Das "Du" angeboten zu bekommen, ist an sich eine feine Sache: Wenn aus den Schmidts von nebenan auf einmal Peter und Susanne werden, oder die Kollegin aus der Buchhaltung "ich bin übrigens Annika" sagt, schafft das eine angenehme Atmosphäre. Das "Du" kann der Beginn einer Freundschaft sein, zumindest aber macht es den Umgang mit dem Gegenüber einfacher und lockerer. Allerdings gibt es Umgebungen, in denen Distanz und Respekt angebrachter sind, als kumpelige Vertrautheit. Dementsprechend fühlen sich viele unwohl, wenn sie den Chef Sven statt Herr Doktor Maier nennen sollen. So zeigt auch eine Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach, dass 36 Prozent der Deutschen sogar Mitarbeiter siezen, die ihnen gleichrangig sind.
Laut dieser Umfrage aus dem vergangenen Jahr, bieten knapp 60 Prozent der Deutschen nur engen Freunden und Verwandten das "Du" an. Fast jeder Vierte hat sogar schon einmal ein Duz-Angebot ausgeschlagen. "Schon ein wenig pikiert oder gar beleidigt" fühlten sich rund ein Drittel der Befragten, wenn sie unaufgefordert geduzt werden. Gerade die ältere Generation reagiert demnach empfindlich darauf, unaufgefordert geduzt zu werden: 40 Prozent der über 70-Jährigen haben deshalb schon einmal jemanden energisch zurechtgewiesen.
Gerade in kreativen Branchen ist das "Du" aber weit verbreitet. Selbst in Stellenanzeigen taucht immer häufiger "Du" auf: "Willst du bei uns arbeiten? Haben wir dein Interesse geweckt? Dann schick uns deine Bewerbung." Was hier transportiert werden soll, ist klar: das Unternehmen gibt sich ein junges, dynamisches Image. Aber schon im Vorstellungsgespräch kann duzen schwierig sein. "Du passt leider nicht in unser Team" ist eine persönliche Ablehnung. "Sie passen leider nicht zu uns" ist dagegen eine Feststellung, die deutlich weniger weh tut.
Wer aber nun einmal in einer Branche oder einem Unternehmen arbeitet, in der Duzen zum guten Ton gehört, kann sich schlecht quer stellen. Wer direkt bei seinem ersten Arbeitstag all den Julias und Leons erklärt, er sei der Herr Müller, macht sich damit keine Freunde. Wer sich im hippen Unternehmen oder dem hemdsärmeligen Betrieb also nicht gleich alles verbauen will, sollte auf das "Du" eingehen. Das muss nicht in jedem Fall zu einer kumpelhaften Atmosphäre führen. "Wie im Englischen das "you" kann auch das "Du" sowohl freundschaftlich als auch geschäftlich sein", sagt Bernhard Zirkler, Trainer für Stil und Etikette aus Gießen. Das "Du" gegenüber dem Kollegen soll auch gar nicht dem "Du" entsprechen, mit dem der beste Freund angesprochen wird. Jedenfalls nicht am Arbeitsplatz. In der Mittagspause oder bei einem Kaffee kann man da schon einmal eine Ausnahme machen. Man müsse eben auch im Beruf zwischen privatem und geschäftlichem Bereich unterscheiden, findet Zirkler. "Ich empfehle beispielsweise, sich untereinander zu siezen, wenn Kunden dabei sind."
Was, wenn der Chef duzt?
Im privaten wie auch im beruflichen Umfeld gilt: Wer duzt, wird zurück geduzt. Im Büro gelten allerdings andere Regeln, was das Anbieten der freundschaftlicheren Anredeform anbelangt. "Ladies first" mag privat ein schöner Grundsatz sein, in diesem Fall gilt er jedoch nicht. So bestätigt auch Etikette-Trainer Zirkler: "Grundsätzlich kommt im Berufsleben Rang vor Geschlecht: Die Führungsperson entscheidet, wann und wem sie das Du anbietet." Allerdings sollte sich auch der Chef darüber im Klaren sein, dass ein einmal angebotenes "Du" nicht mehr zurückgenommen werden kann.
