Elternzeit Die Babypause wird zur Karrierefalle

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Vom Meeting in den Kreissaal

Über derlei Optionen hat Iris Zemzoum gar nicht erst nachgedacht. Für sie stand mit dem Beginn ihrer Schwangerschaft an fest: Ich mache weiter wie zuvor. Auch mit Kind.

Zemzoum leitet den Arzneimittelhersteller Janssen, ein Tochterunternehmen des Pharma- und Konsumgüterherstellers Johnson & Johnson. Bis zu ihrer eigenen Schwangerschaft kannte sie das Thema Babypause vor allem aus der Chefperspektive. Rund 60 Prozent ihrer 800 Mitarbeiter in Deutschland sind weiblich. Es gibt einen eigenen Betriebskindergarten, den die Kinder schon ab dem sechsten Monat besuchen können, und eine flexible Notfallbetreuung für Kinder bis zu zwölf Jahren.

Auch Zemzoums Sohn wird bald das Spatzennest, so der Name der Kinderkrippe, besuchen. Zemzoum musste sich frühzeitig um eine Betreuung für ihr Kind kümmern, denn ihre Babypause sollte gerade einmal wenige Wochen dauern. Noch vier Tage vor der Geburt saß sie in einem Strategie-Meeting mit dem europäischen Vorstand. Freitags verabschiedete sie sich ins Wochenende und kam am Montag nicht mehr ins Büro zurück.

Vollzeit dank Kinderfrau

Die ersten zwei Wochen schaute sie nur manchmal in ihre Mails, führte einige wenige Telefonate. Nach einem Monat fing sie wieder an, ein oder zwei Tage die Woche zu arbeiten, signalisierte ihren Mitarbeitern, in dieser Zeit gut erreichbar zu sein. „Ich wollte immer mal wieder was mitbekommen, damit mir der Einstieg leichter fällt“, sagt die 41-Jährige.

Nach zweieinhalb Monaten nahm sie an einem Meeting in Brüssel teil, war das erste Mal über Nacht von ihrem Sohn getrennt. Vier Monate nach der Geburt arbeitet sie wieder Vollzeit. „Meinen Job kann man nicht mit 30 Stunden machen“, sagt sie. „Ich habe mit einem langen Medizinstudium und dem anschließenden MBA viel investiert. Für den beruflichen Erfolg auf eine Familie zu verzichten stand für mich jedoch nie zur Debatte – ich habe mir immer beides gewünscht.“

Aber nur zu schaffen, weil ihr Mann sich genauso wie sie für die Kindesbetreuung zuständig fühlt. Und sie sich eine Kinderfrau leisten können. Trotzdem kommt vieles zu kurz. So steht auch fünf Monate nach der Geburt des Sohnes noch kein Familienfoto auf ihrem Schreibtisch. Obwohl sie sich immer wieder vornimmt, einen schönen Rahmen zu kaufen – doch dazu ist sie einfach noch nicht gekommen.

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