Man kann auch sagen: Prestige zu sammeln und zu präsentieren, dass man sich etwas leisten kann, ist möglicherweise für einen Manager durchaus vernünftig.
Roth: Ja. Aber in der klassischen Rational Choice Theory kommt das schon nicht mehr vor.
Und welche Rolle spielt die Intelligenz? Entscheiden sich intelligente Menschen anders?
Roth: Intelligenz ist nur ein Instrument, das Vorschläge für bestimmte zweckorientierte Entscheidungen macht - entscheiden tun die bewussten oder unbewussten Emotionen. Selbst ein Schwerverbrecher, ein Psychopath kann hochintelligent sein. Seine Intelligenz hilft ihm, seine absurden Ideen am besten durchsetzen. Intelligenz ist ein Werkzeug, kein Wert in sich.
Zurück zum Klimawandel. An Appellen, das Verhalten zu ändern, mangelt es nicht. Was wäre nötig, damit Menschen sich wirklich grundlegend ändern?
De Haan: Neuerungen sind nicht beliebig möglich. Erst eine für die eigene Identität relevante emotionale Verankerung von Wissen erzeugt Handeln. Traurigkeit macht nicht aktiv, Furcht auch nicht, aber Zorn. Es ist nicht so, dass man mit Appellen gar nichts bewegt. Aber sie müssen in irgendeiner Form in der Gesellschaft Widerhall erzeugen. Wer etwas verändern will, sollte sich an der Community orientieren, in der er sich bewegt. Damit meine ich die unmittelbaren Bekannten und Freunde, die durchschnittlich 142 Facebook-Freunde, die jeder hat, die Straße, in der man lebt. Wenn in meiner Umgebung alle einen SUV fahren, will ich auch einen. Und wenn mehrere Leute sich Solarpanelen aufs Dach legen lassen, dann überleg ich mir das auch.
Roth: Das sieht man auch beim Kinderkriegen. Da sind 38-jährige Freundinnen, die sagen, bloß kein Kind. Eine kriegt dann doch eins, und dann können Sie Gift drauf nehmen, dass die anderen auch wollen. Die eine hat es als Vorbild vorgemacht, und damit sind die Hemmschwellen ganz unten.
De Haan: Der Soziologe Everett Rogers hat solche Phänomene mit seiner Theorie der "Diffusion of Innovations" beschrieben. Die Innovators, die Neuerer selbst sind zweieinhalb Prozent, dann gibt es die Early Adopters, die die Neuerung früh übernehmen, mit 13,5 Prozent. Wenn man es schafft eine Early Majority, eine frühe Mehrheit von 34 Prozent zu gewinnen, gibt es die Chance, die Neuerung in die Breite zu tragen.
Es ist also wichtig, zuerst die richtigen Pioniere zu erkennen.
De Haan: Ja, wir wertschätzen Pioniere nicht genug. Aber Pioniere machen auch oft Angst. Weil sie zeigen, dass wir uns ändern müssen. Aber die Menschen wollen sich eben nicht verändern. Daher sollte die Wertschätzung der Pioniere von staatlicher Seite gestärkt werden. Das wäre eine Chance.