Das zeigt auch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew Research aus dem Jahr 2014. Menschen aus 44 Ländern sollten angeben, welche Faktoren aus ihrer Sicht wichtig seien, um im Leben Erfolg zu haben. Die Antwort war eindeutig: harte Arbeit und eine gute Ausbildung. In Deutschland waren zum Beispiel 61 Prozent der Befragten der Meinung, dass für Erfolg vor allem Bildung wichtig sei. Auf dem zweiten Platz landete mit 49 Prozent die Bereitschaft, hart zu arbeiten. Glückliche Zufälle und gute Rahmenbedingungen, wie etwa in eine reiche Familie hineingeboren zu werden, hielten hingegen weniger als 30 Prozent für die entscheidenden Einflussfaktoren von Erfolg.
Einen besonders schlechten Ruf hat der Zufall im Berufsleben. In einer Studie kamen die Managementforscher Chengwei Liu (Warwick-Universität) und Mark de Rond (Business School der Universität Cambridge) Anfang 2016 zu dem Schluss: Über Glück spricht man unter Managern nur ungern. Das Duo wertete für seine Übersichtsstudie knapp 2000 Studien aus 60 Jahren aus. Nur zwei Prozent davon beschäftigten sich mit dem Einfluss des Glücks auf den Unternehmenserfolg oder die Leistung von Führungskräften. „Manager leiden unter einer Illusion“, sagt Liu, „sie halten die Welt für kontrollierbarer und vorhersehbarer, als sie wirklich ist.“
Klischee-Check: Sind CEOs wirklich...
Nein. Eine Studie der Personalberatung Russell Reynolds Associates unter 900 CEOs weltweit zeigt, dass die Vorstandsvorsitzenden im Vergleich zu Managern einer niedrigeren Hierarchiestufe sogar warmherziger sind und eher das Bedürfnis haben, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Der einsame Krieger, der auf nichts und niemand Rücksicht nimmt, ist also ein Klischee.
Hier stimmt das Klischee: CEOs treten eher aggressiver auf und setzen sich an die Spitze. Sie warten nicht, dass ihnen andere die Führung übertragen.
Auch hier ist die Antwort ja: Wer ein ganzes Unternehmen befehligen will, muss überzeugend sein. Entsprechend ergab auch die Studie, dass CEOs deutlich mehr Spaß daran haben, andere von ihren Plänen zu überzeugen, als es bei Managern in der zweiten oder dritten Reihe der Fall ist.
Hier gibt es keine eindeutige Antwort. Unter den untersuchten CEOs gab es sowohl sehr extrovertierte als auch introvertierte Charaktere.
"I'm CEO, bitch!" Soll Facebook-Gründer Mark Zuckerberg auf seine Visitenkarten gedruckt haben. Laut der Studie sind Vorstandsvorsitzende jedoch keine Angeber, sondern im Vergleich zu anderen Managern sogar eher bescheidener.
Hier sagt die Studie wieder klar: Ja. Der durchschnittliche CEO übertrifft andere Manager deutlich, was seinen Optimismus und sein zukunftsorientierten Denken angeht.
Auch hier ist die Antwort ein klares Ja: CEOs suchen häufiger den Wettbewerb als andere und sind leistungsorientierter als andere Manager.
Ja. CEOs sind eher bereit, etwas zu riskieren, als andere.
Das ist bei Weitem keine Lappalie, sondern hat durchaus negative Folgen. Diese Attitüde führt zu Selbstüberschätzung – und teuren Fehlentscheidungen. Ein Beispiel dafür ist laut den Forschern die Personalsuche für Führungspositionen. Unternehmen geben demnach zu viel Geld aus, weil sie unbedingt einen Kandidaten finden wollen, der das Unternehmen zum Erfolg führt.
In Wahrheit jedoch sind die fachlichen Unterschiede zwischen Kandidaten ab einer bestimmten Hierarchiestufe nur noch minimal, glauben Liu und de Rond. Ob jemand Erfolg hat oder nicht, hänge gerade bei Topjobs vor allem von äußeren Einflüssen ab: Vielleicht macht eine Änderung des Wechselkurses die geplante Übernahme eines ausländischen Zulieferers plötzlich billiger; oder bei einem Konkurrenten kommt es zu einem Skandal, der die Kunden automatisch zum anderen Unternehmen treibt.
Spitzenpositionen einfach verlosen
Die beiden Forscher machen deshalb in ihrer Studie einen radikalen Vorschlag: Spitzenpositionen in Unternehmen sollten einfach in einem Kreis von geeigneten Kandidaten verlost werden. Das sei günstiger, schneller und am Ende genauso erfolgreich wie langwierige Bewerbungsprozesse. Zugegeben: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen den Ansatz von Liu und de Rond bald ausprobiert, ist gering. Aber warum fällt es uns so schwer, die Macht des Zufalls zu akzeptieren? Warum glauben wir so gern an die Illusion, dass alles kontrollierbar ist?
Schuld ist zum einen ein Denk- und Wahrnehmungsmechanismus, den die eingangs bereits erwähnten Psychologen Kahneman und Tversky das erste Mal beschrieben haben: die „availability heuristic“, also der Verfügbarkeitsfilter. „Wir sehen nur das, was wir sehen“, schrieben Kahneman und Tversky.
Ein Beispiel. Fast alle erfolgreichen Unternehmer sind Menschen, die vermeintlich hart arbeiten. Apple-Chef Tim Cook steht um vier Uhr morgens auf, Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk hat in den vergangenen zwölf Jahren zwei Wochen Urlaub gemacht – oder es zumindest versucht, wie er in einem Interview im vergangenen Jahr erzählte.
Heißt im Umkehrschluss also: Wenn alle erfolgreichen Unternehmer hart arbeiten, muss harte Arbeit zum Erfolg führen – könnte man zumindest meinen. Dabei vergisst man jedoch all die anderen Unternehmer, die genauso wenig Urlaub machen wie Elon Musk, aber nicht so weit kommen wie er. „Wir sehen immer nur die Erfolgreichen“, sagt Kathrin Rosing, Professorin für Psychologie unternehmerischen Handelns an der Universität Kassel, „und nicht die, die genauso hart gearbeitet, es aber trotzdem nicht geschafft haben.“