Die Frage, ob Geld glücklich macht, ist in etwa so alt wie der Lohnunterschied. Wer kaum genug verdient, um die Miete zu bezahlen, schielt neidisch auf den Nachbarn, der schon zum dritten Mal im Jahr in den Urlaub fliegt und ein teures Auto fährt. "Der muss ja platzen vor Glück." Da Auto, Gehalt und Urlaub aber vor Trauer, Einsamkeit oder Krankheit nicht schützen, tröstet der Volksmund die Armen seit jeher damit, dass Geld eben nicht glücklich mache. Doch so richtig überzeugen lässt sich der neidische Mensch damit nicht. So konterte einst der verstorbene Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki: "Aber wenn ich traurig bin, weine ich lieber im Taxi als in der U-Bahn."
Zum Thema gibt es zahlreiche Studien und Theorien. Die Psychologen Elizabeth Dunn und Michael Norton beispielsweise sind überzeugt, dass Geld dann glücklich macht, wenn man es beispielsweise für ein Erlebnis, statt für eine Sache ausgibt. Also lieber Konzertkarten statt einer Sound-Anlage kaufen. Ihre Theorien haben sie in ihrem Buch "Happy Money: So verwandeln Sie Geld in Glück" zusammen getragen.
Und der britische Konsumforscher und Ökonom Angus Deaton von der Universität Princeton hat erst vor wenigen Wochen den Wirtschaftsnobelpreis für seine Forschung zum Thema Glück durch Geld bekommen. Seine Erkenntnis: Das subjektive Glücksgefühl der Menschen steigt bis zu einem Jahresverdienst von 75.000 Dollar - also umgerechnet 66.000 Euro jährlich oder 5500 Euro monatlich.
Darüber hinaus sorge mehr Geld nicht für mehr Zufriedenheit. Wer also 120.000 Dollar brutto im Jahr nach Hause bringt, ist genauso glücklich oder unglücklich wie der Kollege mit 75.000 Dollar. Der Grund: Wer mehr als 75.000 Dollar verdient, hat so viel Stress und Druck und so wenig Zeit für die angenehmen Dinge, dass alles Geld es nicht mehr wettmachen kann.
So hoch ist das Gehaltsniveau in Deutschland
Das Vergleichsportal Gehalt.de hat die Gehälter von 448.997 Arbeitsverhältnissen analysiert und dabei nach Bundesland, Hauptstadt, Region, Geschlecht, Firmengröße, Wirtschaftssektor, Führungsverantwortung und Berufseinstiegsgehalt differenziert. Quelle: Gehaltsatlas http://www.gehalt.de/downloads/presse/gehaltsatlas-2015-Gehalt-de.pdf
In München werden die höchsten Löhne gezahlt: Das Lohnniveau in der bayerischen Landeshauptstadt liegt 20,4 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Auch in Stuttgart (+19 Prozent) und Düsseldorf (+14 Prozent) sind die Gehälter überdurchschnittlich. Und das gehaltsstärkste Bundesland ist Baden-Württemberg. „Im Süden und im Westen werden zwar sehr gute Löhne gezahlt, allerdings sind hier die Lebenshaltungskosten entsprechend hoch. Arbeitnehmer, die ihren Job wechseln möchten, sollten diesen Aspekt stets vor Augen haben und gut kalkulieren“, sagt Artur Jagiello von Gehalt.de.
Noch immer herrschen große Unterschieden zwischen Ost und West. Die Gehaltsspanne zwischen dem vergütungsschwächsten Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und Baden Württemberg mit dem höchsten Lohnniveau in Deutschland liegt bei 33 Prozent. Laut Untersuchung von Gehalt.de befinden sich alle neuen Bundesländer auf einem unterdurchschnittlichen Vergütungsniveau.
Im Vergleich der Landeshauptstädte belegen entsprechend Erfurt (-20 Prozent), Magdeburg (-23 Prozent) und Schwerin (-26 Prozent) die letzten Plätze. Die Gehaltslücke zwischen München und Erfurt liegt demnach bei 46 Prozent.
Bei der Betrachtung der regionalen Unterschiede nach ihren Postleitzahlen befinden sich die Gebiete mit den Anfangsziffern 0 und 1 auf den hinteren Rängen. Diese decken zum größten Teil die neuen Bundesländer ab. Dahinter folgen die Regionen mit der Postleitzahl 9 am Anfang. Hierzu gehören auch Teile des gehaltsstarken Bayerns sowie strukturschwächere Gebiete in Thüringen. Die besten Gehälter werden in Regionen mit den Anfangsziffern 8, 6, 7, 4 und 5 gezahlt.
Stadtstaaten wie Hamburg oder Berlin sind zwar beliebt, die Löhne jedoch geringer. In Berlin zahlen Arbeitgeber rund sieben Prozent weniger als im Bundesdurchschnitt. „Durch die Beliebtheit von Großstädten müssen die dort ansässigen Unternehmen nicht ganz so stark mit dem Gehalt locken, wie es im ländlichen Bereich der Fall ist“, erklärt Jagiello.
Die höchsten Gehälter können Akademiker in den südlichen Bundesländern erwarten. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt verdienen Uniabsolventen in Baden-Württemberg mit einem Plus 7,5 Prozent mehr Lohn am besten. Die hinteren Ränge belegen auch bei dieser Vergleichsgruppe die neuen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Nach wie vor verdienen Frauen weniger als Männer. Je nach Bundesland ergeben sich laut Studie unterschiedliche Entgeltlücken – die größte in Baden-Württemberg. Hier bekommen Arbeitnehmerinnen 37 Prozent weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen. Allerdings werden hier die höchsten Löhne gezahlt. Einzig in Hessen (93,3 Prozent) und Hamburg (89,4 Prozent) verdienen Frauen im Schnitt besser als in Baden-Württemberg (87,1 Prozent). Mit rund 17 Prozent ist die Lücke in Mecklenburg-Vorpommern am kleinsten. Hier werden jedoch auch die geringsten Gehälter gezahlt.
