Jobanfang Die Todsünden in der Probezeit

Ist die Bewerbung erfolgreich, kann der Traumjob beginnen. Doch zu früh gefreut, mahnen Experten. Denn mit der Probezeit beginnt erst die heikelste Phase des Jobs. So vermeiden Sie fiese Fehler in der Probezeit.

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Krankheiten sind kein Kündigungsgrund
Wer zu oft krank ist, fliegt Quelle: dpa
Chronisch Kranke genießen keinen besonderen KündigungsschutzDass ein Krankenschein vor Kündigung schützt, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Tatsächlich ist eine Kündigung jederzeit möglich, allerdings nur unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist und eines etwaigen Kündigungsverbots, wie es für Schwangere und Betriebsratsmitglieder gilt. Sogar eine Kündigung aufgrund einer langwierigen Krankheit ist möglich, sofern der Arbeitgeber damit rechnen kann, dass der Arbeitnehmer in den kommenden Jahren jeweils länger als sechs Wochen ausfällt und dem Unternehmen durch die Lohnfortzahlung somit hohe Kosten aufbürdet. Quelle: Fotolia
Auch Probe arbeiten ist versichertWer in einem Betrieb ein paar Tage zur Probe arbeitet, sollte gut auf sich aufpassen. Bei diesem Schnupperpraktikum greift der Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung nämlich nicht. Damit die Versicherung zahlt, muss jemand ein in den Betrieb integrierter Arbeitnehmer sein. Und das sind Probearbeiter nun einmal nicht. Dafür hat der mögliche zukünftige Chef aber auch keine Weisungsbefugnis und der Probearbeiter muss nicht arbeiten. Beim Probe arbeiten geht es mehr darum, sich den Betrieb einen Tag lang von innen anzuschauen. Quelle: dpa
Mein Bonus gehört mirUnter bestimmten Voraussetzungen kann der Vorgesetzte einen bereits ausgezahlten Bonus auch wieder zurückverlangen. Das ist beispielsweise möglich, wenn ein Mitarbeiter kurz nach der Bonuszahlung kündigt oder ihm verhaltensbedingt gekündigt wird, wie der Arbeitsrechtexperte Ulf Weigelt erklärt. Das gilt für Boni von mehr als 100 Euro. Kleinere Beträge kann der Arbeitnehmer in der Regel behalten. Wenn der Chef den Bonus zurückfordert, lohnt sich jedoch für den Arbeitnehmer einen Blick in die Bonusvereinbarung, die Betriebsvereinbarung oder den Tarif- beziehungsweise Arbeitsvertrag. Gibt es dort keine Rückzahlungsklausel, fehlt dem Vorgesetzten die rechtliche Grundlage und das Geld bleibt beim Arbeitnehmer. Quelle: Fotolia
Kündigungen sind auch ohne drei Abmahnungen im Vorfeld möglichIm Fall einer schweren Pflichtverletzung kann dem Arbeitnehmer auch ohne vorangegangene Abmahnung gekündigt werden, etwa weil er Büromaterial klaut oder die Portokasse leert. Voraussetzung ist ein gravierender Verstoß des Mitarbeiters. Mehr über Abmahnungen erfahren Sie übrigens hier. Quelle: Fotolia
Mündliche Kündigungen sind unwirksamEine Kündigung bedarf immer der Schriftform, der Gesetzgeber kennt da keine Ausnahmen. Auch im Fall einer regulären Kündigung muss der Arbeitgeber seinen Schritt nicht im Kündigungsschreiben begründen. Wer also „Sie sind entlassen!“ von seinem Chef hört, kann abwarten, bis die nachweisbare Zustellung des Kündigungsschreibens erfolgt ist. Außerdem muss eine Kündigung handschriftlich unterschrieben sein. Eine SMS oder E-Mail genügt nicht. Quelle: Fotolia
Mündliche Arbeitsplatzzusagen sind wirksamEine Anstellung erfordert anders als die Kündigung keine Schriftform – auch wenn dies üblich und meist vom Arbeitgeber selbst gewünscht ist. Arbeitsverträge können laut Bürgerlichem Gesetzbuch auch formfrei erfolgen. Allerdings müssen befristete Anstellungsverträge schriftlich erfolgen, sonst ist die Befristung unwirksam. Quelle: Fotolia

