Kinder haben eine besondere Art zu denken. Oft lachen wir über deren vermeintlich groteske Denkansätze und Ideen, doch nie ohne einen Tropfen Wehmut. Wo ist diese Gabe hin, einfache Probleme kreativ zu lösen? Warum haben Kinder Ideen, die Erwachsene nicht mehr haben?
Das fragte sich auch Alison Gopnik, Psychologin an der Berkeley-Universität in Kalifornien. Zusammen mit einem Team von Wissenschaftlern erforschte sie daher in verschiedenen Studien, wie sich die Art, Probleme zu lösen, im Laufe des Lebens verändert.
Um es vorwegzunehmen: Tatsächlich lösen Kinder Probleme kreativer, außerdem nehmen sie neue Informationen besser auf.
Was die Kreativität fördert
Der Psychologe Travis Proulx von der Universität von Kalifornien ließ Probanden sinnfreie Passagen aus Kafkas "Landarzt" lesen. In anschließenden Tests fanden sie mehr Lösungswege und schnitten besser ab als diejenigen, die eine redigierte Version gelesen hatten.
Frank Fischer von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität analysierte die Gruppenarbeiten von 300 Studenten. Vorher hatte er den Raum mit höhenverstellbaren Tischen ausgestattet. Siehe da: Teilnehmer, die zwischen Sitzen und Stehen wechselten, kamen häufiger zu richtigen Ergebnissen als nur im Sitzen - und hatten 24 Prozent mehr Ideen.
Im Schlaf findet kombinatorisches Denken statt, wie Denise Cai von der Universität von Kalifornien in San Diego 2009 bestätigen konnte. Sie ließ 77 Teilnehmer verschiedene verbale Aufgaben lösen, einige Probanden konnten zuvor ein Nickerchen halten - die lösten die Aufgaben am besten.
Der Sozialpsychologe Jens Förster von der Jacobs-Universität Bremen fand in einer Studie heraus, dass die Teilnehmer eine kniffelige Aufgabe eher lösten, wenn sie zuvor an ihren Partner gedacht hatten. Der Gedanke an Liebe lässt in die Zukunft blicken - was dabei hilft, Dinge miteinander in Beziehung zu stellen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben.
In blauer Umgebung steigt der Einfallsreichtum. Ravi Mehta und Rui Zhu von der Universität von British Columbia in Vancouver ließen Freiwillige im Jahr 2009 verschiedene Aufgaben lösen - roter Hintergrund verbesserte zwar die Leistung bei der Detailaufgabe, blau jedoch die Kreativität.
Das hat nach Aussage von Gopnik vor allem einen Grund: Je älter Menschen werden, desto mehr wissen sie. Doch genau dieses Wissen hindert Erwachsene offenbar daran, Probleme kreativ zu lösen.
Das zeigte sich auch in Gopniks Experimenten mit etwa 800 Freiwilligen. Die einen waren erst vier Jahre alt, die anderen Studenten Mitte 20. Im ersten Experiment bekamen alle dieselbe Aufgabe: Auf einem Tisch stand ein Würfel, der aufleuchten konnte, und Klötze in verschiedenen Formen. Mal ein Kreis, mal Stern, mal ein Kegel. Der Würfel leuchtete allerdings nur dann, wenn bestimmte Formen auf ihm lagen.
Dieses Muster sollten die Probanden nun selbst erkennen. Und dabei entdeckte Gopnik: Mit zunehmendem Alter waren die Probanden eher geneigt, die offensichtliche Lösung zu wählen. Sie glaubten, dass nur eine bestimmte Form für das Leuchten verantwortlich sei und die anderen bedeutungslos. Kinder entschieden sich hingegen häufiger für den ungewöhnlicheren Gedankengang und gingen davon aus, dass der Würfel nur durch eine bestimmte Kombination von Formen zum Leuchten gebracht werden konnte.
Gehirn-Training: Fünf Übungen
Schreiben Sie jeden Morgen drei Dinge auf, für die Sie dankbar sind.
Verbringen Sie zwei Minuten Zeit damit, ein sinnvolles Erlebnis, Situation oder Ereignis aus den letzten 24 Stunden zu beschreiben.
Bereits 15 Minuten Cardio-Training aktivieren das Glücksgefühl.
Investieren Sie zwei Minuten in Meditation.
Nehmen Sie sich zwei Minuten Zeit, um eine E-Mail zu schreiben und sich bei einer Person aus Ihrem sozialen Umfeld zu bedanken.
Im zweiten Schritt gab Gopnik allen Probanden dezente Hinweise, die auf eine Erklärung hindeuteten. Und siehe da: Kinder änderten ihre Entscheidung, je nachdem auf welche Fährte sie zuvor gesetzt wurden. Erwachsene hingegen hielten an ihrer ursprünglichen Einschätzung fest.
In einem weiteren Versuch stellte Gopnik den Testpersonen zwei Kinder vor, die die Wahl zwischen zwei potenziell gefährlichen Spielzeugen hatten, einem Skateboard und einem Roller. Die Probanden sollten nun erklären, warum sich die Mädchen für das eine oder gegen das andere Spielzeug entscheiden könnten.
Kinder zogen überwiegend die Merkmale der Spielzeuge in Betracht, sie konzentrierten sich also auf offensichtliche Fakten. Erwachsene hingegen sahen die Begründung eher in der Persönlichkeit der Mädchen: Vielleicht war ja eines mutiger als das andere.
Gopnik glaubt: Wer wieder lernen möchte wie ein Kind, müsste sich eine kindgerechte Umgebung schaffen: stressfrei und ohne Vorwissen. Nur wer sich von alten Informationen löst, kann annähernd kreativ sein wie ein Kind.