Elternzeit Die Babypause wird zur Karrierefalle

Degradierung, Kündigung, manchmal sogar Entlassung: Die Auszeit nach der Geburt eines Kindes bedeutet für Mütter oft immer noch das Ende der Karriere.

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Schwangere Frauen zeigen ihre Bäuche Quelle: dpa

Der Blick zurück ist das Ende der Hoffnung: „Für viele Frauen entpuppt sich der dreijährige Erziehungsurlaub als Falle. Die Lösung: Die Familienpause muss kürzer werden – und auch für Männer selbstverständlich.“

Mit eben diesen Worten beginnt ein Artikel in diesem Magazin – vor ziemlich genau 16 Jahren, Anfang Februar 1999.

Sieben Jahre und Dutzende Artikel über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie später, hat sich an der Situation nicht viel geändert. „Junge Frauen wollen Kinder haben und ihren Beruf weiter ausüben. Väter wollen erziehende Väter sein, nicht mehr nur Ernährer. Mit unserer Familienpolitik erkennen wir dies an, indem wir zum Beispiel das Elterngeld einführen“, sagt die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen 2006 in einem Interview.

Weitere sechs Jahre später fordert ihre Nachfolgerin im Bundesfamilienministerium, Kristina Schröder: „Die Arbeitswelt muss weiblicher werden. Die Verantwortung in der Familie muss männlicher werden.“

Karriere und Kind bleiben unvereinbar

Und heute? Hat sich die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch die Einführung des Elterngelds und den Rechtsanspruch auf einen Kinderkrippenplatz abschließend geklärt? Wurden Rollenbilder überdacht, der richtige gesetzliche Rahmen gesetzt? Kurz: Ist es für Eltern leichter geworden, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen?

Genau dieser Frage wollte das Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in einer Umfrage auf den Grund gehen. Das Ergebnis: 53 Prozent der befragten Frauen sagen, dass Kinder und Karriere nicht miteinander zu vereinbaren sind. Und das spüren sie häufig schon kurz nach der Geburt: Laut einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums bereuen es im Nachhinein vier von zehn Frauen, Elternzeit in Anspruch genommen zu haben. 38 Prozent der befragten Mütter und 28 Prozent der befragten Väter sehen einen Zusammenhang zwischen Babypause und stockendem beruflichem Fortkommen.

„Die Babypause ist immer noch häufig ein Karrierekiller“, sagt Stefan Becker, Geschäftsführer der Initiative berufundfamilie, einer Tochtergesellschaft der gemeinnützigen Hertie-Stiftung. „Nicht mehr so häufig wie noch vor zehn Jahren, aber immer noch entschieden zu oft.“

Was bei Müttern und Vätern zu kurz kommt

Kinder statt Hobby

Denn obwohl sich mittlerweile fast jedes Unternehmen vom international operierenden Konzern bis hin zum kleinen Mittelständler mit Familienfreundlichkeit, flexiblen Arbeitszeiten und Betriebskindergärten rühmt, gehören Degradierung oder gar Kündigung nach der Elternzeit zum Alltag. Daran konnten auch prominente Über-Mütter wie Ursula von der Leyen (sieben Kinder und einen Ministerposten) oder Model Heidi Klum (vier Kinder, zwei TV-Shows, diverse Werbeverträge) nichts ändern, obwohl sie der Welt permanent vorgaukeln, dass man mit ein bisschen Organisationswillen alles haben kann: einen erfüllenden Job, ein glückliches Familienleben – und die Frisur sitzt auch. Darüber, wie viele Kompromisse, Gewissensbisse und Geld sie das tagtäglich kostet, verlieren sie kein Wort.

Auch Ex-Familienministerin Kristina Schröder inszenierte sich, als sie nach nur zehn Wochen Mutterschutz wieder ins Ministerium zurückkehrte, als Vorzeigefrau der Vereinbarkeit. Erst nach ihrem Rückzug vom Amt gab sie zu, zu viele wertvolle Momente mit ihrer Tochter verpasst zu haben. Und es bereue. Oder Sigrid Evelyn Nikutta, Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe. „Meine Kinder sind mein Hobby“, gab die vierfache Mutter in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ zu. „Ich spiele eben nicht Golf oder gehe segeln.“

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