Außerdem sollte für alle transparent sein, wer warum geduzt wird. Entweder siezen Führungspersönlichkeiten alle Mitarbeiter und machen nur beispielsweise bei privaten Freunden eine Ausnahme oder sie duzen alle. Den einen so und den anderen so zu behandeln, führt nur zu schlechter Stimmung. Doch was geschieht, wenn der neue Chef an seinem ersten Tag allen das "Du" anbietet und sich die Angestellten mit dieser sprachlichen Nähe nicht wohlfühlen? "Wenn ein Mitarbeiter beim Sie bleiben möchte, kann er beispielsweise sagen, er werde gerne das Du zu einem späteren Zeitpunkt annehmen. Das kann dann auch in 30 Jahren sein. Jedenfalls haben alle das Gesicht gewahrt", rät Zirkler.
Die zehn Knigge-Basics
Wer niesen muss, tut dies indem er den Handrücken der linken Hand benutzt und sich wegdreht. Hat sich durch die abrupte Bewegung jemand erschreckt, entschuldigt man sich. Daneben kann man in einer kleinen Runde "Gesundheit" wünschen, wenn aber beispielsweise bei großen Besprechungen jemand niest, wird das ohne Kommentar ignoriert.
Wenn man sich am Telefon meldet genügt kein: Guten Tag oder Hallo. Man sollte zumindest den Familiennamen nennen. Außerdem empfiehlt es sich bei mehreren Personen im gleichen Alter, die in einem Haus wohnen, auch noch den Vornamen dazu zu nennen. Ein Gruß wie „Hallo“ oder „Guten Tag“ kann gerne nachgestellt werden, ist jedoch kein Muss.
Nach 21.30 Uhr sollte man nur in äußersten Notfällen bei anderen Personen anrufen. Außerdem empfiehlt es sich, bei älteren Personen auf eine Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr zu achten, in denen ebenfalls das Telefon stumm bleiben sollte.
Auch wenn es manchen als spontan und nett erscheinen mag. Unangekündigte Besuche sollte man vermeiden um den Gastgeber nicht zu einer ungelegenen Zeit zu stören, empfiehlt Knigge-Expertin Tosca Freifrau von Korff. Ein Anruf, 30-45 Minuten vorher hilft um zu klären, ob ein kurzfristiger Besuch möglich ist.
Bei offiziellen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten oder aber auch einem feinen Abendessen ist es sinnvoll, den Gastgeber vorher nach dem Kleidungswunsch zu fragen, wenn dies nicht auf der Einladung vermerkt ist. So vermeidet man unangenehme Ausrutscher in Sachen Kleidung.
Egal, wie die Frage lautet oder wer sie stellt: Richtig antwortet man nur in ganzen Sätzen. So lautet die Antwort auf die Frage nach dem gewünschten Getränk im Flugzeug nicht „Tomatensaft“, sondern „Ich hätte gerne einen Tomatensaft.“
Schlecht über andere Personen reden empfiehlt sich generell nicht. Wer es dennoch nicht lassen kann, sollte das nur in einem ungestörten Umfeld tun, in dem keine Dritte zuhören. Das Bahnabteil oder den Bus zum Lästern nutzen ist also ein No-Go.
Wer ernste oder problematische Dinge mit anderen zu besprechen hat, sollte den passenden Zeitpunkt abwarten, auch wenn manche Dinge dringend sind. So gehört das Besprechen von Konflikten nicht auf eine Hochzeit oder eine Geburtstagsfeier.
Wer irgendwo Gast ist muss abwarten, wo ihn der Gastgeber hinführt. Eine Besichtigungstour auf eigene Faust a la „Ich schaue mich mal ein wenig um“ ist nicht akzeptabel. Stattdessen lieber gleich den Gastgeber um eine Führung bitten.
Wer Gäste hat, muss ihnen gestatten ihre Schuhe anzulassen. Hausschuhe, die schon von anderen getragen wurden sind keine Alternative. Im Extremfall kann man seine Gäste drum bitten, des Bodens zur Liebe die Schuhe auszuziehen. Allerdings sollte ein aufmerksamer Gast bei schlechtem Wetter gleich ein zweites Paar Schuhe für den Innenraum mitbringen.
Schließlich kann auch das Siezen ein freundschaftliches Verhältnis nicht verhindern. Wer seinen Kollegen 20 Jahre lang siezt, bleibt trotzdem kein Fremder. Dagegen kann das distanzierte, höfliche Sie bei großem Stress helfen, den guten Ton zu wahren. So fällt es deutlich schwerer, jemanden "Sie Idiot" zu nennen, als "Du Idiot". Auch unangenehme Personalgespräche oder gar eine Kündigung fallen leichter, wenn das Gegenüber gesiezt statt geduzt wird. Deshalb sollten Führungskräfte genauso wie Angestellte darauf achten, wann sie wem das "Du" anbieten. Auch wenn das in einer Sektlaune bei der Weihnachtsfeier vielleicht in Vergessenheit zu geraten droht. "Wichtig ist, dass die Sprache auch beim Betriebsausflug beibehalten wird. Der gehört komplett zur Arbeitszeit dazu und sollte deshalb auch so behandelt werden. Sonst kann das im Nachhinein Konsequenzen haben", weiß Zirkler.
