In der Theorie geht das so: Man lernt jemanden kennen, idealerweise in einer möglichst unverfänglichen Situation, zum Beispiel auf einer Party beim Small Talk zwischen Häppchen und Champagner. Man ist sich sympathisch, bleibt in Kontakt - und bei passender Gelegenheit schustert man sich gegenseitig Jobs oder Aufträge zu. Natürlich wird das so gemacht, in der Politik ebenso wie in der Wirtschaft. Und die richtigen Leute zu kennen, kann hilfreich sein.
Wie Sie erfolgreich netzwerken
Wenn Sie absehen können, dass Sie eine bestimmte Person auf einer Veranstaltung treffen, recherchieren Sie im Vorfeld einige Fakten. So ist es einfacher, einen kreativen Aufhänger für den Gesprächsstart zu finden.
Es ist ein Fehler, erst ein Netzwerk aufzubauen, wenn Sie ein Problem haben. Denn dann ist es häufig zu spät. Ein strategisches Netzwerk zu schaffen ist zeitaufwendig.
Natürlich können Sie nicht ständig in regem Austausch mit all Ihren Kontakten stehen, aber versuchen Sie dennoch, die Verbindung zu halten. Eine Weihnachtskarte oder ein Gruß zum Geburtstag reichen manchmal schon.
Bieten Sie Ihrem Gegenüber Ihre Hilfe an. Wenn Sie zuerst Informationen oder Kontakte preisgeben, erhalten Sie einen Vertrauensvorschuss.
Eine Beziehung, von der nur einer der beiden Partner profitiert, ist meist nicht von langer Dauer. Schaffen Sie eine gesunde Balance aus Geben und Nehmen.
Ein Mensch kann laut wissenschaftlichen Untersuchungen maximal den Umgang mit 150 Personen intensiv pflegen - und genau darauf kommt es an.
Selbst das Recruiting läuft in einigen Unternehmen bereits über sogenannten Mitarbeiter-Empfehlungsprogramme. Das funktioniert so: Wenn ein Mitarbeiter für die freie Stelle einen passenden Kollegen kennt, dieser eingestellt wird und sich bewährt, erhält der empfehlende Kollege einen Bonus. Die Methode hat allerdings so ihre Tücken, wie die Management-Beraterin Anne Schüller erklärt: "Das wahre Erfolgsgeheimnis des Empfehlens basiert auf Freiwilligkeit. Erfährt der Empfehlungsempfänger, dass Geld geflossen ist, können darunter Glaubwürdigkeit und Vertrauen leiden. Man entwickelt Vorbehalte und folgt dem nicht ganz uneigennützigen Rat am Ende dann doch lieber nicht." Strategisch planen oder mit Goodies ankurbeln lassen sich Networking-Erfolge nämlich nicht. Es ist quasi unvorhersehbar, in der richtigen Situation die passenden Kontakte aus dem Hut zaubern zu können oder von seinem Kollegen in spe gecastet zu werden. Dennoch sind Medien und Ratgeberliteratur voll mit Tipps für die richtige Networking-Taktik.
Nach Gemeinsamkeiten suchen
Etwa zu der Frage, wie man zu Ansprechpartnern am besten in Kontakt kommt, ein Thema bei dem sich viele Menschen schwer tun. Also sollte man, so empfiehlt etwa der Verkaufstrainer Oliver Schumacher, seine Hemmungen ablegen. Er rät, bei Gesprächspartnern nach Gemeinsamkeiten zu suchen und lieber zuzuhören als selbst zu reden. Beispielsweise mit der Frage: „Wie fanden sie den letzten Vortrag?“ oder „Konnten Sie schon etwas von der Veranstaltung mitnehmen?“. Zu plump darf es aber auch nicht sein, denn laut Schumacher kommt es vor allem auf Sympathie an: "Menschen kaufen nun einmal vor allem von anderen Menschen", sagt er. Daher sollte man nicht mit der Einstellung "mal sehen, wem ich heute etwas verkaufen kann" starten, sondern eher denken "Mal sehen, welche interessanten Menschen ich heute kennen lernen werde.“
So netzwerken Sie online erfolgreich
Natürlich können Sie in den sozialen Netzwerken Menschen Kontaktanfragen senden, die Sie noch nie zuvor getroffen haben. Dann sollten Sie jedoch eine persönliche Nachricht anfügen und darin klar machen, warum Sie gerne Kontakt aufnehmen möchten.
Sie kennen jemanden, der einem anderen Ansprechpartner aus Ihrer Kontaktliste nützlich sein könnte? Schlagen Sie die beiden einander als Kontakt vor. Wenn Sie als Vermittler auftreten, ist es wahrscheinlich, dass auch Sie einmal nützliche Vorschläge erhalten.
