Kommentar zu "Hart aber fair" Gender-Irrsinn: Von ProfessX und Ampelmännchen

Frank Plasbergs Sendung „Hart aber fair“ fällt der Zensur zum Opfer. Schuld ist die Frage nach Sinn und Unsinn der Gender-Wissenschaften. Als hätte Deutschland gerade keine drängenderen Probleme.

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Gender-Ampel: Frau oder Mann. Quelle: dpa Picture-Alliance

Derzeit erregt eine bisher im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in dieser Form nicht für möglich gehaltene Zensur einer Sendung aus der WDR-Talkshow-Reihe „Hart aber fair“ die Gemüter. Unter der Überschrift „Nieder mit dem Ampelmännchen“ hatte Moderator Frank Plasberg mit den geladenen Gästen die insbesondere von Vertretern der feministischen Geschlechterforschung vehement eingeforderten geschlechtsneutralen Bezeichnungen kritisiert.

Plasberg stellte unter anderem die Frage nach dem Sinn der in den letzten Jahren eingerichteten rund 190 Professorenstellen für Geschlechterforschung - 180 davon weiblich besetzt. Und mokierte sich darüber, dass allein die Umstellung des Begriffs „Studentenwerk“ in „Studierendenwerk“ den Steuerzahler rund eine Million Euro koste.

Zur Person

Auf anscheinend massiven Druck der VertreterInnen dieser Forschungsrichtung sah sich WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn offenbar gezwungen, den Beitrag im Nachhinein aus der Mediathek zu entfernen.

Um das Geschehene einzuordnen ist es hilfreich, die verschiedenen Gender-Richtungen erst einmal deutlich voneinander zu unterscheiden: Selbstverständlich ist es zu begrüßen, dass beispielsweise im Rahmen des Gender-Mainstreaming nicht nur bei Personalentscheidungen darauf geachtet wird, dass niemand wegen seiner Herkunft, seines Glaubens, möglicher Handicaps oder seines Geschlechts benachteiligt wird. Hier steht die Gleichstellung von Mann und Frau im Mittelpunkt. Auch die Akzeptanz sexueller Vielfalt oder der verschiedenen Formen des menschlichen Zusammenlebens, die längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, stehen hier nicht zur Diskussion.

So unterschiedlich nehmen Männer und Frauen ihre Arbeitswelt wahr

Gender-Professoren drängen in alle Fächer

Frank Plasbergs aufgeworfene Frage nach dem Sinn oder Unsinn von den in den letzten Jahren knapp zweihundert eingerichteten Professuren für Geschlechterforschung trifft dagegen den Kern einer Debatte, die von der feministisch geprägten Genderforschung oder auch Gender-Studies ausgelöst wurde. Sie sehen das Geschlecht nicht als naturgegeben oder biologisch determiniert an, sondern ganz im Gegenteil als veränderbares gesellschaftliches und kulturell wandelbares Konstrukt. Sie fordern im Rahmen des Gender-Doing das infrage stellen des biologischen Geschlechts sowie eine geschlechtsneutrale Sprache.

