Kündigung "Mitleid hilft den Betroffenen nicht weiter"

Kündigungsgespräche sind unangenehm für alle Beteiligten. Psychologin Manuela Richter erklärt im Interview, wie Vorgesetzte die denkbar schlechteste Nachrichten möglichst schonend vermitteln.

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WirtschaftsWoche: Frau Richter, ein Kündigungsgespräch gehört zu den unangenehmsten Aufgaben einer Führungskraft. Sie sagen: Streit und Stress können vermieden werden. Wie?
Manuela Richter: Indem Führungskräfte sowohl auf die formalen und rechtlichen Aspekte als auch auf die faire Gesprächsführung und den Umgang mit den emotionalen Reaktionen der Betroffenen vorbereitet werden.

Und worauf kommt es dabei vor allem an?
Besonders wichtig ist es, sich mehr auf das Zwischenmenschliche zu besinnen. Die Praxis liebt Checklisten und Leitfäden. Aber unsere Forschung hat gezeigt, dass es eben nicht reicht, Formulierungen für die ersten fünf Sätze oder eine Pauschalerklärung auswendig zu lernen, in die nur noch der Name des Betroffenen eingesetzt werden muss.

Manuela Richter ist Psychologin. Quelle: Jörg Pütz

Auch die Vielzahl an Gerichtsprozessen in Deutschland spricht gegen die gängige Praxis, denn immerhin gehen 50 Prozent aller Arbeitsgerichtsprozesse jährlich auf Kündigungen zurück.

Sie haben experimentell getestet, wie Führungskräfte ihren Mitarbeitern schlechte Nachrichten am besten überbringen. Wie genau gingen Sie dabei vor?
Insgesamt haben wir in zwei Studien 126 Kündigungsgespräche untersucht. In der ersten Studie lernte die eine Hälfte der Teilnehmer sowohl die formal korrekte Strukturierung als auch die faire Gesprächsführung in einem Kündigungsgespräch; die andere Hälfte erhielt kein Training. Später mussten dann alle im Rollenspiel einer Mitarbeiterin, die von einer Schauspielerin dargestellt wurde, möglichst professionell kündigen. Die Leistung der Vorgesetzten wurde von einem Beobachter beurteilt, der nichts von den unterschiedlichen Trainingsbedingungen wusste.

Welcher Typ Mitarbeiter als Erster gefeuert wird

Mit welchem Ergebnis?
Die Gespräche der geschulten Vorgesetzten verliefen tatsächlich positiver als die der ungeschulten. In der zweiten Studie wollten wir dann herausfinden, welcher Aspekt für den Verlauf des Kündigungsgesprächs ausschlaggebend ist – „formale Korrektheit“ oder „Fairness“. Neben der Kontrollgruppe ohne Training gab es nun zwei Trainingsgruppen: Eine, die in beiden Aspekten und eine, die nur im formal korrekten Ablauf ohne Fairness geschult wurde.

Und was kam heraus?
Zwar strukturierten beide Trainingsgruppen das Gespräch formal besser als die Gruppe ohne Training. Aber nur die Gruppe, die in fairer Gesprächsführung geschult wurde, war auch tatsächlich fairer.

Hatte das auch Auswirkungen auf die Gekündigten?
Ja. Nur wenn Fairness trainiert wurde, reagierten sie weniger negativ auf die schlechte Nachricht, äußerten etwa seltener den Wunsch, sich über den Arbeitgeber zu beschweren oder diesen zu verklagen. Wurden die Vorgesetzten ausschließlich im formalen Ablauf geschult, waren die Betroffenen ebenso unzufrieden wie diejenigen, deren Vorgesetzte gar nicht geschult wurden.

Fujitsu streicht 400 Jobs
Fujitsu Der japanische Elektronikkonzern Fujitsu will einem Zeitungsbericht zufolge in Deutschland 400 bis 500 Arbeitsplätze abbauen. Eine endgültige Entscheidung solle nach Verhandlungen mit den Beschäftigten fallen, berichtete die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei". Insgesamt beschäftigt der Konzern hierzulande 12.000 Menschen. Die Stellenstreichungen beträfen hauptsächlich Entwicklung und Informationstechnik. Bereits am Dienstag hatte der Konzern bekanntgegeben, in Großbritannien 1800 Jobs zu streichen. Das entspricht 18 Prozent der Belegschaft dort. Insidern zufolge könnte sich Fujitsu künftig auf IT-Dienstleistungen konzentrieren. Mit dem weltgrößten Computer-Hersteller Lenovo verhandelt das Unternehmen offenbar über einen Verkauf des PC-Geschäfts von Fujitsu. Quelle: REUTERS
Lufthansa Technik Quelle: dpa
DAK Gesundheit Quelle: dpa
EnBWDer Energieversorger baut weiter Stellen ab: Die Energie Baden-Württemberg werde sich aus dem Strom- und Gasvertrieb an Großkunden der Industrie zurückziehen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Davon seien 400 Beschäftigte betroffen, denen ein Aufhebungsvertrag oder ein alternativer Arbeitsplatz im Konzern angeboten werde. Auch im Privatkundengeschäft, der Energieerzeugung und der Verwaltung steht demnach Stellenabbau bevor, der noch nicht beziffert wurde. In den vergangenen zwei Jahren waren bereits rund 1650 Stellen weggefallen. Quelle: dpa
Intel Quelle: REUTERS
Nokia Quelle: dpa
Der IT-Konzern IBM plant in Deutschland offenbar einen massiven Stellenabbau Quelle: dpa

Das heißt, Chefs müssen in einem solchen Gespräch vor allem fair sein?
Das klingt zwar sehr simpel, aber: ja.

Also reicht der Hinweis an den Chef: „Sei fair!“, und dann wird schon alles gut gehen.
Nein, natürlich nicht. Fairness äußert sich in konkreten Verhaltensweisen.

Zum Beispiel?
Schlechte Nachrichten eindeutig, objektiv und sachlich zu überbringen. Angemessene und transparente Erklärungen sind zu geben. Dem Betroffenen zuzuhören und dessen emotionale Reaktionen auszuhalten. Und Respekt und Wertschätzung für die Person zu zeigen. Manche Menschen machen das sicherlich schon intuitiv, aber allgemein gilt: Fair sein muss geübt werden.

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