Wir lassen uns täglich von Quickies ablenken. Schon der Begriff ist Ablenkung pur und weckt vermutlich andere Assoziationen als hier ursprünglich beabsichtigt. Es geht mir um die Konzentration auf eigene langfristige Ziele, also die Unterscheidung zwischen Quick und Long Wins: Erstere basieren oft nur auf roher Gier, Long Wins dagegen setzen auf Qualität, Substanz, Stabilität und rechnen die langfristigen Opportunitätskosten bei jeder Kalkulation mit ein.
Überlegen Sie mal: Wo wäre die Menschheit heute, wenn wir uns nicht ständig ablenken ließen! Und was mich noch viel mehr interessiert: Wo wären Sie? Wie weit hätten Sie schon kommen können im Leben, wenn Sie wenigstens 80 Prozent vom Tag Ihren persönlichen Zielen widmen würden! Dabei ist es gar nicht so schwer. Sie müssen nur ein paar Dinge beherzigen. Die aber konsequent:
Zehn Tipps für mehr Konzentration im Leben
Jeder hat ein riesiges Potenzial und jeder hat gute Ideen. Die Frage ist nur: Wie gut kommen wir da heran, was filtern wir heraus, was halten wir fest? Und wie schnell geben wir auf? Laut gut recherchierten Gerüchten soll es bei einem Brainstorming die 71. Idee sein, die etwas taugt! Und selbst wenn Sie den Gerüchten nicht glauben mögen, glauben Sie mir: Es ist beileibe nicht die erste Idee, die etwas taugt. Halten Sie so lange durch?
Quelle: Hermann Scherers Buch Fokus
Hier geht es um die Tweets, die Sie sich selbst ständig senden und von denen 80 Prozent negativer Natur sind: Klagelieder, Gejammer und im Übrigen nichts als heiße Luft. Dabei kann man trainieren, mit sich selbst positiv zu sprechen. Einfach mal Ideen aufkeimen, aufblitzen, wieder zusammenfallen zu lassen.
Insgesamt unterscheiden wir beim Coaching vier Reifegrade. Bei den ersten beiden Reifegraden 1 und 2 gilt es, mehr mit positivem Feedback zu arbeiten, damit der Coachee Vertrauen bekommt – in diesem Fall auch zu sich selbst: Lob, Bestärkung, Zuspruch, wenn Sie etwas Gutes bemerken. Erst bei den erhöhten Reifegraden 3 und 4 können wir verstärkt mit konstruktiver Kritik und hartem Feedback arbeiten.
Je reifer Sie in Bezug auf das Selbstcoaching sind, desto genauer können Sie sich einschätzen. Einsteigern rate ich daher, sich immer dann positiv zu verstärken, wenn Sie einen geraden Gedanken und eine zielführende Tat bei sich entdecken. Erwischen Sie sich dagegen beim Prokrastinieren oder der Inszenierung einer neuen Ablenkung, nehmen Sie das bitte wahr, aber zucken Sie nachsichtig mit den Schultern und passen auf wie ein Luchs, dass Sie den nächsten Schritt in Richtung Ziel nicht verpassen.
Das mag nach Hokuspokus oder Kaffeesatzleserei klingen, aber ist nicht jede neue Idee erst mal scharfsinniger Unsinn? Aus dem, wenn wir die Fantasie spielen und Emotionen zulassen, am Ende häufig eine handfeste Entscheidung wird. Dokumentieren wir, wie wir die letzten Jahre erlebt haben, lassen dann die Vergangenheit ruhen und springen gedanklich in die Zukunft, um unsere Idealposition zu entwerfen, können wir nur gewinnen.
Beim Entscheiden gilt genau das gleiche wie das, was Paul Watzlawick für das Kommunizieren herausgefunden hat: Auch ein Schweigen ist beredt. Auch ein Pokerface spricht Bände. Auch eine unausgefüllte Steuererklärung führt zum Steuerbescheid. Sie entscheiden immer. Und wenn Sie nicht entscheiden, dann werden Sie entschieden – und das ist manchmal entscheidend für Ihr Leben. Daher bin ich überzeugt: Die Qualität Ihres Lebens hängt weniger von den Jas ab, die Sie bereitwillig eingegangen sind, sondern in viel höherem Maße von den Neins.
Dazu eine Übung: Bitten Sie Ihren Gesprächspartner, gelegentlich Negatives, Belangloses, Nicht-zielführendes ins Gespräch einzustreuen, wohl dosiert und nicht zu platt. Stürzen Sie sich darauf, oder schaffen Sie es, die Gegenargumente einfach sein zu lassen? Das wäre eine gelungene Fokussierung!
Wir machen uns oft zu Betroffenen, obwohl wir nur Beteiligte sind. Deshalb rate ich dringend, sich eine Extraportion Gelassenheit anzutrainieren, die Weltmacht mit den drei Buchstaben ICH – und damit auch die Opferrolle – zu verlassen und die eigene Festplatte neu zu formatieren.
Nach der EM ist vor der WM und da können Nichtsportler immer nur wieder lernen: Etwa, wie wir unsere Gedanken und unsere Emotionen auf den richtigen Fokus richten. Schließlich haben alle Sportler bestimmte Rituale, um sich in einen guten Status zu bringen. Das Warmlaufen vor dem Anpfiff, die Dehnübungen vor dem Start, das gegenseitige Anfeuern. Und wenn der Körper faul ist, dann joggt man dennoch eine Runde und schon kommt man in Schwung. Man tut so als ob – und „als ob“ geschieht. Nur: Im Alltag machen wir das nicht, da bleiben wir lieber schlecht drauf. Dabei wäre es doch schön, in der Zukunft eine bessere Version von sich selbst zu sein.
Erinnern Sie sich, wann Ihr Gehirn das letzte Mal das Ich ausblendet hat und Sie ganz in einer Tätigkeit aufgegangen sind? Beim Lesen, Sport oder Meditieren vielleicht? Indem wir unser Ich verlassen und aus uns heraustreten, können wir uns in einen anderen Menschen hineinversetzen. Sogar in uns selbst und uns reflektieren.