Forschungsinstitute Die neuen Top-Ökonominnen kommen

An Universitäten und Forschungsinstituten wächst eine neue Generation von Top-Ökonominnen heran. Sie machen in der ehemaligen Männerdomäne immer mehr Boden gut.

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Die IT-Girls der Wirtschaft
Marissa Mayer: Sie ist das wohl bekannteste IT-Girl der vergangenen Wochen. Ihr Wechsel von Google zu Yahoo sorgte in den Medien für Wirbel. Mitte Juli wurde bekannt, dass die 37-Jährige als neue Vorstandschefin das angeschlagene Internetportal wieder auf Kurs bringen soll. Doch auch in Deutschland gibt es Frauen mit Sinn für Technik… Quelle: REUTERS
Padma WarriorPadmasree Warrior ist die Technik-Chefin bei Cisco Systems. Zuvor arbeitete sie in gleicher Position bei Motorola. Studiert hat sie am Indian Institute of Technology in Delhi, ihren Master absolvierte sie an der Cornell University in Ithaka, New York. 1984 kam Warrior als eine der ersten Frauen im Unternehmen zu Motorola. 23 Jahre sollte sie innerhalb des Unternehmens die Karriereleiter nach oben klettern, ehe Cisco die gebürtige Inderin abwarb. Quelle: Jeff Singer für WirtschaftsWoche
Tami Reller (links) und Julie Larson-Green Beide übernehmen von ihrem Vorgänger Steven Sinofsky die Leitung der Windows-Sparte im Hause Microsoft. Die Mathematikerin Tami Reller ist seit 2001 an Board des Unternehmens und wird sich künftig um das Geschäft des Software-Flaggschiffes kümmern. Zuvor stand die Microsoft-Finanzchefin der Marketing-Abteilung vor. Larson-Green arbeitet länger beim Konzern aus Redmond; seit 1993 ist sie mit dabei. Bisher war sie vor allem für die graphischen Oberflächen der Windows- und Office-Softwareprodukte zuständig. Unter ihrer Ägide wurde das Design von Microsoft Office 2007 und Windows 7 und 8 runderneuert. In der neuen Position wird Larson Green nun die technischen Aspekte des Windows-Betriebssystems verantworten. Quelle: dpa
Hauke Stars: Ab Dezember 2012 ist die 45-Jährige bei der Deutschen Börse für Informationstechnologie zuständig. Damit steigt eine weitere Frau in einen der Dax-30-Vorstände auf. Stars verantwortete zuvor für das Geschäft des Computerherstellers Hewlett-Packard in der Schweiz. Quelle: HP
Regine Stachelhaus: Die Juristin ist seit Juni 2010 IT-Vorstand bei Eon. Auch sie sammelte erste Erfahrungen in diesem Bereich beim Computerhersteller Hewlett Packard. Dort arbeitet sie 24 Jahre und arbeitet sich bis zur Geschäftsführerin im Unternehmensbereich Drucker und Bildbearbeitung hoch. Quelle: Eon
Bettina Anders: Die studierte Mathematikerin kümmert sich bei der Ergo Versicherungsgruppe um die Fragen der Informationstechnologie. Seit Oktober 2007 ist sie Vorstandsmitglied. Zuvor war sie Vorsitzende der Geschäftsführung des IT-Dienstleisters der Versicherung. Quelle: ERGO Versicherungsgruppe AG
Martina Koederitz: Die gebürtige Schwäbin leitet seit Mai 2011 das Deutschlandgeschäft des IT-Konzerns IBM. Die Betriebswirtin hat zuvor verschiedene Stationen im Unternehmen durchlaufen. Unter anderem leitete sie die Vertriebsorganisation des Unternehmens. Quelle: IBM

Es klingt nach der großen Ausnahme: Mit Claudia Buch, VWL-Professorin aus Tübingen und Mitglied im Sachverständigenrat, könnte bald zum ersten Mal eine Frau an die Spitze eines großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts rücken. Dabei wäre Buchs Wechsel zum Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), wo sie derzeit als Wunschkandidatin gilt, nur die Fortsetzung eines Trends: Die Volkswirtschaftslehre wird zunehmend weiblicher.

In den USA sind immer mehr Professoren weiblich

Da gibt es zum Beispiel Monika Piazzesi. Die 43-Jährige wurde schon vor zehn Jahren Assistenzprofessorin an der University of California und erhielt mit 37 Jahren eine Professur auf Lebenszeit in Chicago, bevor die amerikanische Eliteuniversität Stanford sie vor vier Jahren abwarb. In den USA sind schon fast 30 Prozent aller Assistenzprofessoren weiblich. Bei den Professoren sind es zwar erst 13 Prozent, doch 2000 waren es erst sieben Prozent. Auch in Deutschland ist der Trend eindeutig: Waren 1993 nur 15 Prozent der Volkswirte, die eine Promotion abschlossen, weiblich, sind es heute über 30 Prozent. Auch bei den Habilitationen setzen sich immer mehr Frauen durch: 1981 waren fünf Prozent aller Habilitanden weiblich, nun sind es durchschnittlich 20 Prozent.

von Cornelia Schmergal, Claudia Tödtmann, Andreas Wildhagen

Und diese Ökonominnen sind keine Quotenfrauen. Sie zählen vielfach zur Elite ihrer Profession. Arbeiten von Piazzesi, der Frankfurter Volkswirtin Nicola Fuchs-Schündeln oder von Michèle Tertilt aus Mannheim erscheinen regelmäßig in den renommierten Fachzeitschriften der Welt. Eine der meistzitierten Studien zur Interbanken-Krise etwa stammt von Cornelia Holthausen, Volkswirtin bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Piazzesi ist Mitherausgeberin des "Journal of Political Economy" und leitet beim US-Thinktank "National Bureau of Economic Research" (NBER) die Abteilung Vermögenspreise.

Polygamie in Afrika und die deutsche Wiedervereinigung

Typische Frauenthemen gibt es in der Ökonomie indes nicht: Holthausen kümmert sich um Interbankenmarkt, Zahlungsverkehr und Bankenaufsicht, Fuchs-Schündeln hat die Sparneigung in Ost- und Westdeutschland vor und nach der Wiedervereinigung analysiert. Tertilt beschäftigte sich mit der Entwicklung von Frauenrechten im 19. Jahrhundert und erforschte die Polygamie in Afrika. Sie fand heraus, dass in Subsahara-Staaten, in denen viel Geld in Hochzeiten fließt, Investitionen in produktive Technologien verdrängt und das Wirtschaftswachstum gehemmt werden. Piazzesi hat beispielsweise gezeigt, dass während des US-Immobilienbooms in den Jahren 2000 bis 2006 erstaunlicherweise vor allem die Preise von Häusern stiegen, die einkommensschwache Haushalte gekauft hatten.

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