Gehaltsdebatte Trotz Krise klingelt die Kasse

Die wirtschaftliche Lage Europas scheint bei der Gehaltsbemessung deutscher Führungskräfte keine Rolle zu spielen. Manager verdienen stetig mehr, unabhängig von so manchen Horrorszenarien der Ökonomen.

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Welche Branchen überdurchschnittlich zahlen
Biotechnologie Quelle: dpa
Steuerberatungen und Wirtschaftsprüfer Quelle: dapd
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Telekommunikation Quelle: dapd
Halbleiterbranche Quelle: dpa

Ökonomen bangen um den Euro, Hedgefonds machen einen Bogen um Europa und dessen Staatsanleihen, selbst stabile Volkswirtschaften verlieren ihre guten Bonitätsnoten. All das sollte für Unternehmen ein Grund sein, vorsichtig zu haushalten, gezielt zu investieren und nicht ihre Überschüsse in Managerboni umzuwandeln. Doch deutsche Führungskräfte verdienen stetig mehr. Manager mit einem kaufmännischen Hintergrund bekamen im vergangenen Jahr durchschnittlich 3,5 Prozent mehr Geld, Spezialisten noch etwas mehr. Und je größer das Unternehmen, desto reicher der Geldsegen. Das zeigt die aktuelle Gehaltsstudie "Führungskräfte und Spezialisten in kaufmännischen Funktionen 2012" der Managementberatung Kienbaum.

Reiche Chemiemanager

Selbst die Vergütungsexperten von Kienbaum waren überrascht, dass trotz Krise die Chef-Gehälter so stark steigen. "Wegen der wirtschaftlichen Unsicherheiten im vergangenen Jahr waren die Unternehmen ursprünglich von einem Gehaltszuwachs zwischen 2,5 und 3,4 Prozent ausgegangen", sagt Christian Näser, Verfasser der Studie. "Die Steigerung der Gehälter hat die Erwartungen aus dem Vorjahr erheblich übertroffen."

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Besonders Manager aus der Bankenbranche, der Chemie-, Maschinenbau- und Versicherungsbranche wurden im vergangenen Jahr reich bedacht, zeigt die Kienbaum-Studie. Unternehmens- und Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer zählen ebenfalls zu den Spitzenverdienern unter den Managern. Eine Führungskraft in der Chemiebranche verdient mit 131.000 Euro Jahresgesamtbezügen beispielsweise 72 Prozent mehr als eine Führungskraft in einem Institut oder einer gemeinnützigen Organisation, die im Schnitt 76.000 Euro im Jahr erhält.

Bei den Spezialisten sind die branchenbedingten Gehaltsunterschiede etwas geringer: Ein Spezialist in einem Verlag erhält ein durchschnittliches Jahresgehalt von 56.000 Euro, während ein Mitarbeiter in ähnlicher Funktion in der Pharmaindustrie 85.000 Euro verdient. Somit profitieren zumindest die Gehälter der Maschinenbauer und Chemiker von der aktuellen Wirtschaftslage. Sie könnten sogar noch weiter steigen, wenn der Euro kränkelt. Je schwächer der Euro und je niedriger die Zinsen, desto besser für den Exporthandel - und desto höher die Managerboni.

Je größer das Unternehmen, desto mehr Geld

Aber auch die Kollegen aus den weniger exportorientierten Branchen müssen nicht hinter der Chemie- und Maschinenbaubranche zurückstehen. Manager in kaufmännischen Bereichen verdienen laut Kienbaum durchschnittlich 122.000 Euro pro Jahr. Je höher die Unternehmensumsätze, desto höher die Boni und desto höher das Gehalt. Die von Kienbaum befragten Spitzen-Kaufmänner bringen es auch auf Summen von 151.000 bis 167.000 Euro Jahresverdienst. Der Unterschied auf dem Kontoauszug entsteht aber nicht nur wegen der jeweiligen Funktion des Managers. "Je größer ein Unternehmen, desto höher das Gehalt seiner Führungskräfte", bestätigt Näser. So können sich Manager in Unternehmen mit bis zu 1000 Mitarbeitern im Schnitt nur über 110.000 Euro pro Jahr freuen, während die Kollegen in Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern durchschnittlich 151.000 Euro pro Jahr erhalten.