Er empfiehlt im beruflichen Alltag gerne das sogenannte hanseatische Sie. "Verhältnismäßig verbreitet ist die Anrede Sie in Kombination mit dem Vornamen besonders zu jüngeren Mitarbeitern. Also: Klaus, können Sie..." Das gebe es häufig in Handwerksbetrieben und werde auch von allen Mitarbeitern akzeptiert, so der Experte. Grundsätzlich sollten sich Neulinge in Betrieben aber erst einmal ansehen, wie es die Kollegen handhaben, anstatt einfach drauflos zu duzen oder zu siezen. "Das ist wie mit der Kleidung für ein Vorstellungsgespräch: Ob man sich bei einer Bank oder einem Handwerksbetrieb vorstellt, ist ein Unterschied.
Deshalb sollte man sich vorher gründlich vorbereiten und im Internet nachgucken, was im Betrieb getragen wird", rät Zirkler. Bei einigen Branchen kann man sich zwar verhältnismäßig sicher sein, wie miteinander gesprochen wird. Sich vorher schlau zu machen, kann einem dennoch den Tritt ins Fettnäpfchen ersparen. Auch, wenn man nicht der neue Pförtner, sondern der neue Juniorchef ist.
"Guten Tag" statt "hey du!"
So kleiden Sie sich richtig
Wie kleidet man sich ordentlich? Dabei geht es um mehr als die Frage, ob mit oder ohne Krawatte. Welche Aussagen lassen sich durch welche Kleidung transportieren? Das ist keineswegs Jacke wie Hose. Ein Crashkurs.
Im Englischen heißt es „it fits“, wenn etwas passt. Daher das Wort „Outfit“. Ihre Kleidung sollte in drei Kategorien passen: Dem Anlass entsprechend, dem Typ entsprechend und der individuellen Aussage entsprechend. Genau in der Schnittmenge liegt das für sie optimale Outfit.
Anzug oder Kostüm sollten Werte wie Vertrauen und Sicherheit widerspiegeln. Das gilt auch für Mitarbeiter im Back-Office. Ein Ziel ist Understatement. Die Kleidung sollte modern und nicht bieder wirken; dunkle Business-Farben wirken am besten.
Es gilt, einen Tick schicker zu sein als im klassischen Business. Hosen mit Pullover gehen maximal in der Werbebranche. Ansonsten eher kompletter Hosenanzug oder Blazer-Hose-Kombi für Damen, Anzüge und Kombinationen für Herren. Anspruchsvoll, gehobene Qualität und dunklere Farben.
Professioneller Look ist hier unabdingbar. Klassische Kostüme, Anzüge und Kombinationen in mittleren bis dunkleren Farbtönen. Farben dürfen nicht ins Auge springen, sollten aber modern sein.
In der Werbung oder bei den Medien darf es bunter und ausdrucksstark zugehen. Hier ist Nähe angesagt und schwarze Kleidung ist da sehr hinderlich.
Für besonders große Männer empfehlen sich farbliche Unterteilungen. Also zum Beispiel blaue Hose oder roter Pullover. Das unterbricht die Größe und lässt Sie weniger lang wirken. Männer mit langen Beinen tragen am besten längere Jacken und Ärmel.
Ist Ihr Körper insgesamt kurz, empfiehlt sich farblich Ton in Ton. Farbliche Unterteilungen würden die Kürze betonen. Haben Sie kurze Beine, sollten Sie von Hosenaufschlägen absehen – und auch davon, Ärmel aufzukrempeln.
Tiefsinnige und Kreative wollen sich ausdrücken. Die Erscheinung darf Außergewöhnliches bieten, also kreativer Kragen, Schmuck, extravagante Brille oder bunte Farben. Bodenständige Typen verwenden besser natürliche Materialien und Erdtöne. Dramatiker und Extrovertierte mögen vielleicht asymmetrisch geschnittene Kleidung – sie sollten dann aber darauf achten, dass sie niemals billig wirkt. Zu sportlichen Typen passen Blau und Grün.
