Kündigung Wenn junge Manager gefeuert werden

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Entlassung im Briefkasten

Andreas Rades: Von seiner Entlassung erfuhr der Düsseldorfer im Spanienurlaub 2007. Ein halbes Jahr später machte er sich mit einem IT-Beratungsunternehmen selbstständig. Der Anfang war beschwerlich – Rades und seine Familie lebten ein knappes Jahr von Ersparnissen. Heute laufen die Geschäfte gut. Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Den Beginn seiner neuen Bescheidenheit markierte ein Tag im Jahr 2007. Rades war gerade mit Frau und drei Kindern im Spanienurlaub, als das Telefon klingelte. Ein Mitarbeiter warnte ihn vor, dass die Sekretärin gerade seine Entlassung in den Briefkasten werfe. In dem Brief stand, dass er fristlos gekündigt sei und sich am nächsten Arbeitstag bei der Geschäftsführung melden solle.

Den Niedergang der Firma hatte Rades zwar schon seit einiger Zeit kommen sehen – der Börsenhype und der Zwang, das Geld der Investoren zu vermehren, erhöhten den Umsatzdruck, die Margen sanken, die Kosten für Gehälter und Zinsen stiegen. Es war klar, dass Entlassungen irgendwann unvermeidbar sein würden.

Bloß: Dass es ihn treffen würde, damit hatte Rades nicht gerechnet. Erst recht nicht im Urlaub. Und schon gar nicht, dass er sich mit seinem Arbeitgeber eines Tages vor Gericht treffen würde.

Dort konnte Rades mithilfe seines Anwalts die fristlose Kündigung in eine fristgerechte umwandeln. Er erhielt eine Abfindung plus drei Monatsgehälter. Ende März 2008 verließ er das Unternehmen endgültig, zuvor war er drei Monate lang freigestellt. Drei Monate, in denen sich Rades eine Frage stellte: Wie soll es weitergehen?

Seine Antwort: Er machte sich selbstständig. Bereits wenige Monate nach seiner Entlassung gründete er mit zwei Freunden das Unternehmen NGN-Europe.

Die IT-Beratungsfirma sucht Spezialisten für andere Unternehmen, die einen Dienstleister, einzelne Entwickler oder gleich ein ganzes Projektteam brauchen. Kürzlich kam etwa ein spanisches Unternehmen auf ihn zu, das 100 IT-Fachkräfte nach Deutschland vermitteln will. Derzeit durchforstet Rades seine Datenbank nach geeigneten Partnern.

Neue Bescheidenheit

Was er durch die Kündigung gelernt hat? Vor allem Bescheidenheit. Rades will nicht verheimlichen, dass es anfangs erhebliche Startschwierigkeiten gab. Nach der Gründung lebten er und seine Familie ein knappes Jahr von Ersparnissen. Inzwischen läuft das Geschäft jedoch gut, im vergangenen Jahr knackte er erstmals die Umsatzgrenze von 200.000 Euro.

Zum anderen weiß er nun, dass es sinnvoll ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Rolle, an die sich viele Manager nach der Kündigung erst mal gewöhnen müssen. Bislang fragte man sie um Rat und Tat, jetzt müssen sie andere um Unterstützung bitten. Rades bekam Hilfe von der Gründungsberatung der Düsseldorfer Wirtschaftsförderung. Dort traf er sich mehrmals mit einem Coach, der ihm bei der Umsetzung des Businessplans half. „Natürlich war die Entlassung unschön“, sagt Rades, „aber ich hatte Glück im Unglück.“

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