Fachkräftemangel pusht Gehälter

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Wer beruflich mit Farben, Rastern etc. zu tun hat, der bekommt seine Tätigkeit relativ moderat vergütet. Das Einstiegsgehalt im Bereich Grafik/Design beträgt 31.742 Euro. Quelle: Fotolia
Wer Sprach- und Kulturwissenschaften studiert hat, der verdient beim Einstieg etwas mehr als der Designer, nämlich 32.930 Euro. Quelle: dpa
Sie haben Gesellschafts- und Sozialwissenschaften studiert? Dann liegt Ihr Einstiegsgehalt etwas über dem Gehalt der Kollegen von den Kulturwissenschaften. In der Regel werden Sie im Durchschnitt mit 34.120 Euro vergütet. Quelle: dpa
Wer beruflich den Lehren des großen Psychoanaltikers Sigmund Freud nachgeht, reiht sich in der Gehaltsskala vor den Geisteswissenschaftlern ein. Das Einstiegsgehalt der Psychologen liegt bei 39.000 Euro. Quelle: dpa
Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften (BWL/VWL) liegt das Einstiegsgehalt bei 41.584 Euro. Damit liegen die Ökonomen knapp... Quelle: dpa
Die Welt der Formeln, Zahlen und der Bits and Bytes wird minimal besser bezahlt. Das Einstiegsgehalt der Mathematiker und Informatiker liegt bei 43.926 Euro. Quelle: dpa
... hinter den Ingenieurwissenschaftlern, die ihren Berufseinstieg mit 43.590 Euro vergütet bekommen. Quelle: dpa

Es sind aber nicht nur die kaufmännischen Manager, die sich im vergangenen Jahr über mehr Geld freuen durften. Auch die Gehälter von Mitarbeitern in technischen Funktionen steigen deutlich. Insgesamt haben die Unternehmen in Deutschland die Grundgehälter ihrer technischen Fach- und Führungskräfte im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 3,5 Prozent angehoben. Bei den Führungskräften stiegen die Gehälter im Schnitt um 3,4 Prozent, bei den Fachkräften um 3,7 Prozent.

Hier führt Kienbaum das Argument des Fachkräftemangels ins Feld: Ingenieure sind gefragt. "Die Gehälter der Fach- und Führungskräfte mit technischem Know-how steigen weiter kontinuierlich, denn Mitarbeiter mit einer solchen Qualifikation sind rar auf dem deutschen Arbeitsmarkt", sagt Vergütungsexperte Näser. "Der Mangel an qualifizierten Bewerbern wird in den nächsten Jahren eklatant bleiben, entsprechend positiv werden sich auch die Gehälter der Mitarbeiter entwickeln." Anders als bei Wirtschaftsprüfern und Banken spielt die Größe des Unternehmens keine Rolle beim Gehaltsscheck - zumindest nicht bei den Fachkräften. So verdient ein Senior Spezialist in einem Unternehmen mit 2.000 bis 5.000 Mitarbeitern im Schnitt nur elf Prozent mehr als in einer Firma mit 50 bis 100 Beschäftigen. Die technischen Junior Spezialisten verdienen pro Jahr durchschnittlich 50.000 Euro - unabhängig davon, ob sie beim Mittelständler oder beim Weltkonzern angestellt sind.

Mehr Geld gegen Fachkräftemangel

In der operativen und mittleren Führungsebene ist die Vergütung in einem Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten rund 40 Prozent höher als in einem Unternehmen mit lediglich 50 bis 100 Mitarbeitern. Führungskräfte der ersten Hierarchieebene können ihr Gehalt bei einem Wechsel von einem kleinen zu einem großen Unternehmen sogar verdoppeln. Für Näser von Kienbaum sind die hohen Gehälter für Führungskräfte aus dem technischen Bereich eine Verzweiflungstat der Unternehmen: "Speziell für mittelständische Unternehmen ist die Suche nach geeignetem Personal häufig schwieriger, zum Beispiel wegen ihres ländlichen Standortes. Sie locken Spezialisten deshalb häufig mit finanziellen Anreizen", sagt er.

Wenig verwunderlich sind deshalb auch die Einstiegsgehälter im Bereich Forschung und Entwicklung. Sie sind dort im Branchenvergleich am höchsten: Mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von mehr als 45.600 Euro gehören die Berufseinsteiger in Forschung und Entwicklung zu den am besten bezahlten Nachwuchskräften. Einziges Manko: Auch in technischen Berufen verdienen Frauen im Vergleich zu Männern noch deutlich weniger: Weibliche Führungskräfte erhalten ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 88.000 Euro. Die Männer verdienen hingegen im Schnitt 18 Prozent beziehungsweise 19.000 Euro mehr und kommen auf 107.000 Euro im Jahr. Gleichermaßen ist das Verhältnis der Gehälter bei den Spezialisten, denn auch hier ist das Durchschnittsgehalt der Männer mit 71.000 Euro im Jahr 18 Prozent höher als das der Frauen mit 58.000 Euro. Den größten Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern weist die Position des Leiters Labor auf: Weibliche Laborleiterinnen erhalten mit durchschnittlich 57.000 Euro 37 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen in gleicher Position, die durchschnittlich 90.000 Euro im Jahr verdienen.

ked

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