Hirnforschung Ohne Belohnung läuft gar nichts

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Nicht die Intelligenz entscheidet

Die größten Ökonomen
Adam Smith, Karl Marx, John Maynard Keynes und Milton Friedman: Die größten Wirtschafts-Denker der Neuzeit im Überblick.
Gustav Stolper war Gründer und Herausgeber der Zeitschrift "Der deutsche Volkswirt", dem publizistischen Vorläufer der WirtschaftsWoche. Er schrieb gege die große Depression, kurzsichtige Wirtschaftspolitik, den Versailler Vertrag, gegen die Unheil bringende Sparpolitik des Reichskanzlers Brüning und die Inflationspolitik des John Maynard Keynes, vor allem aber gegen die Nationalsozialisten. Quelle: Bundesarchiv, Bild 146-2006-0113 / CC-BY-SA
Der österreichische Ökonom Ludwig von Mises hat in seinen Arbeiten zur Geld- und Konjunkturtheorie bereits in den Zwanzigerjahren gezeigt, wie eine übermäßige Geld- und Kreditexpansion eine mit Fehlinvestitionen verbundene Blase auslöst, deren Platzen in einen Teufelskreislauf führt. Mises wies nach, dass Änderungen des Geldumlaufs nicht nur – wie die Klassiker behaupteten – die Preise, sondern auch die Umlaufgeschwindigkeit sowie das reale Produktionsvolumen beeinflussen. Zudem reagieren die Preise nicht synchron, sondern in unterschiedlichem Tempo und Ausmaß auf Änderungen der Geldmenge. Das verschiebt die Preisrelationen, beeinträchtigt die Signalfunktion der Preise und führt zu Fehlallokationen. Quelle: Mises Institute, Auburn, Alabama, USA
Gary Becker hat die mikroökonomische Theorie revolutioniert, indem er ihre Grenzen niederriss. In seinen Arbeiten schafft er einen unkonventionellen Brückenschlag zwischen Ökonomie, Psychologie und Soziologie und gilt als einer der wichtigsten Vertreter der „Rational-Choice-Theorie“. Entgegen dem aktuellen volkswirtschaftlichen Mainstream, der den Homo oeconomicus für tot erklärt, glaubt Becker unverdrossen an die Rationalität des Menschen. Seine Grundthese gleicht der von Adam Smith, dem Urvater der Nationalökonomie: Jeder Mensch strebt danach, seinen individuellen Nutzen zu maximieren. Dazu wägt er – oft unbewusst – in jeder Lebens- und Entscheidungssituation ab, welche Alternativen es gibt und welche Nutzen und Kosten diese verursachen. Für Becker gilt dies nicht nur bei wirtschaftlichen Fragen wie einem Jobwechsel oder Hauskauf, sondern gerade auch im zwischenmenschlichen Bereich – Heirat, Scheidung, Ausbildung, Kinderzahl – sowie bei sozialen und gesellschaftlichen Phänomenen wie Diskriminierung, Drogensucht oder Kriminalität. Quelle: dpa
Jeder Student der Volkswirtschaft kommt an Robert Mundell nicht vorbei: Der 79-jährige gehört zu den bedeutendsten Makroökonomen des vergangenen Jahrhunderts. Der Kanadier entwickelte zahlreiche Standardmodelle – unter anderem die Theorie der optimalen Währungsräume -, entwarf für die USA das Wirtschaftsmodell der Reaganomics und gilt als Vordenker der europäischen Währungsunion. 1999 bekam für seine Grundlagenforschung zu Wechselkurssystemen den Nobelpreis. Der exzentrische Ökonom lebt heute in einem abgelegenen Schloss in Italien. Quelle: dpa
Der Ökonom, Historiker und Soziologe Werner Sombart (1863-1941) stand in der Tradition der Historischen Schule (Gustav Schmoller, Karl Bücher) und stellte geschichtliche Erfahrungen, kollektive Bewusstheiten und institutionelle Konstellationen, die den Handlungsspielraum des Menschen bedingen in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. In seinen Schriften versuchte er zu erklären, wie das kapitalistische System  entstanden ist. Mit seinen Gedanken eckte er durchaus an: Seine Verehrung und gleichzeitige Verachtung für Marx, seine widersprüchliche Haltung zum Judentum. Eine seiner großen Stärken war seine erzählerische Kraft. Quelle: dpa
Amartya Sen Quelle: dpa

Man kann auch sagen: Prestige zu sammeln und zu präsentieren, dass man sich etwas leisten kann, ist möglicherweise für einen Manager durchaus vernünftig.

Roth: Ja. Aber in der klassischen Rational Choice Theory kommt das schon nicht mehr vor.

Und welche Rolle spielt die Intelligenz? Entscheiden sich intelligente Menschen anders?

Roth: Intelligenz ist nur ein Instrument, das Vorschläge für bestimmte zweckorientierte Entscheidungen macht - entscheiden tun die bewussten oder unbewussten Emotionen. Selbst ein Schwerverbrecher, ein Psychopath kann hochintelligent sein. Seine Intelligenz hilft ihm, seine absurden Ideen am besten durchsetzen. Intelligenz ist ein Werkzeug, kein Wert in sich.

Zurück zum Klimawandel. An Appellen, das Verhalten zu ändern, mangelt es nicht. Was wäre nötig, damit Menschen sich wirklich grundlegend ändern?

Gerhard de Haan ist Professor für Zukunfts- und Bildungsforschung an der Freien Universität Berlin Quelle: Presse

De Haan: Neuerungen sind nicht beliebig möglich. Erst eine für die eigene Identität relevante emotionale Verankerung von Wissen erzeugt Handeln. Traurigkeit macht nicht aktiv, Furcht auch nicht, aber Zorn. Es ist nicht so, dass man mit Appellen gar nichts bewegt. Aber sie müssen in irgendeiner Form in der Gesellschaft Widerhall erzeugen. Wer etwas verändern will, sollte sich an der Community orientieren, in der er sich bewegt. Damit meine ich die unmittelbaren Bekannten und Freunde, die durchschnittlich 142 Facebook-Freunde, die jeder hat, die Straße, in der man lebt. Wenn in meiner Umgebung alle einen SUV fahren, will ich auch einen. Und wenn mehrere Leute sich Solarpanelen aufs Dach legen lassen, dann überleg ich mir das auch.

Roth: Das sieht man auch beim Kinderkriegen. Da sind 38-jährige Freundinnen, die sagen, bloß kein Kind. Eine kriegt dann doch eins, und dann können Sie Gift drauf nehmen, dass die anderen auch wollen. Die eine hat es als Vorbild vorgemacht, und damit sind die Hemmschwellen ganz unten.

De Haan: Der Soziologe Everett Rogers hat solche Phänomene mit seiner Theorie der "Diffusion of Innovations" beschrieben. Die Innovators, die Neuerer selbst sind zweieinhalb Prozent, dann gibt es die Early Adopters, die die Neuerung früh übernehmen, mit 13,5 Prozent. Wenn man es schafft eine Early Majority, eine frühe Mehrheit von 34 Prozent zu gewinnen, gibt es die Chance, die Neuerung in die Breite zu tragen.

Es ist also wichtig, zuerst die richtigen Pioniere zu erkennen.

De Haan: Ja, wir wertschätzen Pioniere nicht genug. Aber Pioniere machen auch oft Angst. Weil sie zeigen, dass wir uns ändern müssen. Aber die Menschen wollen sich eben nicht verändern. Daher sollte die Wertschätzung der Pioniere von staatlicher Seite gestärkt werden. Das wäre eine Chance.

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