Gleichstellung der Geschlechter Skepsis gegenüber weiblichem Bauchgefühl

Stereotype über die weibliche Intuition sind schuld, warum Frauen der Aufstieg in die Führungsspitze so schwer gemacht wird. Die Ergebnisse einer Studie des Max-Planck-Instituts lassen auf traditionelle Rollenbilder zwischen Mann und Frau schließen.

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Die mächtigsten Frauen im Business
Nancy McKinstry Quelle: Presse
Platz 14: Ho Ching Quelle: REUTERS
Platz 13: Sandra Peterson Quelle: Bayer CropScience AG
Platz 12: Ornella Barra Quelle: Presse
Platz 11: Maria Ramos Quelle: World Economic Forum
Marjorie Scardino Quelle: REUTERS
Annika Falkengren Quelle: REUTERS

Die Emanzipation in Deutschland scheint recht fortschrittlich. Das traditionelle Frauenbild längst überholt. Kind und Karriere kein Mythos mehr. Debatten um eine Frauenquote tragen weiterhin dazu bei, dass der Anteil weiblicher Führungskräfte - insbesondere in Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen - zunimmt. Man könnte daher glauben, dass die Gleichstellung von Geschlechtern einen recht hohen Stellenwert in Deutschland hat. Aber der Schein trügt. Warum ist es für Frauen trotz positiver Entwicklung so schwierig, an die Führungsspitze der Wirtschaft und Wissenschaft zu gelangen? Einen Grund dafür glauben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts nun herausgefunden zu haben.

von Daniel Rettig, Manfred Engeser, Kristin Rau

Gerd Gigerenzer, geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, ist der Auffassung: „Männer stehen der intuitiven Führungskraft von Frauen skeptisch gegenüber.“ Auch an der Börse werde dem weiblichen Bauchgefühl nicht vertraut. In den Köpfen der Männer bestünden immer noch Stereotype, die die weibliche Intuition betreffen. Während Entscheidungen im Berufsleben kritisch beäugt werden, gibt es hingegen keine Zweifel, dass Frauen im privaten Umfeld über eine gute Intuition verfügen. Dies trifft beispielsweise auf die Partnerwahl zu. Zumindest lautet so das Ergebnis einer vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung initiierten Studie über die Stereotypen von Frauen und Männer.

Dabei ging es um die Frage, wer über eine bessere Intuition verfügt. Frauen oder Männer? Die Antworten von insgesamt 1016 Deutschen wurden in die Analyse einbezogen. Die Ergebnisse waren verblüffend: Bei der Partnersuche vertrauen lediglich 14 Prozent der Männer ihrer eigenen Intuition, 60 Prozent schätzen die Frau hier besser ein. Umgekehrt ist es bei Frauen: In der Mehrzahl glauben sie nicht daran, dass Männer aus einem Bauchgefühl heraus sinnvolle private Entscheidungen treffen. Hierbei ist das Alter der befragten Personen unwesentlich.

Klare Unterschiede zeichnen sich auch beim Aktienhandel ab: Hier sind 66 Prozent der Männer davon überzeugt, eine bessere Intuition aufzuweisen. Nur 11 Prozent der Frauen schätzen ihr Bauchgefühl besser ein. Und noch weniger Männer (9 Prozent) denken, dass Frauen intuitiv die richtigen Entscheidungen an der Börse treffen. Aber spiegelt diese Einschätzung die Realität wider?

„Auf gar keinen Fall“, so die Meinung der Wissenschaftler. Männer wüssten zwar in der Regel mehr über das Aktiengeschäft, aber die Intuition sei nicht besser als bei Frauen. Am größten sei die Kluft jedoch zwischen Selbsteinschätzung und Realität in der sozialen Interaktion des Berufslebens. Fast die Hälfte der Männer (47 Prozent) geben an, sich im Umgang mit Geschäftspartnern auf die eigene Intuition zu verlassen. Bei Kolleginnen würden dies allerdings weniger tun. Hier sind es nur 18 Prozent, die Frauen im Geschäftsleben eine bessere Intuition zuschreiben.

„Die Studie weist darauf hin, dass wir von einem aufgeklärten Umgang mit Intuition noch weit entfernt sind“, meint Gigerenzer. So gut wie jeder Manager und Arzt treffe ständig Bauchentscheidungen, aber man habe Angst, dies zu offenbaren. „Intuition wird immer noch mit Willkür, einem sechsten Sinn, oder weiblicher Natur gleichgesetzt“, so der Bildungsforscher.

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