Wer seinen neuen Job antritt, will einen guten Eindruck machen. Verständlich, doch wer seine Probezeit nicht sehr bewusst angeht, kann den Traumjob schneller wieder los sein, als ihm lieb ist. Immerhin richtet sich in den ersten Wochen die Aufmerksamkeit von Chef und Kollegen auf den Neuling, und eine Kündigung kann während der Probezeit ohne größere Begründung ausgesprochen werden. Und Statistiken zufolge scheitert in Deutschland jedes fünfte Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten sechs Monate. Wie also lässt sich die Gratwanderung zwischen Eindruck schinden, Fähigkeiten ausspielen, erste Zeichen setzen und Einfügen ins Team schaffen?

„Am Anfang muss man erst mal schauen, nach welchem Takt gespielt wird und welche Regeln gelten“, sagt Karriereberater Martin Wehrle. Unbedingt zu vermeiden gilt es deshalb, sich überall einzumischen und ständig Verbesserungsvorschläge zu machen. So würde „der Neue“ direkt als Feind wahrgenommen. Auch Experten des Karriereportals StepStone raten zu einem bescheiden wirkenden Auftakt: Auch wenn man es besser weiß, nicht alles selbst und allein machen, sondern die Kollegen um Rat fragen. Auch auf rasche Kritik nicht ungehalten oder gereizt reagieren, sondern Schlüsse für die Befindlichkeiten der Kollegen ziehen.

Auch wer einen ausgeprägten Drang verspürt, neue Ideen schnell und ohne Rücksicht auf Verluste allein durchzusetzen, riskiert den neuen Job. Karriereberater wie Martin Wehrle beobachten einen verstärkten Trend der Unternehmen, sich unliebsamer Mitarbeiter im Rahmen der Probezeit zu entledigen, weil der Neue es nicht schafft, sich in ein bestehendes Team einzugliedern und bescheiden aufzutreten. Man kann sich laut Wehrle ein Beispiel an jungen Azubis nehmen: Wenn sie ihre Ausbildung beginnen, wäre ihnen bewusst, dass sie erst mal das kleinste Glied in der Kette sind. Diese anfängliche Zurückhaltung würde Hochschulabsolventen oft fehlen.

Vor allem ist es wichtig, sich rasch ein eigenes Netzwerk in der neuen Arbeitsumgebung aufzubauen. Wichtige Fragen dabei sind, von welchen Kollegen man Informationen bekommt, wer die Entscheidungen trifft und auch, aus welchen Kungeleien unter Kollegen man sich lieber raushalten sollte. Funktioniert das Netzwerk erst einmal, hilft es auch dabei, sich regelmäßig Feedback geben zu lassen und mögliche Probleme früh zu erkennen.