Aus dem Professor wird "Professx"
Mit dem X gegen KlischeesLann Hornscheidt, Professorin an der Berliner Humboldt-Universität, möchte mit einer kleinen Wortänderung traditionelle Geschlechterrollen in der Sprache aufbrechen. Häufig fühlten sich Studierende diskriminiert, weil sie als „Herr“ oder „Frau“ angesprochen würden, sagte Hornscheidt. Die Wissenschaftlerin am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien schlägt vor, etwa von „Professx“ statt von „Professor“ oder „Professorin“ zu sprechen. Die neutralen Endungen entfernten den Zwang, sich einem Geschlecht zuordnen zu müssen. „Die x-Form soll deutlich machen: Es gibt auch noch mehr als Frauen und Männer.“ Quelle: Fotolia
Schön dem Herrn Professorin zuhörenGleichberechtigung schön und gut. Eine Radikalkur in Sachen Feminismus gibt es an der Uni Leipzig: Dort sind Männer jetzt auch Frauen - zumindest sprachlich. Denn die neue Verfassung der Universität sieht nur noch weibliche Bezeichnungen vor. Schrägstrichbezeichnungen wie "Professor/in" entfallen und werden durch die weibliche Form ersetzt. So ist mit "Professorin" künftig auch ein Mann gemeint, worauf dann eine Fußnote verweisen soll. Die neue Grundordnung ist zwar noch nicht in Kraft getreten - doch mit einem Widerspruch rechne man nicht. Quelle: dpa
Frauenquote für StraßennamenFür Schlagzeilen sorgt die Gender-Debatte immer wieder. Derzeit steht die Namensgebung für Straßenschilder in Berlin-Kreuzberg im Blickpunkt: Das Jüdische Museum (Foto) möchte seinen Vorplatz nach dem jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn benennen. Doch die Verwaltung sperrt sich dagegen, denn in dem Stadtteil gibt es seit 2005 eine Frauenquote für Straßennamen. Demnach muss die Hälfte  der Straßen und Plätze nach Frauen benannt werden. Bis die Quote erreicht ist, dürfen nur noch weibliche Namen vergeben werden. Quelle: REUTERS
Änderung der österreichischen NationalhymneNach langem Rechtsstreit hat Österreich seine Nationalhymne geändert, und ehrt nun nicht mehr nur die „Heimat großer Söhne“ sondern auch der „Töchter“. Aus "Heimat bist du großer Söhne, Volk, begnadet für das Schöne" wurde nach jahrzehntelangen Debatten ab Januar 2012 in der ersten Strophe: "Heimat großer Töchter und Söhne, Volk, begnadet für das Schöne". Geändert wurde auch die dritte Strophe der von Paula Preradovic gedichteten Bundeshymne: Statt „Einig lass in Bruderchören, Vaterland dir Treue schwören" werden nun „Jubelchöre" besungen. Das von manchen bevorzugte "Heimatland" statt "Vaterland" konnte sich hingegen nicht durchsetzen. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Mädchen mit Pistolen in SchwedenSchweden gilt nicht ohne Grund als Vorreiter in Sachen Gleichstellung. Weihnachten 2012 nahm das neue Ausmaße an: Nach massiven Beschwerden über Rollenklischees in einem Spielzeug-Katalog wurde ein geschlechtsneutraler Katalog herausgebracht. Darin posieren kleine Mädchen mit Spielzeugpistolen, Fußbällen und Autos. Kleine Jungs dürfen dafür mit dem rosa Friseur-Set spielen oder Hunde, die mit Schleifchen dekoriert wurden, Gassi laufen. Quelle: dpa
Geschlechtsneutrale Vorschule in SchwedenUnd noch einmal Schweden. Dort gibt es eine umstrittene geschlechtsneutrale Vorschule namens „Egalia“. In der Einrichtung sollen die Kinder sich so entwickeln, wie sie es möchten, ohne in stereotype Rollenbilder gedrängt zu werden. Die Worte „Junge“ und „Mädchen“ werden nicht in den Mund genommen, stattdessen sagen die Erzieher/innen „Freunde“. Auch bei der Auswahl der Spielsachen werden Klischees vermieden. So gibt es etwa kein einziges Märchenbuch, weil Märchen Klischees vermitteln; traditionelle Lieder wurden umgedichtet. Quelle: dpa
Unisex-Toiletten in BerlinDer Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg nimmt sich all jenen an, die sich beim Toilettengang nicht entscheiden können, welche Tür sie nehmen sollen. Wer sich weder als Mann, noch als Frau fühlt, soll zukünftig in öffentlichen Gebäuden Unisex-Toilette nutzen können. Quelle: dpa/dpaweb

Auch das ist nichts Neues, denn in den Sozialwissenschaften ist die soziale Bestimmung des Geschlechts spätestens seit Simone de Beauvoir immer schon beheimatet gewesen. Neu dagegen ist, dass diese Thesen durch die Einrichtung eben jener Professuren ihre eigentliche Beheimatung in den Sozialwissenschaften verlassen haben und jetzt durch massive politische Unterstützung in alle Fächer, in die Lehrerausbildung aller Fächer, in die Unterrichtsfächer der Schulen und letztlich auch in die gesamte Öffentlichkeit implementiert werden sollen.

ProfessX oder Prosecco?

Im Rahmen der eingeforderten geschlechtsneutralen Sprache sind die Ampelmännchen sicherlich noch die witzigste Ausuferung dieser neuen Konzepte, die vor nichts haltzumachen scheinen. Als hätte Deutschland derzeit keine anderen Probleme.

Mittlerweile heißen dann auch männliche Professoren in Sachsen „Professorinnen". Es hat wohl weiterer jahrelanger drittmittelgestützer - also aus Steuermitteln finanzierter - Forschung seitens der Gender-Studies gebraucht, ehe einer ihrer Professorenpersonen von einer bekannten Berliner Universität verlauten ließ, er wolle nur noch mit dem geschlechtsneutralen Titel „ProfessX“ angesprochen werden.

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