Arbeitsteilung hat aber doch nicht nur Nachteile...
Einerseits war die Arbeitsteilung natürlich ein großer Fortschritt in unserer Geschichte, weil man dadurch produktiver war. Aber schon Max Weber hat gesehen, dass zu starke Arbeitsteilung unterfordert. Damals haben Handwerker angefangen, in den Fabriken zu arbeiten und haben nur noch einen Arbeitsgang gemacht – die gleiche Bewegung jeden Tag immer wieder. Es ist also schon ganz früh aufgefallen, dass extreme Arbeitsteilung inhuman ist. Natürlich ist es gut, dass es Psychologen und Tischler gibt, aber in dem Moment, wo es um den reinen Profitgedanken geht – die Kassiererin ist teurer als der Einpacker, also kassiert sie nur und der Einpacker packt nur ein – wird eine extreme Arbeitsteilung praktiziert. Beide Verkäufer werden getrennt – aus einem wird ein billiger Einpacker und aus dem anderen eine teurere Kassiererin. Das ist definitiv nicht effizienter, nur billiger.
Spezialisierung ist nur bei komplexeren Jobs von Vorteil?
Ich habe es in Schweden bei kleineren Supermärkten gesehen, dass die Verkäufer alles gemacht haben: An der Fleisch- und der Bäckertheke konnten sich die Kunden Marken ziehen, worauf die Verkäufer zur Theke kamen und den Kunden bedient haben. Ansonsten haben sie meinetwegen eingepackt oder kassiert. Es war aber auch nicht so, dass die Kunden deshalb Schlange stehen mussten. Sie tätigten weiter ihre Einkäufe und kamen zum Metzgerstand, wenn ihre Marke angezeigt wurde.
Setzt das die Mitarbeiter nicht wieder unter Stress, wenn sie von der Käsetheke zur Kasse und zurück hetzen und zwischendrin noch Waren einräumen müssen?
Die Verkäufer haben das selbstorganisiert gemacht, sie hatten also Organisationsarbeit, haben natürlich an der Metzgertheke auch beraten und haben trotzdem auch körperliche Abwechslung gehabt, weil sie auch mal Regale eingeräumt haben, was auch gut sein kann. Das fand ich sehr interessant, weil die Leute zum einen deutlich zufriedener sind und sich zum anderen auch ganz andere Gedanken über das Geschäft machen: Was kann man dort verbessern, wie kann man es anders machen?
Wie man mit Langeweile umgehen sollte
Langeweile ist ein Gefühl wie jedes auch, weshalb man es genauso respektieren und akzeptieren sollte. Es ist also genauso wenig sinnvoll, sich selbst oder einem Kind die Langeweile zu verbieten, wie sich nicht zu gestatten, fröhlich, traurig oder wütend zu sein.
Wochenlang hat man sich auf den Urlaub gefreut und wenn man dann endlich, endlich am Strand liegt, langweilt man sich. Statt jetzt alle neuen Videos bei Youtube anzusehen, sollte man sich die Zeit nehmen und die Langeweile aushalten. Das Gefühl für die eigenen Bedürfnisse, die im Alltagsstress untergegangen sind, kommt von selbst zurück. Und mit ihm eine Idee, wie man sich die zwei Wochen Strandurlaub am für sich sinnvollsten vertreibt.
Langeweile bedeutet nichts anderes, als nicht zu wissen, was man jetzt gerade mit sich anfangen soll. Ist der Job auf Dauer langweilig, sollte man das zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, was im Berufsalltag fehlt, um ihn wieder spannend zu machen. Ist man unterfordert, in der falschen Abteilung, dem falschen Unternehmen oder gleich in der ganz falschen Branche? Die Langeweile kann also durchaus eine Chance sein, zu erkennen, was gerade schief läuft und das dann auch zu ändern.
Wäre so ein Modell für Deutschland denkbar?
Mit Sicherheit würde man dadurch Beschäftigten im Handel und im Verkauf richtig viel Gutes tun, weil sie weder einseitig belastet, noch unterfordert werden und auch eher Wertschätzung erfahren.
Und so lange müssen Kassierer einfach eine positive Einstellung zum öden Arbeitsalltag zulegen.
