Die bereinigte Entgeltlücke unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen erheblich. Bei 30 Prozent der Unternehmen beträgt die ermittelte Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern weniger als drei Prozent. Bei rund einem Drittel der Unternehmen verdienen Frauen bei vergleichbarer Tätigkeit über zehn Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Bei immerhin einem Fünftel der Unternehmen ist es umgekehrt: hier verdienen Männer zwischen fünf und zehn Prozent weniger als vergleichbare Frauen.
Die Unternehmensgröße ist laut der Studie ein wichtiger Faktor, der diese Unterschiede erklären könnte. Bei mittelgroßen Unternehmen mit 500 bis 1000 Mitarbeitern fällt die errechnete Entgeltlücke mit knapp über zehn Prozent deutlich höher aus als bei großen Unternehmen mit mehr 1000 Mitarbeitern, bei denen keine signifikanten Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern festgestellt werden.
Bei kleineren Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern ergibt sich eine bereinigte Entgeltlücke von 5,6 Prozent. „Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen finden wir zum Teil noch historisch gewachsene Vergütungssysteme und -strukturen vor. Außerdem fällt es diesen Unternehmen oft noch schwer, geeignete Karrierewege zu schaffen, um Mitarbeiterinnen einen reibungslosen Wiedereintritt beispielsweise nach Mutterschutz und Elternzeit zu ermöglichen“ sagt Julia Zmítko, Leiterin des Datenmanagements bei Kienbaum in Frankfurt.
Entgeltlücke bei Sachbearbeitern und Spezialisten am größten
Auch die Beschäftigungsstruktur in den jeweiligen Unternehmen kann eine Rolle spielen. Je nach Hierarchieebene im Unternehmen sind die Entgeltunterschiede zwischen Männern und Frauen sehr unterschiedlich: Die größte Entgeltlücke in der Kienbaum-Stichprobe besteht bei den Sachbearbeitern und Spezialisten mit rund sieben bis acht Prozent. „Auch dieses Ergebnis kann mit dem durchaus häufigen und üblichen Wiedereinstieg nach Mutterschutz und Elternzeit in diesen Funktionsebenen und Funktionsfamilien zusammenhängen“, sagt Julia Zmítko. „Bei den Leitungspositionen können wir hingegen keine signifikanten Entgeltunterschiede zwischen Männern und Frauen feststellen“, sagt Kienbaum-Beraterin Zmítko.
Dieser Befund von Kienbaum widerspricht interessanterweise den Zahlen des statistischen Bundesamtes, die allerdings nicht um die Vergleichbarkeit bereinigt sind: Nach der jüngsten Verdienststrukturerhebung von 2012 war der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von weiblichen Führungskräften 2010 in Deutschland mit 27,64 Euro um 30 Prozent geringer als der männlicher Chefs.
Den geringsten Unterschied gab es demnach bei einfachen Bürokräften. Der amerikanische Journalist Derek Thompson hatte für die USA ähnliches festgestellt.