Gefälschte Lebensläufe Was darf es heute sein: Anwalt, Pilot oder Arzt?

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"Vom Briefträger zum Leiter einer Psychiatrischen Klinik"

Um die Gesundheit anderer ging es auch im Fall des ehemaligen Schiffarztes und Berliner Anästhesisten, der momentan in Berlin vor Gericht steht. Bis November 2015 hatte er über ein Jahr lang als vermeintlicher Schiffsarzt gearbeitet, vor allem auf der "Aida Vita" in der Karibik. Es habe nie Beschwerden gegeben, immer nur Lob, berichtete sein Anwalt laut „Tagesspiegel“ vor Gericht. Tatsächlich gebe es für dauerhafte Schäden bei Patienten bislang keine Anhaltspunkte. Immerhin war der Hochstapler an einer Berliner Klinik als Pfleger ausgebildet worden.

Der Fall erinnert an den aus Bremen stammenden Briefträger Gert Postel, der einige Bekanntheit erlangt hat. Er konnte von seiner Arbeit als falscher Arzt lange nicht ablassen, arbeitete sogar fast zwei Jahre als Oberarzt in einer Psychiatrischen Klinik. Abschlüsse und Titel waren gefälscht. Den Dr. med. Dr. phil. Clemens Bartholdy, der für die Gesundheitsbehörde der Stadt Flensburg arbeitete, gab es in Wahrheit nur auf dem Papier. Die erbrachte Arbeit, war dennoch real.

Der Beruf der Eltern interessiert den Arbeitgeber nicht
Eine stilisierte Familie mit Vater, Mutter und einem Kind Quelle: dpa
Alter des Bewerbers Quelle: Fotolia
Ein Priester hält einen Rosenkranz Quelle: dpa
Bewerbungsfoto Quelle: Fotolia
Kindergarten, Schulzeit Quelle: dpa
Tabelle in Microsoft Excel Quelle: AP
Referenzen zwei Kollegen schütteln Hände Quelle: dpa

Wer selbstsicher genug auftritt, schafft es häufig genug in anderen Berufen Fuß zu fassen - selbst wenn es sich um einen Hochstapler handelt. Wie im Fall des gelernten Maschinenschlossers Alwin S., dem es vor wenigen Jahren tatsächlich gelang, sich als falscher Professor staatliche Fördergelder in Höhe von 350.000 Euro zu erschleichen.

Oder einem kaufmännischen Angestellten, der sich 1974 anderthalb Jahre erfolgreich als „Rechtsanwalt Dr. Buckert“ ausgab, ohne nur ein Semester Jura studiert zu haben - ein bis dahin einmaliger Fall in der deutschen Rechtsgeschichte.

Sich selbst aus der Spirale ihrer Lügen zu befreien, gelingt den Betroffenen so gut wie nie. „Sie denken, dass sie ohne diese Merkmale, Jurist, Arzt, Professor, nichts wert sind“, sagt Freyberger. Diese Mischung aus antisozialer und narzisstischer Persönlichkeitsstörung sei für Hochstapler typisch.

Die dissoziale Komponente führe dann in stark ausgeprägten Fällen wie denen von Christian E., dem vermeintlichen Arzt mit zwei Doktortiteln, dazu, dass man nicht nur das eigene, sondern auch das Wohl anderer gefährdet.

Als E. seiner Familie sagt, dass er sein Abitur nachholen und Medizin studieren will, bekam er Gegenwind. Er würde es ohnehin nicht schaffen, er solle lieber seinen sicheren Job behalten, er müsse seine Eigentumswohnung abbezahlen, erzählt er in einem Interview. Also wollte er es allen zeigen. Und E. ist immer noch überzeugt, ein guter Arzt gewesen zu sein. Dass er bei seinen Einsätzen als Begleitarzt für Krankentransporte, die er seit März 2007 für die Malteser absolvierte, Menschenleben gefährdete, weil er bei möglichen Komplikationen auf sich allein gestellt gewesen wäre, ignoriert er.

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