Was muss man beachten, wenn der Vorgesetzte - auf eine Gegeneinladung oder selbsteingeladen - zu den Mitarbeitern nach Hause kommt?
Bernhard Zirkler: Es gibt da ein Zauberwort, das heißt Authentizität. Das ist das Wichtigste. Wenn ich in eine fremde Wohnung komme, merke ich sofort: Ist das gekünstelt, ist das nur für meinen Besuch zurechtgemacht worden oder ist das echt und entspricht das der Person, die dort lebt? Dass es sauber und ordentlich ist, darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten, aber es sollte authentisch bleiben.
Unordnung ist nicht authentisch?
Bernhard Zirkler: Das kann schon von Nachteil sein. Das ist das Gleiche beim Essen: Wenn jemand keine Tischmanieren hat, wirkt sich das sofort auf das Gesamtbild aus: Mir hat bei einem Essen in Ingolstadt der Restaurantchef erzählt, dass ein Manager bei Tisch den Zahnstocher mit großem Erfolg benutzt und das Ergebnis in einer übrig gebliebenen Kartoffel auf seinem Teller drapiert hat. Dann nahm er die Stoffserviette, schnäuzte hinein und legte sie in der Bratensauce ab. Ich frage in solchen Situationen immer: Würden Sie sich bei so jemanden eine Rechtsberatung holen beziehungsweise würden Sie sich von ihm die Zähne sanieren lassen, wenn Sie sowas gesehen haben?
Das heißt aber auch, dass trotz aller Authentizität Abendkleid oder Smoking angemessener sind als Jeans und T-Shirt.
Bernhard Zirkler: Über den Dresscode für die Einladung spricht man vorher. Den Dresscode gibt vermutlich der Chef vor. Eine Krawatte kann man während des Essens lösen, wenn der Chef auch lockerer wird. Das klärt sich aber am Abend.
Das bedeuten die verschiedenen Business-Dresscodes
Bedeutet gehobene Freizeitkleidung, also: Baumwollhose, Polohemd, Jackett. Beim Business Casual putzen sich die Leute mehr heraus: Frauen tragen Kostüm oder Hosenanzug, nicht zu hohe Schuhabsätze, unsichtbare Zehen. Männer tragen eine Kombination, die Krawatte kann im Schrank bleiben.
Meist bei Einladungen nach der Arbeit. Konservativ: Er trägt Anzug, aber keine Brauntöne. Sie: Kostüm oder Hosenanzug, aber keine großen Handtaschen mit Schulterriemen. Einzig richtig: Clutchbags – kleine Handtäschchen ohne Riemen. Rocklänge: nie kürzer als eine Handbreit über dem Knie.
Damen: halblange, elegante Kleider
Herren: dunkelgraue oder schwarze Anzüge.
Gerne zu Abendanlässen.
Er: Smoking, Hemd mit Doppelmanschetten, Kummerbund und Einstecktuch, schwarze Fliege, schwarze Schuhe.
Sie: schwarze lange Robe, Tasche (kleiner als der Kopf). Accessoires gerne farbig.
Er: Frack, weiße Weste mit tiefem Ausschnitt, Stehkragenhemd mit verdeckter Knopfleiste, weiße Fliege, Lackschuhe.
Sie: bodenlanges Abendkleid in Schwarz, Weiß oder Grau (Schultern bei Ankunft bedeckt). Zum Ballkleid geschlossene Schuhe mit Seidenstrümpfen. Findet der Ball im Hochsommer statt, auch hohe Sandaletten – dann ohne Strümpfe.
Zu eleganten Partys und Vernissagen ab 16 Uhr.
Er: dunkler Anzug, Hose mit Bügelfalte, einfarbiges Hemd, dunkle Krawatte, lässiger Schnürschuh.
Sie: das kleine Schwarze. Schultern, Dekolleté und Bein dürfen gezeigt werden.
Werden oft falsch zugeknöpft. So ist es richtig: Zweireiher immer geschlossen. Sakko mit zwei Knöpfen: ein Knopf geschlossen, wahlweise der untere oder der obere. Drei-Knopf-Sakko: beide oberen Knöpfe zu oder nur der mittlere. Vier-Knopf-Sakko: die beiden mittleren oder die drei oberen Knöpfe geschlossen. Fünf-Knopf-Sakko: alle Knöpfe bis auf den untersten bleiben zu. Frack: wird immer offen getragen. Weste: alle Knöpfe bis auf den untersten bleiben geschlossen.
Unter Sakkos tabu! Die Hemdmanschette muss unter dem Ärmel herausschauen. Richtig: Die Ärmel des Sakkos enden knapp über dem Handrücken, die Hemdmanschette schaut darunter einen Zentimeter heraus.
Klassisch aus weißer Baumwolle, modern aus farbiger Seide oder Kaschmir. Hat nie (!) dasselbe Muster wie die Krawatte, passt aber farblich dazu.
Sie reicht exakt bis zur Gürtelschnalle, nicht länger, nicht kürzer. Der Knoten darf nie so dick werden, dass er den Kragen vom Hemd abdrückt.