Die Suchfunktionen in den sozialen Netzwerken helfen Ihnen interessante Personen für nächste Projekte oder das berufliche Fortkommen zu finden. Schauen Sie sich in Ruhe um, auch in den Kontaktlisten Ihrer Freunde. Aber Vorsicht: Verschicken Sie Kontaktanfragen nicht inflationär.
Es ist immer besser Kontakte aufzubauen und über einen längeren Zeitraum zu pflegen, als Personen erst in dem Moment anzuschreiben, in dem sie Ihnen nützlich erscheinen. Kaum jemand tut einem Fremden einen Gefallen.
Ihr Netzwerk vergrößert sich nicht nur auf Ihre eigene Initiative hin, sondern es hilft auch, möglichst gut gefunden zu werden. Also überlegen Sie genau, unter welchen Schlagworten andere wohl nach jemandem wie Ihnen suchen.
Doch was machen eigentlich Leute, die sich von Haus aus ein wenig schwer tun mit dem Ansprechen wildfremder Leute - beispielsweise weil sie eher schüchtern sind oder einen introvertierten Charakter haben? "Analytisch vorgehen", rät die Introversions-Expertin Sylvia Löhken. Man sollte sich klar machen, welche Ziele man verfolgt und welche Netzwerkpartner man zu welcher Gelegenheit treffen will. Darauf folgt die Überlegung, wie man mit diesen in Kontakt kommen kann - zum Beispiel eher beiläufig an einem Messestand oder gezielt mit einem Termin. "Gerade für introvertierte Menschen ist eine zielorientierten Planung nützlich. Dabei kommen Ihnen Ihre analytischen Fähigkeiten zugute," sagt Löhken.
Für die Diplom-Psychologin Chris Wolf, Autorin von "Überzeugend Leise", ist erfolgreicher Small-Talk auch eine Frage der Gelassenheit. "Früher hätte ich engagiert versucht, mitreißenden Smalltalk zu führen, wozu ich mich in etwa so eigne, wie ein Igel als Toilettenpapier. Heute warte ich einfach ein Weilchen ab, lasse mir Zeit, fühle mich ein und beobachte ein Momentchen. Dann ergibt sich irgendwann von selbst ein ganz angenehmer Smalltalk", berichtet sie.
Fragen zum Gesprächseinstieg
Das zeigt schon, dass man mit Verbissenheit nicht weiter kommt: Denn für ein gutes Gespräch muss eben auch die zwischenmenschliche Chemie stimmen. Dafür kann man natürlich im Vorfeld die Privatsphäre seines Netzwerkpartners in Spe beleuchten. Manchmal hat man aber auch einfach Pech - und trifft etwa auf einen Gesprächsschwamm, der jeden Gesprächsbeginn wie ein emotionaler Schwamm aufsaugt. Und dann?
Einen passenden Tipp hat die Management-Trainerin Cornelia Topf: Für den Einstieg ins Gespräch eigneten sich am besten Fragen, weil sie Interesse signalisierten. Die helfen selbst bei Menschen, die wie ein Schwamm jeden Gesprächsansatz aufsaugen und einfach nicht antworten. Auf die Art der Frage kommt es an. Eher schlecht sind geschlossene Fragen wie „Finden Sie die Veranstaltung nicht auch sehr spannend?“ "Was kann man darauf schon antworten? Eigentlich nur Ja oder Nein – und in beiden Fällen ist das Gespräch beendet, bevor es begonnen hat", sagt Topf. Um eine längere Antwort zu erhalten, ist es sinnvoller offene Fragen zu stellen, die mit "wie", "warum", "weshalb", "wofür", "wozu" oder „Was halten Sie davon?" beginnen.
Vermieden werden sollte hingegen, was die Management-Trainerin als Quasselreflex bezeichnet: "Je unsicherer viele Menschen sind, desto mehr reden sie, desto stärker fallen sie anderen auf die Nerven und erreichen genau das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen. Ein guter Small Talk besteht darin, dass Sie zuhören und Ihr Gegenüber redet. Niemand mag Oberlehrer und Vielredner."
Also gut, wir haben es verstanden: Ein bisschen hemmungslos sein, aber beim Verkaufen nur nicht zu dick auftragen, sich immer schön für den anderen interessieren - ein Hoch auf den, der eine solche Geduld mitbringt, während die meisten Menschen eigentlich nur ihr eigenes Ding im Kopf haben.