Selbst die Brocken hinwerfen

Das ABC der Bürolästereien
Autonom agierende Einheit (AAE)Kollege, der sich grundsätzlich nicht mit Kollegen abspricht und alleine vor sich hinwurstelt, der AAE ist eine Sonderform des Büroautisten. Nicht zu verwechseln mit der Autonom theorisierenden Einheit (ATE). Dabei handelt es sich um einen Kollegen, der den ganzen Tag Luftschlösser baut oder Konzepte entwickelt, die eigentlich niemand braucht.Die Quelle dieser und weiterer Umschreibungen für geliebte oder ungeliebte Kollegen-Typen ist übrigens das im Kiepenheuer und Witsch erschienene Buch "Kollegen sind die Pest" von Jochen Leffers. Quelle: Fotolia
Beamtenmikado-SiegerBeim Beamtenmikado gilt: Wer sich zuerst bewegt, verliert. Manche gewinnen immer. Quelle: Fotolia
BüroflakKopf einziehen: Büroflaks sind Mitarbeiter, die bei Wutausbrüchen schreiend, fauchend und spuckend Stifte, Tesa und ähnliche Kleinteile durch den Raum feuern. Brennen ihnen alle Sicherungen durch, greifen sie manchmal auch zu schwerem Gerät wie Tastaturen oder Klapprechnern. Quelle: Fotolia
ChefzäpfchenWenn Sie wissen, was ein Zäpfchen ist und wo man es sich in der Regel hinschiebt, erklärt sich der Begriff von selbst. Quelle: Fotolia
DiplomstümperDer Kollege neben Ihnen hat an allen namhaften Universitäten studiert, zahlreiche Doktortitel - und kann trotzdem nichts? Theoretisch top, praktisch flop? Ohne Hilfe würde er sich vermutlich morgens noch nicht einmal vernünftig waschen und anziehen? Da haben Sie ihn - den Diplomstümper. Titel und Ausbildung allein sagen nämlich nicht immer etwas über Fähigkeiten aus. Quelle: Fotolia
E-Mail-PostboteDieser Kollegentyp läuft jeder seiner E-Mails hinterher. Gespräche mit ihm beginnen mit dem Satz: "Ich habe dir gerade eine E-Mail geschickt." Danach erzählt er ausführlich, was in der E-Mail stand. Quelle: Fotolia
FlurdezernentDen Flurdezernent kennt man im ganzen Gebäude - vom Pförtner bis zur Teppichetage. Seine Meinung gibt er nämlich gern lautstark und mitten im Flur zum Besten, damit ihn jeder hören kann. Dabei ist es egal, ob er sich über das gestrige Fußballspiel, die Unternehmenszahlen oder neue Arbeitsanweisungen echauffiert. Quelle: Fotolia

Doch gelten die Anpassungsregeln nicht nur für den Neuankömmling. Auch das Unternehmen hat mit der Stellenausschreibung oder den Aussagen im persönlichen Gespräch Zusicherungen zum Aufgabenbereich, zu Abläufen und Betriebskultur abgegeben. Sollten diese Aussagen sich als völlige Fantasiegespinste herausstellen, hat auch der Mitarbeiter während der Probezeit die Möglichkeit, ohne ausführliche Angabe von Gründen kurzfristig zu kündigen.

Doch auch hier gilt: Vorher genau überlegen, wie man diesen Schritt nach innen und nach außen kommunizieren will. Grundsätzlich vermeiden sollten Arbeitnehmer, verbrannte Erde zu hinterlassen. Sonst ist der Ruf in der Branche schnell ruiniert. Also nicht wutentbrannt alles hinwerfen oder gar beim nächsten Vorstellungsgespräch über den alten Arbeitgeber lästern.

Stattdessen die Flucht nach vorn antreten und das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen. Sachlich erklären, warum man doch nicht zueinander passt oder sich etwaige Konflikte nicht auflösen lassen. Auch der Zeitpunkt ist entscheidend. Ist das Arbeitsverhältnis schon nach ein paar Wochen vorbei, lässt sich diese Etappe im Lebenslauf noch verschweigen. Dauert die Probezeit hingegen schon einige Monate an, sollte die Begründung für den potenziellen neuen Arbeitgeber schon differenzierter ausfallen, als: „Es war alles ein großer Irrtum“.

Der Austausch mit dem Vorgesetzten sollte während der Probezeit regelmäßig erfolgen, denn manche Todsünde entsteht so erst gar nicht: Denn wie so oft, fehlt auch beim Einarbeiten einer neuen Kraft die Zeit, sich ausreichend zu kümmern. Klar, dass Frustration auf beiden Seiten entstehen kann. Im gegenseitigen Einvernehmen kann das Arbeitsverhältnis in einen Projektvertrag abgeändert werden, der planmäßig endet und ein wohlwollendes Arbeitszeugnis beinhaltet.

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