Fachkräftemangel Bei den Männerberufen sieht es schlecht aus

Viele Branchen finden keine geeigneten Mitarbeiter. Insgesamt 96 Berufsgruppen sind betroffen. Besonders Fachkräfte aus Männerberufen sind rar: Mechatroniker, Zerspanungsmechaniker oder Sanitärtechniker.

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Die deutsche Wirtschaft braucht Männer. Zumindest, wenn man einer Fachkräftestudie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW/Köln) glaubt. Demnach sind deutschlandweit schon jetzt 96 Berufsgruppen vom Fachkräftemangel betroffen.

Davon wiederum waren 41 von sehr starken Engpässen betroffen - es kommen also weniger als 100 Arbeitslose auf je 100 gemeldete offene Stellen. Vom Hörgeräteakustiker über den Luft- und Raumfahrttechniker über die Krankenschwester bis zum Systemgastronomen fehlt es quer durch alle Branchen (Die komplette Liste aller Engpass-Berufe finden Sie hier)

Gesucht werden sowohl Fachkräfte mit einer dualen Ausbildung, als auch mit Hochschulabschluss. Und das überwiegend in klassischen Männerberufen. So zeigt die IW-Auswertung, dass von den betroffenen Berufen 64 männertypische Jobs sind, etwa im Maschinenbau, in der Informatik oder in der Elektrotechnik, es fehlt außerdem an Mechatronikern und Zerspanungsmechanikern. Aber auch bei klassischen Handwerksberufen wie etwa bei der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik herrscht Bedarf. Insgesamt sind 3,23 Millionen von den 5,05 Millionen Menschen, die in Berufen mit anhaltenden Mitarbeiterengpässen arbeiten, männlich.

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Bei Frauenberufen hapert es im Gesundheitswesen

Nur 17 der sogenannten Engpassberufe sind frauentypisch, also dadurch gekennzeichnet, dass mehr als 70 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten weiblich sind. In diesen Berufen bestehen die größten Engpässe im Gesundheitswesen. Neun der zehn frauentypischen Berufe mit einem starken Fachkräftemangel gehören zu dem Berufsfeld "Gesundheit, Soziales und Bildung". Am größten ist der Mangel in der Alten- und Krankenpflege: 20 Berufe dieser Branche sind betroffen. Hinzu kommen weitere Gesundheitsberufe der Sprach-, und Physiotherapie, der Augenoptik, der medizinisch-technischen Radiologie sowie in der Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehung.

Die attraktivsten Regionen für Fachkräfte

Alle diese Berufe werden von weit mehr als 70 Prozent von Frauen ausgeübt:

- Angestellte aus dem Gesundheitsbereich sind zu 99,5 Prozent weiblich

- in den Bereichen Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehung sind es 95,9 Prozent

- Sprachtherapeuten sind zu 93,9 Prozent Frauen

- bei den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen sind es 86,7 Prozent

- in der Altenpflege arbeiten 84,7 Prozent Frauen.

Laut dem IW könnte ein größerer Männeranteil in diesen Berufen helfen, den Engpässen beizukommen. Denn von den knapp über fünf Millionen Beschäftigten in Engpassberufen arbeitet rund eine Million in Teilzeit, davon allein 670.000 im Gesundheitssektor. Alleine 286.000 Teilzeitbeschäftigte sind in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie 118.000 in der Altenpflege beschäftigt. "Schon wenn nur ein Teil von ihnen die Arbeitszeit aufstocken wollte und könnte, würde das die Engpässe deutlich reduzieren", erklärt IW-Berufsforscher Sebastian Bußmann.

Deshalb sei es wichtig, dass die Kinderbetreuung an Kindertagesstätten und Schulen weiter ausgebaut wird, um vor allem Müttern die Möglichkeit zu geben, mehr zu arbeiten. Auch könnte mehr Offenheit bei der Berufswahl helfen. "Leider ist die Berufswahl junger Menschen immer noch zu stark von geschlechtertypischen Rollenmustern geprägt", sagt Bußmann. "Mit dem Durchbrechen dieser Muster könnten Fachkräfteengpässe gelindert werden."

Kurioserweise soll ausgerechnet die Teilzeit, die in Frauenberufen für Engpässe sorgte, die Männerberufe für Frauen attraktiver machen: Die überwiegend männlichen Beschäftigten arbeiten fast ausschließlich in Vollzeit. Unternehmen sollten hier verstärkt weibliche Fach- und Nachwuchskräfte anwerben, um offene Stellen zu besetzen, rät der IW-Experte. Teilzeitstellen könnten Anreize für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen schaffen, die sich neben der Arbeit auch ihrer Familie widmen wollen. "Mit Telearbeit, Arbeitszeitkonten und Vertrauensarbeit können die Unternehmen deshalb ihre Attraktivität für beide Geschlechter erhöhen", sagt Bußmann. Nur: Wenn künftig Handwerkerinnen, Informatikerinnen & Co. Teilzeit arbeiten, dafür Krankenpfleger und Logopäden Vollzeit, verlagert sich das Problem nur - gelöst wird es dadurch trotzdem nicht.

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