Fachkräftemangel im Freibad Was macht eigentlich ein Bademeister?

Zum Start in die Freibadsaison suchen die Gemeinden verstärkt Bademeister: Einige Stellen müssen unbesetzt bleiben, weil der Nachwuchs fehlt. Dabei ist Bademeister ein abwechslungsreicher Beruf. Das weiß nur keiner.

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Die Freibadsaison startet - doch es fehlen Chefs am Beckenrand. Quelle: dpa

Er steht am Beckenrand, trinkt Kaffee und schaut den Mädels hinterher - so das landläufige Vorurteil. Doch der Bademeister ist heute mehr als nur der Möchtegern-Baywatch von nebenan. Er ist eine Mischung aus Animateur, Sanitäter, Techniker und Chemiker in einem. Aber Fachangestellter für Bäderbetriebe - so der korrekte Ausbildungstitel - will fast keiner mehr werden. Gerade jetzt, wo die Freibäder öffnen und wieder mehr Personal gebraucht wird, bekommen die Kommunen und die Betriebe - darunter auch Saunen - das zu spüren.

Es fehlen 2500 Bademeister

Bei der Agentur für Arbeit suchen aktuell an die 170 Kommunen Lehrlinge, etwa 400 Städte und Betriebe brauchen ausgebildete Fachkräfte und Schwimmmeister für sofort - rund 50 davon in Bayern. In den rund 6500 Bädern in Deutschland arbeiten nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Schwimmmeister (BDS) etwa 26.000 Fachkräfte, doch immer mehr Stellen bleiben unbesetzt. Bundesweit sind es nach Schätzungen des BDS-Präsidenten Peter Harzheim rund 2500.

„Die Tendenz ist schon so, dass es schwierig wird, in diesem Beruf eine Bewerberauswahl zu treffen“, heißt es etwa von der Stadt Nürnberg. Im vergangenen Jahr konnten dort zwar alle Azubi-Plätze „gerade so“ besetzt werden. Dieses Jahr wurde die Bewerbungsfrist schon verlängert. Dabei will man die Plätze in diesem Jahr eigentlich erhöhen, weil der Personalbedarf an Fachkräften bayernweit steigt. In Nürnberg versucht die Stadt deshalb etwa bei Ausbildungsmessen an Schulen, Lehrlinge zu finden.

Die beiden Auszubildenden zum Fachangestellten für Bäderbetriebe, Michael Pfänder (r) und Dominic Zinnbauer, demonstrieren einen Schleppgriff zur Rettung verunglückter Schwimmer. Quelle: dpa

Zwei der fränkischen Azubis sind Dominic Zinnbauer und Michael Pfänder. „Ich war von Beginn an Wasserratte“, sagt der 20 Jahre alte Michael. Dass es einen Ausbildungsberuf im Schwimmbad gebe, wusste er aber nicht - bis bei einem Berufstest genau das herauskam: Fachangestellter für Bäderbetriebe. „Ist das ein Ausbildungsberuf?“, sei die am häufigsten gestellte Frage von Freunden. „Die meisten denken: Das ist Gaudi und lockere Arbeitszeit“, fügt Michael hinzu. Doch wie sein Azubi-Kollege Dominic hat er schnell gemerkt, dass mehr dahintersteckt.

Sportler, Chemiker, Lebensretter, Wellness-Experte

Vom Babyschwimmen über das Seepferdchen, vom Sauna-Aufguss bis zur Wassergymnastik-Animation, dem Auswerten von Wasserproben sowie der In- und Außerbetriebnahme der Freibäder - alles müssen die Jungs beherrschen. Dazu die teils komplizierte Bedienung der technischen Wasseraufbereitungsanlagen im Untergrund der Bäder. „Von der kleinen Pumpe bis zur riesigen Filteranlage. Das sind teilweise auch dreckige Aufgaben, die man als Badegast gar nicht so mitbekommt“, sagt Michael. Dazu kommen die Schichtarbeit sowie das Arbeiten am Wochenende und an Feiertagen.

Besonderen Spaß in ihrem Job haben die beiden, wenn sie sich sportlich betätigen können. Sind keine Gäste im Bad, müssen sie während der Ausbildung für die sportlichen Anforderungen und den Rettungsschwimmer üben. „Es verlangt aber keiner, dass man schon der perfekte Schwimmer ist, wenn man die dreijährige Ausbildung anfängt“, betont Dominic. Neben Spaß am Sport könne auch etwas mathematisches Verständnis nicht schaden: In der Berufsschule müssen neben medizinischer Fachkunde und Bäderbetriebslehre im Schulfach Bädertechnik auch Wassermengen und Umwälzzeiten berechnet werden.

"Volk der Nichtschwimmer"

BDS-Präsident Harzheim ist selbst seit 40 Jahren passionierter Bademeister - und hat die ganze Entwicklung des Berufes erlebt. Ja, früher, als es nur simple Bäder gab, sei der Bademeister tatsächlich mehr oder weniger „nur“ Aufpasser gewesen, sagt der 60-Jährige. Durch die technische Entwicklung, immer strengere Hygienevorschriften und anspruchsvollere Gäste sei er heute aber ein Allround-Manager - und Psychologe. Der Respekt der Badegäste ihm und seinen Kollegen gegenüber habe im Verlauf der Jahre abgenommen, sagt Harzheim, der selbst in einem Erlebnisbad im Sauerland Schichten schiebt.

Ein Grund für die fehlenden Bewerber: Die Bezahlung habe sich dem gestiegenen Aufgabenpensum nicht genügend angepasst, kritisiert er. Als Einsteiger verdient man rund 2000 Euro brutto pro Monat, als Meister bis zu 3200 Euro. Doch Hallen- und Freizeitbäder sind meist ein Zuschussbetrieb für die Kommunen, stets muss gespart werden. Dabei seien Bäder wichtig, meint Harzheim. „Wir driften im Moment dahin ab, ein Volk von Nichtschwimmern zu werden“, warnt er. Im Jahr 2015 gab es bundesweit laut DLRG 488 Badetote - ein Viertel mehr als noch 2014. Auch viele Flüchtlinge könnten nur schlecht schwimmen, betont Harzheim: „Wir haben eine verantwortungsvolle Aufgabe.“

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