Lottogewinn macht nicht glücklich
Genausowenig macht ein einmaliger Geldsegen glücklich, wie die Wirtschaftswissenschaftler Christian Bayer von der Universität Bonn und Falko Jüssen von der Universität Wuppertal nachgewiesen haben. Sie haben sie Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) von 1984 bis 2010 ausgewertet und Angaben zum Einkommen, der Einkommensentwicklung und der Arbeitszeit mit den Angaben zur allgemeinen Zufriedenheit in Relation gesetzt. Die Ergebnisse der Auswertung "Happiness and the Persistence of Income Shocks" sind in aktuellen Ausgabe des "American Economic Journal: Macroeconomics" zu lesen.
Eines ihrer Ergebnisse: Ein ständiger Einkommensanstieg macht zufriedener, als ein einmaliger Gehaltszuwachs. Dass ein plötzlicher Geldregen nicht glücklich macht, hat bereits die Erfahrung mit Lottogewinnern gezeigt, denn Glück haben und glücklich sein sind zwei paar Schuhe, wie Glücksforscher Karlheinz Ruckriegel von der Technischen Hochschule Nürnberg sagt. "Der Lottogewinn ist ein Zufallsglück, der ist ihm halt passiert. Deswegen ist er nicht unbedingt glücklich."
Mehr Geld und weniger Arbeit gleich mehr Glück
Entscheidend für das Glücklichsein seien Faktoren wie Beziehungen, sinnvolle Tätigkeiten in Beruf und Freizeit sowie physische und psychische Gesundheit. Der Lottogewinn könne eine Chance sein, hieran etwas zu ändern - falls man nicht schon materiell abgesichert und zufrieden mit dem eigenen Leben sei, sagt Ruckriegel.
Insofern deckt sich das mit Deatons Forschungsergebnissen. Bayer und Jüssen haben aber nicht nur herausgefunden, dass steter Geldregen besser ist als ein einmaliger Geldsegen, sondern auch, dass Geld die Zufriedenheit auch über ein bestimmtes Gehaltsniveau hinaus steigern kann - wenn der Stress nicht zunimmt. „Die Formel für eine höhere Lebenszufriedenheit lautet demnach: dauerhaft mehr Geld bei gleichbleibender Stundenzahl“, so Bayer. Denn Überstunden wirken sich auf das individuelle Glückniveau aus – allerdings negativ.
Die Typologie der Arbeitnehmer: Wer wie lange arbeitet und wie viel verdient
Im Rahmen der Xing-Arbeitsmarktstudie wurden unterschiedliche Arbeitnehmer-Typen definiert und fünf relevante Segmente gebildet. Eine der Gruppen sind die "Flexiblen", also beispielsweise Teilzeitkräfte oder Projektarbeiter. Zu dieser Gruppe gehören überwiegend jüngere Frauen mit einer durchschnittlichen Ausbildung, einem meist festen Einkommen von unter 2.000 Euro (brutto), in deren Berufsfeld Home Office oft möglich ist. Ihre Arbeitszeit beträgt zwischen 30 und 40 Stunden in der Woche.
Die Wissensarbeiter sind Befragte mit akademischem Abschluss, einem überdurchschnittlichen Verdienst von 3.000 Euro (brutto) und mehr, die in der Kreativwirtschaft, höheren Verwaltung oder Wissenschaft arbeiten. Die Arbeitszeit beträgt selten exakt 40 Stunden in der Woche.
Die "Gehaltsoptimierer" sind überwiegend jüngere Männer mit Berufsausbildung, die selten nach Tarifvertrag beschäftigt sind und in den Bereichen Produktion, Finanzen oder Handel arbeiten. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden oder mehr.
In den sozialen Berufen arbeiten Menschen mit Berufsausbildung und einem oft variablen Gehalt zwischen 2.000 und 3.000 Euro (brutto). Sie arbeiten in den Berufsfeldern Gesundheit, Soziales und Lehre und sind oft in Schichtarbeit tätig.
Blue Collar-Worker sind Arbeitnehmer mit Ausbildung, die oft nach Tarifvertrag beschäftigt sind und auf dem Bau, im KFZ- oder Gastgewerbe arbeiten. Viele von ihnen haben Kinder und arbeiten unter 40 Stunden in der Woche.
"Wer ständig mehr arbeiten muss, wird unglücklicher", sagt Bayer, der am Hausdorff Center for Mathematics und am Institut für Makroökonomik und Ökonometrie der Universität Bonn lehrt und forscht. "Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu vielen anderen Studien, die zu dem Schluss kommen, dass es schon zufriedener macht, überhaupt eine Beschäftigung zu haben als keine." Die Untersuchung deutet daraufhin, dass Arbeitslose also eher darunter leiden, kein Geld zu haben, als darunter, dass der Job an sich fehlt. Das belegen auch die Erkenntnisse von Nobelpreisträger Deaton: ein geringes Einkommen macht Menschen unzufrieden und unglücklich.
Das Erstaunliche: Dauerhafte Gehaltserhöhungen machen zufrieden - und zwar unabhängig von der Höhe. Auch wer nur 100 Euro mehr bekommt, die dafür regelmäßig, ist zufriedener als der, der nur vorübergehend mehr bekommt. Bisherige Forschungen hatten diesen Unterschied unberücksichtigt gelassen und alle Einkommensveränderungen gleich behandelt. Mit dieser Erkenntnis ausgestattet könnte man nun in die nächste Gehaltsverhandlung gehen.