Generation Y Karriere machen – aber bitte in Teilzeit

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Gefahr der Zweiklassengesellschaft

Was theoretisch gut klingt, muss sich nun in der Praxis beweisen. Zwar haben sich schon einige Interessenten gemeldet. Wirklich umgestiegen ist aber noch niemand.

Auch wenn Experten solche Angebote grundsätzlich begrüßen, so warnen sie gleichzeitig vor den Gefahren: „Wer über längere Zeit einen alternativen Karriereweg einschlägt“, sagt Lena Hipp vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, „der wird selten befördert.“ Bei den großen Projekten seien jene Angestellten selten dabei. Dadurch könnten sie sich weniger profilieren und allenfalls langsam aufsteigen.

Außerdem bergen solche Programme atmosphärischen Sprengstoff. Eine andere Kanzlei, die über ein ähnliches Programm nachdachte, hatte Angst, es würde nicht funktionieren. „Wir wollten keine Zweiklassengesellschaft mit ein paar schlechter bezahlten Anwälten, die de facto nicht viel weniger gearbeitet hätten“, sagt ein beteiligter Partner.

45 Stunden Teilzeit-Woche

Eine andere Möglichkeit, jungen Anwälten mehr Freiräume zu verschaffen, sind Teilzeitangebote. Bei CMS Hasche Sigle finden sich sogar auf Partnerebene zehn Juristen mit reduzierter Stundenzahl – deutschlandweit ein Spitzenwert.

Doch das Wort Teilzeit trügt. Die Arbeitsrechtsexpertin Martina Hidalgo arbeitet 80 Prozent, für sie heißt das trotzdem bis zu 45 Stunden in der Woche. „In keiner anderen Branche geht das als Teilzeit durch“, sagt die CMS-Anwältin. „Aber ich verschaffe mir so einen Puffer und habe ein reines Gewissen, wenn ich mal früher los muss.“

So wie neulich am Geburtstag ihres Mannes. Das Telefon klingelte, einem Mandanten drohte eine einstweilige Verfügung. „In solchen Momenten muss ich als Partnerin ansprechbar sein“, sagt sie. Gemeinsam mit einem Kollegen telefonierte sie mit dem Klienten, besprach das weitere Vorgehen und konnte sogar zum Geburtstagsabendessen zu Hause sein. „Das funktioniert, weil wir alle größeren, zeitkritischen Mandate im Team betreuen.“

Alles hat seinen Preis

Für die Mutter von vier Kindern kam es nie infrage, die Mandantenbetreuung aufzugeben. Dafür nimmt sie eine 45-Stunden-Teilzeitwoche und ständige Erreichbarkeit gerne in Kauf. „Egal, wie man sich entscheidet, man muss einen Preis zahlen“, sagt Hidalgo, „das gilt auch für die Generation Y.“

Timo Möller zahlte ihn trotzdem gerne. Der Ingenieur, der heute das McKinsey Center for Future Mobility leitet, war bis vor zwei Jahren als klassischer Berater tätig. Ständig behandelte er neue Themen, vier Tage in der Woche war er beim Kunden, seine beiden Kinder sah er kaum. Doch dann kam das Angebot, sich zu spezialisieren und den Thinktank zur Mobilität der Zukunft zu übernehmen. „Das hat mich vor allem inhaltlich gereizt“, sagt Möller, „zum anderen passte es gut in mein Privatleben.“

Denn als Experte ist Möller zwar auch viel unterwegs, bleibt aber nicht tagelang bei einem Kunden. Er organisiert seine Termine selbst und kann so abends nach Hause fahren, um die Kinder ins Bett zu bringen. Zwar hat McKinsey diese Expertenjobs aus inhaltlichen Gründen geschaffen. Dennoch ermöglichen sie Mitarbeitern, gleichzeitig für eine renommierte Beratung tätig zu sein und souverän über ihre Zeit zu entscheiden.

Der klassische Beraterjob lässt das nicht zu. Dort ist es unabdingbar, mehrere Tage die Woche beim Kunden zu arbeiten, dann sind auch Überstunden die Regel. Das bestätigt eine Auswertung der Vergütungsberatung Compensation Partner von mehr als 256.000 Datensätzen. Demnach leisten Unternehmensberater am meisten Mehrarbeit. Um für die Generation Y trotzdem attraktiv zu bleiben, startete McKinsey 2011 das Programm Take Time. Dabei kann jeder Berater nach einem Projekt für bis zu zwei Monate unbezahlten Urlaub nehmen – jedes Jahr.

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