Lebensziele Karriere wichtiger als Kinder

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Frauen mit Job kriegen mehr Kinder

Die familienfreundlichsten Unternehmen
Bergmann Klaus Wuestenberg beobachtet den Abraumbagger SRs1541 waehrend des offiziellen Starts zum Aufschluss des neuen Kohlefeldes Quelle: AP
Blick auf das Logo der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Quelle: dpa
Das Logo des TÜV Nord Quelle: dpa
Carina Sarstedt von Caritas International in Freiburg richtet Spendendosen Quelle: AP
Das Logo der Postbank Quelle: dpa
Ein Mitarbeiter der Eckes-Granini Deutschland GmbH steht inmitten der neuen PET-Produktionsanlage und kontrolliert eine Kunststoffflasche. Quelle: dpa
Ein Kunde greift in einem REWE City-Markt in Koeln nach einem Einkaufswagen Quelle: dapd

Reiner Klingholz widerlegt dies in seinem aktuellen Buch „Sklaven des Wachstums“: In den 70er- und 80er-Jahren mag das traditionelle Bild noch der Wahrheit entsprochen haben. Also dass in den traditionell katholischen Ländern noch mehr Kinder gezeugt wurden als in denen, wo Frauen häufiger einer Beschäftigung nachgingen. „Doch diese Ordnung gilt längst nicht mehr“, schreibt Klingholz, der das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung leitet und als einer der renommiertesten Demografie-Experten Deutschlands gilt.

Der Zusammenhang zwischen Frauenerwerbsquote und Kinderzahlen habe sich auf den Kopf gestellt: Heute bekommen die Frauen Westeuropas dort die meisten Kinder, wo sie auch am häufigsten einen Job haben - also insbesondere in den nordischen Ländern mit Island an der Spitze. Dort arbeiten mit Abstand am meisten Frauen - und gleichzeitig sind auch die Kinderzahlen am höchsten. In Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland dagegen, wo sie kulturell bedingt viel eher am Herd stehen und Nachwuchs großziehen könnten, bekommen die Frauen mit am wenigsten Kinder.

Moderne Gesellschaften müssen also keineswegs aussterben, nur hat eben die Ehe als Grundlage für Kinder an Bedeutung verloren. Müttern geht es um etwas anderes: „Die meisten jungen Menschen wünschen sich nach wie vor Kinder. Sie wollen sich aber auch beruflich verwirklichen. Wo sie beides leicht unter einen Hut bringen können, liegen die Kinderzahlen höher“, schlussfolgert Klingholz.


In Deutschland machen alle vieles falsch

Dieser gesamteuropäische Blick lässt für Deutschland nur einen Schluss zu: Alle Beteiligten machen hierzulande vieles falsch. Erkannt hat das auch Manuela Schwesig (SPD). In einem großen Interview mit dem Handelsblatt zum 1. Mai, dem Tag der Arbeit, forderte die Bundesfamilienministerin große Anstrengungen von Wirtschaft und Politik, damit mehr Mütter früher in den Job einsteigen können. „Es muss noch mehr passieren. Wenn Politik und Wirtschaft also Frauen als Arbeitskraft brauchen, dann müssen sie ihnen auch entgegen kommen“, meinte sie mit Blick auf Kitas und Ganztagsschulen, aber auch auf die Situation in den Unternehmen.

So gelte Teilzeit in Unternehmen oft als Sackgasse für die Karriere, und „die sogenannte Präsenskultur mit Besprechungs- und Konferenzterminen bis in die späten Abendstunden hinein schrecke viele Mütter ab. „Für eine neue Arbeitskultur kann ich nur werben, sie aber nicht per Gesetz verordnen. Da sind schon auch die Unternehmen in der Pflicht“, sagte Schwesig. Sie selbst plant, ein Rückkehrrecht auf Vollzeitstellen gesetzlich zu verankern. Auch hier spürt der Kritiker: In Deutschland braucht es offenbar starre Regeln, um die Ängste der Menschen zu besänftigen. Das Vertrauen in die Arbeitgeber scheint erschüttert.

Immerhin gibt Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer zu, dass noch viel zu wenig getan wird: „Fast drei Viertel aller erwerbstätigen Mütter arbeiten in Teilzeit, mit oft nur sehr geringem Stundenumfang.“ Ziel müsse sein, allen Müttern, die dies wollen, „eine vollzeitnahe Beschäftigung zu ermöglichen und längere Erwerbsunterbrechungen weiter zu reduzieren.“

Dazu müssten aber Kinderbetreuung und Ganztagsschulen weiter ausgebaut und qualitativ verbessert werden. „Da gibt es teilweise noch immer erhebliche Defizite“, so Kramer. „Es darf nicht sein, dass Frauen wegen fehlender staatlicher Rahmenbedingungen nicht in dem Umfang arbeiten können, wie sie es wollen.“  Dass umgekehrt eine hohe Zahl an Kitas nicht alles ist, beweist der Blick ins europäische Ausland. Es liegt an den Unternehmen, Vertrauen zu stiften. 

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