Krank am Arbeitsplatz "Mitarbeiter haben Angst, unersetzbar zu sein"

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Schaden für Mitarbeiter und Unternehmen

Wenn Menschen krank zur Arbeit gehen, kann dies zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen für die betroffene Person selber und auch für die anderen Mitarbeiter führen. Denn kranke Arbeitnehmer schaden mit ihrem Pflichtbewusstsein ihrer Firma nachweislich mehr, als sie ihr nützen.

Die Unternehmensberatung Booz & Company hat sich schon vor einiger Zeit des Themas Präsentismus angenommen. Nach ihren Berechnungen entstehen zwei Drittel der Krankheitskosten in den Unternehmen durch die Präsenz von kranken Mitarbeitern. Im Schnitt haben die Unternehmen pro Mitarbeiter im Jahr 1.199 Euro Verlust durch Fehlzeiten. Demgegenüber belaufen sich die Kosten, wenn der Kranke ins Büro kommt, auf 2.399 Euro. Ein kranker Mitarbeiter im Büro kostet den Arbeitgeber also rund doppelt so viel wie einer, der sich zuhause auskuriert.

Das liegt daran, dass Menschen, die krank zur Arbeit gehen, statistisch nachweisbar mehr teure Fehler machen. Ihre Konzentration lässt schneller als gewöhnlich nach, die Arbeit dauert länger und die Arbeitsergebnis sind oftmals schlechter als normalerweise. Aber auch das Risiko, andere Kollegen mit der Krankheit anzustecken, steigt erheblich. Zudem hat das Arbeiten gesundheitliche Folgen für den Betroffenen: Eine nicht auskurierte Krankheit kann chronisch werden oder im schlimmsten Fall sogar zum Burnout führen. Deshalb ist es fürs Unternehmen grundsätzlich besser, wenn der Mitarbeiter zuhause bleibt und schnellstmöglich gesund wird.

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Unternehmen müssen für genug Ersatz sorgen

Auch arbeitsrechtlich kann das Arbeiten trotz Krankheit Konsequenzen haben - allerdings für den Chef. Denn dieser hat eine Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter. Wenn die Gefahr besteht, dass sich die Krankheit intern ausweitet und andere Kollegen angesteckt werden, muss der Arbeitgeber ihm das Arbeiten verbieten. Der Angestellte muss nach Hause geschickt werden – auch wenn er selbst arbeiten möchte.

Damit es aber gar nicht erst dazu kommt, dass kranke Mitarbeiter am Arbeitsplatz erscheinen, können Firmen vorsorgen: „Die Unternehmen müssen eine Sensibilität für das Thema Präsentismus entwickeln und erkennen, dass kranke Mitarbeiter dem Betrieb zwar kurzfristig helfen, aber langfristig zu ihrem Nachteil sind“, sagt Hagemann. Auch wenn das Thema wissenschaftlich recht gut erforscht sei, würden Unternehmen zu wenig auf das Phänomen reagieren. „Am besten ist es natürlich, wenn sich das Unternehmen präventiv auf Krankheitsfälle vorbereiten kann, etwa durch genug Personalpuffer“, sagt Hagemann. Wenn der Mitarbeiter das Gefühl bekäme, ausreichend vertreten zu werden, würde er eher zuhause bleiben. Das sei aber leider nicht in jedem Betrieb möglich.

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