Sollten Sie eine schlanke Frau sein und Kleidergröße 32 bis 34 tragen, sehen Röhrenjeans super aus. Ab Kleidergröße 40 sehen Sie mit ihnen dicker aus. Es liegt also stets an der Form ihres Körpers.
Sind Schulter, Taille und Hüfte gleich breit, empfiehlt sich eine gerade Hose oder ein gerader Rock.
Die Schulter ist schmaler als die Hüfte. Hier sollten Sie Hosen und Rücke in der sogenannten A-Linie mit kurzen Oberteilen kombinieren.
Die Schulter ist breiter als die Hüfte: Hier empfehlen sich Caprihosen, Röhrenhosen und enge Röcke. Die schmalen Hosen lassen sich gut in Stiefel stecken.
Die Figur ist wie eine 8 geformt. Sie ist eine sehr weibliche Figurform. Die Röcke sind konisch geschnitten, sie werden zum Knie hin schmaler. Passende Hosen sind Hosen in Bootcut-Schnitten.
Unabhängig von der Branche und den Gepflogenheiten im eigenen Unternehmen gibt es für das Geschäftsleben eine ganze Reihe von Hinweisen, wie man sein Gegenüber ansprechen sollte. Auch wenn man sich in einem Unternehmen duzt, sollte der Umgang stets höflich und respektvoll sein, schließlich ist das Büro nicht der Bolzplatz. Und gerade, wenn Externe - Kunden, Geschäftspartner, Vertreter - hinzu kommen, sollten auch die Mitarbeiter des hippsten und coolsten Unternehmens sich zu benehmen wissen. Das schließt auch die Sprache mit ein.
Wer bei der ersten Begrüßung nach dem Buffett schielt, seinen Namen nuschelt und die Hand gibt wie ein toter Fisch, zeigt Desinteresse und schlechtes Benehmen anstatt Understatement. Ein fester Händedruck, ohne dem anderen die Hand zu brechen sowie eine namentliche Begrüßung sollten immer drin sein. Und auch für die Reihenfolge, wer wen grüßt, gibt es Regeln: Kunden und Geschäftspartner werden zuerst gegrüßt, dann erst die Mitarbeiter aus dem eigenen Haus. Außerdem grüßt der Mitarbeiter immer den Vorgesetzten. Geht es um die Vorstellung neuer Kollegen, heißt es nicht: "Herr Müller, das ist unser Prokurist, Herr Doktor Schneider", sondern "Herr Doktor Schneider, das ist unser neuer Leiter der Marketingabteilung, Herr Müller." Sind Ehepartner anwesend, beispielsweise bei einem Geschäftsessen, gilt ausnahmsweise wieder "Ladies first" - also erst die Frau des Chefs begrüßen, dann den Vorgesetzten. Wer sich selbst bei einem beruflichen Anlass vorstellen muss, nennt seinen Namen und seine Position. Titel haben hierbei nichts verloren. Name, Vorname und Funktion reichen völlig aus, alles andere wirkt schnell überheblich - wenn nicht sogar peinlich. Titel sind ohnehin ein potentielles Fettnäpfchen. In einem Schreiben müssen beispielsweise alle akademischen Grade des Adressaten aufgeführt sein. "Bei der schriftlichen Ansprache gehört alles dazu: Doktor rer. nat. - eben alle Titel. Und Professor darf nicht abgekürzt werden", weiß Zirkler. Da hilft es vor Verfassen des Briefes nur, sich gut über alle Titel zu informieren.
Im direkten Gespräch sind die Regeln dagegen etwas lockerer: "Professor ist kein Titel und kein akademischer Grad, sondern vielmehr ein Dienstgrad. Deshalb reicht es eigentlich, einen Professor mit "Herr Doktor" anzusprechen", weiß Etikette-Trainer Zirkler. Trotzdem empfiehlt er, Professoren auch mit Herr Professor anzusprechen. Viele bestünden auf diese Anredeform.
"In etwa so ist das auch mit Adeligen. Obwohl Adel und Titel schon längst abgeschafft sind, wollen viele noch mit Titel angesprochen werden", weiß Zirkler aus eigener Erfahrung. "Bei all den Stammbäumen kann man das aber eigentlich nur falsch machen." Er empfiehlt in diesem Fall, nachzufragen: "Wie darf ich Sie ansprechen?" Mit etwas Glück bekommt der Fragesteller eine ähnlich kreative Antwort wie der Parteigenosse, der den SPD-Politiker Herbert Wehner fragte, ob er ihn duzen dürfe. Wehner soll damals gesagt haben: "Das können Sie halten, wie Du willst."