichtig sei, sich genau zu überlegen, was man in einem Vorstellungsgespräch zu seiner Parteizugehörigkeit sagt, wenn man danach gefragt wird. Von Rundstedt empfiehlt: „Vernachlässigen Sie inhaltliche Positionen, heben Sie stattdessen heraus, welche Fähigkeiten Sie durch die politische Arbeit erlernt haben.“
Investition ins Karma
Wer nie ein Ehrenamt innehatte, braucht allerdings nicht in Panik zu verfallen. Denn ein Ausschlusskriterium sei soziales Engagement für Personalverantwortliche meist nicht. „Das können sich Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels nicht leisten“, sagt die Beraterin. Es sei mittlerweile sogar oftmals umgekehrt: Bewerber fühlten Unternehmen auf den Zahn und fragten, wie diese sich sozial engagierten. Das Beratungsunternehmen Rundstedt selbst unterstützt zum Beispiel die Initiative Arbeiterkind.de. Sie ermuntert Kinder aus nicht Akademiker-Familien dazu, ein Studium zu beginnen. Viele der Rundstedt-Mitarbeiter engagieren sich als Mentoren oder moderieren Informationsveranstaltungen.
Auch Manager und Führungskräfte, die schon lange in ihrem Job sind, entdecken plötzlich ehrenamtliches Engagement für sich. Sophia von Rundstedt kennt einige Investmentbanker, denen es auf einmal nicht mehr genug war, das große Geld zu verdienen. „Einer hat zum Beispiel eine Auszeit genommen und für ein halbes Jahr in Südamerika mit Straßenkindern gearbeitet“, erzählt sie.
Doch es gibt auch noch andere Gründe für das plötzliche Erkennen der eigenen sozialen Ader. Die Chicago Booth School of Business kommt zu einem skurrilen Forschungsergebnis: Menschen beginnen Gutes zu tun, wenn sie auf ein Ergebnis warten, das sie nicht mehr beeinflussen können. Zum Beispiel wenn sie auf die Rückmeldung zu einem Bewerbungsgespräch oder auf die Note einer Klausur warten. Die Wissenschaftler nennen das „Investition ins Karma“. Die Menschen glauben, dass sie mit guten Taten ihr Schicksal positiv beeinflussen können. Auch hier gilt: Soziales Engagement wird überbewertet.