„Kollege Hund“ im Büro Burnout-Schutz durch Bürohunde

Sie sollen beruhigen und die Atmosphäre auflockern: Hunde im Büro. Wie das Miteinander mit dem vierbeinigen Kollegen klappen kann – und wann es keinen Sinn macht.

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Lilli und Lulu zwischen Ordnern und Büchern: Die Hunde sind fast vollwertige Mitarbeiter in der Berliner Schulbuchhandlung. Quelle: dpa

Berlin Lilli und Lulu gehören quasi zur Ausstattung der Berliner Buchhandlung: Seit Jahr und Tag begleiten die französische Bulldogge und der Husky-Mischling ihre Besitzer auf die Arbeit und fühlen sich dabei pudelwohl. „Die Hunde sind ein gutes Team. Wir kommen alle wunderbar miteinander zurecht“, sagt Sophie Westermann, die zusammen mit ihrem Vater und mehreren Angestellten die Schulbuchhandlung betreibt.

Viel Laufkundschaft gibt es wegen des Bestellgeschäfts dort nicht. „Das ist auch gut so. Es wäre für die Hunde zu stressig“, sagt Westermann. Umgekehrt bauen die Tiere einigen Job-Stress ab. „Wenn's hier mal heftig zugeht, dann sind sie sehr beruhigend“. Ein Streicheln, Schwanzwedeln, notfalls ein kurzer Gang zur Grünfläche um die Ecke, und die Situation hat sich entspannt.

Auch für Reiner Felsberg, Geschäftsführer der Ärztegewerkschaft Marburger Bund in Berlin, ist ein Hund im Büro normal. So normal, dass Kessy, ein Schäferhund-Mischling, auch ein Foto auf der Homepage hat. Fachbereich: Soziale Kompetenz und Klimaschutz. Das ist mehr als ein Witz. Wegen Kessy hätten alle Mitarbeiter beschlossen, im Büro nicht mehr zu rauchen, erzählt Felsberg. Außerdem sei das Tier, das einer Kollegin gehört, ein „Gute-Laune-Verbesserer“.

Gespräche über den Hund hätten das Betriebsklima eindeutig verbessert, die Atmosphäre sei privater und schöner geworden. „Kessy wird von allen geliebt – und immer dicker“, ergänzt Felsberg. Sogar beim Jahresempfang für die Berliner Medizin- und Politprominenz ist der Vierbeiner immer dabei. Kessy (2) ist schon der zweite Bürohund – Vorgängerin „Frieda“ wurde 13. Ohne Hund wollte danach kein Kollege mehr sein.


Seelische Gesundheit und Burnout-Schutz durch Bürohunde

Genau diesen positiven Effekt beschwört auch der Deutsche Tierschutzbund mit der Aktion „Kollege Hund“. Zum siebten Mal veranstaltete er am Donnerstag den bundesweiten Tag, bei dem erneut über 1.000 Unternehmen mitmachen – von Anwaltskanzlei über Reisebüro und Autohaus bis zum Dortmunder Amtsgericht, wo sogar elf Gasthunde vorgeladen waren. „Das Feedback ist gut. Die Teilnehmerzahlen sind seit Jahren in diesem Bereich. Da immer auch neue Unternehmen mitmachen, gehen wir davon aus, dass die Zahl der Bürohunde in Deutschland stetig steigt“, sagt Marius Tünte vom Deutschen Tierschutzbund.

Positives Betriebsklima, gesündere – weil Gassi-geh-trainierte und mental ausgeglichene – Arbeitnehmer und nicht zuletzt Tierschutz sind auch für den Hundetrainer Markus Beyer Pluspunkte der Mensch-Hund-Job-Synthese. Er gründete deshalb just den Bundesverband Bürohund, der die Idee vorantreiben soll. „Ich bin darauf gekommen, weil mich immer wieder Leute fragten: Können Sie meinem Hund mal beibringen, neun Stunden alleine zu sein? Aber Hunde sind Gruppentiere, sie wollen bei ihren Besitzern sein“, sagt Beyer und verweist auf diverse Studien zu seelischer Gesundheit und Burnout-Schutz durch Bürohunde.

Allerdings, so betont auch der Tierschutzbund, müssen dafür die Voraussetzungen stimmen: Der Bürohund darf nicht aggressiv sein, muss eine Rückzugsmöglichkeit haben und gut gehorchen. „Ein Hunde-Knigge wäre eine prima Sache“, sagt Tünte. Außerdem sollte das Projekt mit Kollegen besprochen und vor allem vom Arbeitgeber abgesegnet sein.

Und wenn die Kollegen nun partout keine Hundeliebhaber sind und nach Regen müffelnde Vierbeiner nicht schätzen? Dann hilft - wie in mancher Partnerschaft - nur die räumliche Trennung, sagen die Tierschützer. Unbegründet sei auch die Furcht: Heute ein Hund, und morgen dann ein Zebra? „Fürs Büro sind eigentlich nur Hunde geeignet“, sagte Tünte. Auch in Richtung passionierter Katzenfreunde.

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