Forschungsinstitute Die neuen Top-Ökonominnen kommen

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Frauen auf dem Vormarsch

Die mächtigsten Frauen Deutschlands
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Auch an privaten Forschungsinstituten sind Frauen auf dem Vormarsch. Christina Wilke etwa, Leiterin der Niederlassung des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) in Bremen, setzte nach dem BWL-Diplom in Mannheim ein zweites in VWL von der Fernuni Hagen drauf. Bereits während des Zweitstudiums begann sie als Doktorandin am Mannheimer Forschungsinstitut Ökonomie und demografischer Wandel (MEA) und beschäftigte sich mit der deutschen Rentenreform. 2008 schloss sie die Promotion ab. In den Jahren danach arbeitet sie sich beim MEA hoch: vom Senior Economist zur stellvertretenden Forschungsbereichsleiterin und schließlich zur Geschäftsführerin für das gesamte Institut. Seit Sommer dieses Jahres ist Wilke Leiterin der HWWI-Niederlassung in Bremen.

Bei Volkswirten keine Diskriminierung

Ist die angebliche gläserne Decke für Frauen vielleicht also ein Mythos? "Wenn eine Frau gut ist, hat sie die gleichen Chancen auf einen Job wie ein Mann", sagt Piazzesi. Auch Wilke hat diese Erfahrung gemacht: "Wenn ich etwas wirklich schaffen wollte, hat das bisher immer geklappt. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich etwas nicht erreichen könnte, nur weil ich eine Frau bin." Beide Frauen können keine Unterschiede bei den Karriereaussichten zwischen Männern und Frauen in der VWL feststellen. Das unterstreicht auch eine Studie, die auf einer Befragung von 546 Postdocs in Deutschland beruht: Bei Volkswirten gab es für die Karriereaussichten keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede.

"Ich glaube nicht, dass Frau sein schadet", sagt auch Cornelia Holthausen. Doch für ihren Geschmack gibt es gerade auf oberster Führungsebene noch zu wenig Frauen. Das zeigt auch der sogenannte Glas-Decken-Index, der die Aufstiegschancen von deutschen Wissenschaftlerinnen in Spitzenpositionen misst. Zwar stieg der Index seit 2010 an Hochschulen um 65 Prozent und legte an außeruniversitären Forschungseinrichtungen um etwa 80 Prozent, zu, doch ist er mit 0,33 und 0,15 immer noch weit von der 1,0 entfernt. Erst 1,0 würde Chancengleichheit bedeuten. "In Deutschland hat es lange Zeit an Vorbildern gefehlt", kritisiert Michèle Tertilt von der Uni Mannheim. "Ich habe mich deshalb an Forscherinnen in den USA orientiert, zum Beispiel an Susan Athey." Die US-Ökonomin, 1970 in Boston geboren, ist schon seit 2006 Ökonomie-Professorin in an der Elite-Uni Harvard.

Auch ohne Professur stehen alles Türen offen

Wenn Frauen, obschon sie das Zeug dazu hätten, darauf verzichten, sich zu habilitieren oder über eine Juniorprofessur eine volle Professur zu erlangen, geschieht das heute allerdings vielfach aus freien Stücken. So ist es auch bei Irene Bertschek vom ZEW. Ihr war die Familie wichtiger. Bereut hat sie es nie. Denen aber, die die Karriere noch weiter nach oben klettern wollen, stehen alle Türen offen.

Und wie reagieren die Männer der Zunft? Jahrzehntelang klagten Frauen darüber, sich in beruflichen Sitzungen und Besprechungen unwohl zu fühlen, weil sie deutlich in der Minderheit waren. Nun fürchtet ein renommierter deutscher Makroökonom, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, es könnte in der VWL bald zugehen wie bei einem Kaffeekränzchen: "Ich glaube, bald werden wir Männer uns unwohl fühlen."

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