Ungepflegte Galoschen enttarnen jedes stilvolle Outfit als Verkleidung. Das Minimum ist ein Paar schwarzer Schnürschuhe aus Leder. Etwa ein Oxford – glatt mit schlichter Kappe. In Braun passt er auch zu Sportjacketts oder Tweedanzügen. Der Semi-Brogue eignet sich zu gemusterten Anzügen und weichen Stoffen. Auch er hat eine Kappe, die weist aber dezente Lochmuster wie beim Brogue auf. Der wird auch Budapester genannt und passt mit seinem typischen Lochmuster auf der geschwungenen Kappe und den Seitenflügeln zu Anzügen aller Art. Wirkt aber stets etwas konservativ.
Und was wird am besten serviert?
Sandra Götsch: Wenn der Vorgesetzte nach Hause kommt, geht es in erster Linie um das Persönliche, nicht um die Kochkünste. Man muss sich da nicht in Unkosten stürzen, Hummer und Austern müssen es also nicht sein.
Bernhard Zirkler: Wenn man sich nicht sicher ist, sagt man einfach: Wir hatten vor, das und das zu servieren, gibt es da von Ihrer Seite Einschränkungen: Gibt es irgendwelche Allergien, Abneigungen, sind Sie Vegetarier?
Wie verhält es sich mit den Getränken? Alkohol ja oder nein, Rotwein oder Weißwein?
Sandra Götsch: Fragen Sie ruhig: Trinken Sie Alkohol? Mögen Sie lieber Wein oder Bier?
Jetzt sagt der Vorgesetzte, dass e. gerne Wein trinkt und der Mitarbeiter kennt sich mit Wein nicht aus. Was nun?
Sandra Götsch: Wer sich mit Wein gar nicht auskennt, holt sich in einer Weinhandlung eine Empfehlung. Auch da gibt es Weine, die kein Vermögen kosten.
Wo die Deutschen ihren Wein kaufen
Tankstellen, Restaurants, etc.
2012: 5%
2013: 5%
Absatzmengen von Wein in Deutschland nach Einkaufsstätten für die Jahre 2012 und 2013.
Fachhandel
2012: 7%
2013: 7%
Lebensmitteleinzelhandel (bis 1500 qm Ladenfläche)
2012: 12%
2013: 13%
Selbstbedienungswarenhäuser und Verbrauchermärkte
2012: 13%
2013: 13%
Winzer
2012: 15%
2013: 14%
Aldi
2012: 27%
2013: 26%
Discounter (mit Ausnahme Aldi)
2012: 27%
2013: 26%
Absatzmengen von Wein in Deutschland nach Einkaufsstätten für die Jahre 2012 und 2013
Quelle: GfK Consumer Scan
Der Wein muss nicht zwingend teuer sein?
Sandra Götsch: Wenn man im Supermarkt zum 1,99 Euro-Wein greift, kann das in die Hose gehen.
Es gibt Wild, dazu einen korrespondierenden Rotwein. Der Chef trinkt lieber Weißwein...
Sandra Götsch: Zur Not habe ich einen weißen und einen Rotwein zuhause. Dann aber daran denken, den Rotwein vorher zu dekantieren, damit er atmen kann.
Die besten Weine des Gault Millau 2013
2011 Goldlack Trockenbeerenauslese
Schloss Johannisberg (Rheingau)
2011 Saarburger Rausch – 1 –
Zilliken (Saar)
2002 Chardonnay Prestige Brut Blanc de Blancs
Raumland (Rheinhessen)
2011 Ilbesheimer Kalmit "Großes Gewächs"
Kranz (Pfalz)
2011 Forster Pechstein "G.C."
Dr. Bürklin-Wolf (Pfalz)
2010 Wildenstein "R"
Bernhard Huber (Baden)
2011 Rauenthaler Nonnenberg
Georg Breuer (Rheingau)
Wie sieht es mit der Dekoration aus? Muss man extra zum Floristen gehen, ein Blumengesteck kaufen und eine Tischdecke auflegen?
Bernhard Zirkler: Ich habe zum Beispiel einen Designertisch, der sich an Tangram orientiert und den ich nach Gegebenheiten zusammenstellen kann. Da wäre es schade, wenn eine Tischdecke drauf läge. Ich lege einfach nur kleine Platzdeckchen auf. Wer es kann, kann die Serviette ein bisschen drapieren, wer es nicht kann, legt sie einfach auf die linke Seite.
Stoffserviette oder Papier?
Bernhard Zirkler: Es gibt sehr dekorative Papierservietten. Grundsätzlich macht es aber immer etwas her, wenn man Stoffservietten hat.
Muss es das Tafelsilber von der Großtante sein oder tut es auch das Ikea-Besteck?
Bernhard Zirkler: Ganz normales Besteck reicht völlig. Da muss man keinen großen besonderen Aufwand betreiben. In der Winterzeit macht sich eine Kerze ganz gut. Kerzen sind immer schön und unterstreichen den feierlichen Rahmen. Da braucht man dann keine große Dekoration mehr.
Wie lange darf ich meinen Chef alleine in meinem Wohnzimmer warten lassen, bis ich Vorspeise und Hauptgang fertig habe?
Bernhard Zirkler: Man kann einen Gast nicht alleine lassen. Wenn man ein Paar ist, kann einer sich in der Küche um das Essen kümmern und der andere bleibt beim Gast. Aber es sollte so vorbereitet und geplant sein, dass alles weitgehend fertig ist und niemand zu lange in der Küche verschwindet. Eine Viertelstunde ist ein guter Zeitraum.