Ich kann natürlich sagen: Es ist ja nur ein Job. Das funktioniert aber nur, wenn ich mit dem Job ausreichend verdiene, um meinen Lebensunterhalt ordentlich zu bestreiten. Die arme Kassiererin hat also wieder keine Chance. Wenn sie Pech hat, kassiert sie vielleicht sogar in drei Supermärkten, um über die Runden zu kommen.
Kann Sie es nicht machen wie der anfangs erwähnte Techniker und sich ein aufregendes Hobby suchen, mit dem sie den langweiligen Job ausgleicht?
Es gibt zu dem Thema Arbeitsbelastung und Freizeitverhalten verschiedene Thesen. Man kann sich also fragen, ob die Leute ihren Job kompensieren. In den unterfordernden Jobs hätten die Leute entsprechend ein sehr aufregendes Privatleben. Aber die Befundlage zeigt: Wenn man langanhaltend unterfordert wird, gleicht man das in der Freizeit nicht mehr aus.
Das machen die Deutschen in ihrer Freizeit am liebsten
52 Prozent der Befragten vertreiben sich ihre Freizeit am liebsten bei einem gepflegten Kaffeeklatsch.
Quelle: Stiftung für Zukunftsfragen
Etwas mehr - nämlich 54 Prozent der Deutschen - hören mindestens einmal pro Woche Musik in ihrer Freizeit. Vorzugsweise auf CD oder im MP3-Format.
Im stressigen Alltag bleibt oft nicht viel Zeit für die Pflege von Körper und Geist. 61 Prozent der Deutschen geben an, sich in ihrer freien Zeit in Ruhe zu pflegen.
Auch Zeit vor dem Computer verbringen 61 Prozent der in der Studie Befragten.
Für den Gedankenaustausch nehmen sich die Deutschen außerdem Zeit. In der Freizeit reden 64 Prozent über wichtige Dinge.
65 Prozent der Befragten holen in ihrer Freizeit regelmäßig Schlaf nach, der im Stress oft zu kurz kommt.
Ganzen 68 Prozent ist in der Freizeit wichtig, Zeit mit dem Partner zu verbringen.
Die freie Zeit unterwegs nutzen viele Deutsche (71 Prozent) zum telefonieren.
Das Denken kommt bei den Deutschen in der Freizeit offenbar nicht zu kurz: 71 Prozent gehen ihren Gedanken nach, wenn sie etwas Ruhe haben.
72 Prozent lesen hobbymäßig gerne Zeitungen oder Zeitschriften.
Das Surfen im Internet gehört für 73 Prozent der Deutschen zum Freizeitvertreib.
Noch lieber als unterwegs führen die Deutschen Telefongespräche von zu Hause. Telefonieren zählt zu den Top 3 Freizeitaktiviäten.
Ganze 90 Prozent der Befragten hören mindestens einmal die Woche regelmäßig Radio.
Die mit Abstand beliebteste Freizeitaktivität ist fernsehgucken. Ganze 97 Prozent sitzen regelmäßig vor der Glotze.
Wahrscheinlich, weil die Menschen die Fähigkeit dazu verlieren. Ein aktives Privatleben erfordert ja auch organisatorische und kommunikatorische Fähigkeiten. Auch darf man nicht durch die Arbeit völlig fertig sein. Gerade monotone Jobs sind oft sehr anstrengend.
Eine ganz andere Sache ist es, wenn man eine Arbeit macht, von der man bestimmte Vorstellungen hatte, die zunächst auch befriedigt wurden. Und irgendwann nutzt sich die Motivation ab, weil es nichts neues mehr gibt, alles nur Routine ist.
Dann kann man nach Herausforderungen suchen und schauen, ob es im Betrieb andere Arbeiten gibt. Man sollte in diesem Fall mit dem Chef reden, ob sich die Aufgaben ändern oder erweitern lassen. Dafür lassen sich auch die Zielvereinbarungen in Mitarbeitergesprächen nutzen. Auf jeden Fall sollte man darauf hinweisen, dass einen das, was man bisher tut, unterfordert, weil man jetzt mehr kann.