Spezielle Situationen erfordern passende Kontakte
Und was passiert eigentlich mit den ganzen Visitenkarten, die man auf Veranstaltungen brav gesammelt hat und von denen man hinterher in der Regel nicht mehr weiß, mit wem man eigentlich alles gesprochen hat? Wer gut ist, hat deshalb auf seiner Visitenkarte noch sein eigenes Foto - wirkt ziemlich eitel, ist aber ungeheuer praktisch, weil es dann hinterher viel leichter fällt, einem Namen auch ein Gesprächsthema zuzuordnen. Allen anderen helfen Google und die sozialen Netzwerke.
Tipps für den gelungenen Smalltalk
Zum Smalltalk gehört auch eine entsprechende Körperhaltung: Es geht um eine nette, harmlose Plauderei, also beginnen Sie diese mit einem netten Lächeln. Und verschränken Sie die Arme nicht vor der Brust und verstecken Sie Ihre Hände nicht hinter dem Rücken oder in den Hosentaschen.
Smalltalk betreiben wir meist mit Menschen, die wir nicht besonders gut kennen. Deshalb ist es wichtig, einen angenehmen Gesprächsabstand einzuhalten. Wer seinem Gegenüber zu dicht auf die Pelle rückt, darf sich nicht wundern, wenn er sich unbeliebt macht.
Am liebsten smalltalken die Deutschen über ihren Urlaub, Ärger mit Handwerkern, ihre Hobbies, Berufliches oder die Gesundheit.
Vermeiden Sie die Themen Politik, Religion, Geld und private Probleme: Solche Themen sind nur für den Freundes- oder Verwandtenkreis bestimmt. Für eine unverbindliche Plauderei mit Fremden eignen sie sich nicht.
Auch wenn es sich um Ihren absoluten Lieblingswitz handelt, beginnen Sie ein Gespräch bitte nicht mit: „Kennen Sie den?...“ Niemand hat etwas gegen humorvolle Bemerkungen und Schlagfertigkeit, aber Sprücheklopfer und Witzbolde kommen einfach nicht gut an.
Bringen Sie Ihr Gegenüber dazu, etwas zu erzählen. Wer geschlossene Fragen stellt, auf die der Gesprächspartner nur mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann, schafft keine angenehme Gesprächsatmosphäre. Versuchen Sie es lieber mit einer Frage wie „Woher kennen Sie den Gastgeber?“
Achten Sie darauf, neutrale Fragen zu stellen und freundlich zu bleiben. Wer fragt: „Finden Sie Fußball auch so doof?“ wird es sich mit einem eingefleischten Fan verscherzen. Dann lieber fragen, was das Gegenüber beruflich macht. Zur Not reden Sie über das Wetter, das geht immer.
Damit sich wirklich ein nettes Gespräch ergibt, müssen Sie natürlich nicht nur Fragen stellen, sondern auch zuhören. Schenken Sie Ihrem Gegenüber also die volle Aufmerksamkeit, auch wenn Sie sich über belanglose Themen unterhalten. Sonst verliert er schnell die Lust am Gespräch mit Ihnen.
Auch wenn Lästern im Freundeskreis Spaß macht, beim Smalltalk sollten Sie es sich sparen. Es fällt nur negativ auf Sie zurück. Zuhörer übertragen jene Eigenschaften, die Person A einer Person B andichtet, unbewusst und automatisch auf Person A. Ebenfalls verzichten sollten Sie auf prahlerische Redebeiträge nach dem Motto „Mein Haus, mein Auto, meine Yacht“.
Aber, Hand aufs Herz, die meisten Visitenkarten werden irgendwo abgelegt und nie wieder angeschaut. Und ähnlich verhält es sich auch mit vielen Gesprächen, die man so führt: Aus den Augen, aus dem Sinn. Weil das menschliche Gehirn eben nur eine bestimmte Menge an Informationen verarbeiten kann.
Dementsprechend führt es nur in seltenen Fällen zum Erfolg, wild drauflos Kontakte zu sammeln. Denn gutes Networking bedeutet nicht, so viele Kontakte wie möglich zu haben, sondern in speziellen Situationen die genau passenden Kontakte. Die wollen wie jede menschliche Beziehung gepflegt werden, ein ständiges Geben und Nehmen. Und nur weil man den Politiker X oder den von und zu Y kennt, heißt das noch lange nicht, dass man davon auch einen Vorteil hat.
Genau da zeigt sich die Crux am Networking: Man weiß im Voraus nie, welcher Kontakt sich irgendwann einmal als hilfreich herausstellt. Das ist schlicht unvorhersehbar und insofern auch nicht planbar. Ein wahrer Networkingskünstler ist daher der, der es schafft, möglichst viele Bälle in der Luft zu halten, dabei stets geduldig, sich aber dennoch nie ausnutzen lässt. Eine kaum erreichbare Gratwanderung.
Die Autorin betreibt das Blog "Berufebilder". Sie können auch über Twitter mit ihr in Kontakt treten.