Macht des Moments "Wer nicht in den ersten Sekunden überzeugt, hat verloren"

Seite 2/3

Stabil stehen

Reiner Neumann hat aus seinem Talent, souverän vor Gruppen aufzutreten, einen Beruf gemacht. Der Psychologe und Coach steht in einem Konferenzraum in einem Hotel, vor ihm sitzen vier Männer in Hemd und Jackett: Als Teilnehmer der Haufe-Akademie wollen sie von Neumann etwas lernen über ihre Wirkung. Und siehe da: „Die gute Nachricht ist, dass man den ersten Eindruck trainieren kann“, sagt Neumann. Gestik, Mimik, Körperhaltung, Stimme, Artikulation – das alles bestimmt, wie wir wahrgenommen werden.

Lektion eins: der Stand. Hüftbreit, Beine fest auf den Boden, nicht wippen. Lektion zwei: die Körperhaltung. Schultern zurück, Kopf gerade. Lektion drei: ein fester Händedruck. Lappalien, klar, man kennt diese Tipps: die übliche Ratgeberprosa. Doch tatsächlich zeigen Studien, dass solche Kleinigkeiten den Unterschied machen. Beispiel Blickkontakt. Ein Mensch wirkt nun mal selbstbewusst und offen, wenn er einem anderen geradewegs in die Augen schaut.

Der Psychologe Alan Johnston vom University College London zeigte im Jahr 2015 rund 400 Freiwilligen Videos von Schauspielern, die direkt in die Kamera schauten. Sein Fazit: Die optimale Länge für den Blickkontakt liegt bei exakt 3,2 Sekunden.

Unser Gehirn ist in mancher Hinsicht nun mal ziemlich simpel gestrickt: Wir mögen nicht nur gut aussehende Menschen, sondern auch Personen, die uns ähnlich sind – weil sie vertraut wirken. Der US-Sozialpsychologe Donn Byrne hat 1973 Studierende auf 26 Wesensmerkmale und Eigenschaften hin befragt, vom Musikgeschmack bis hin zur Religiosität. Später legte er ihnen Fragebögen ihrer Kommilitonen vor. Was die Studierenden nicht wussten: Die Angaben waren gefälscht.

Eine Gruppe erhielt Antworten, die sich mit den eigenen Aussagen deckten. Bei zwei weiteren Gruppen deckten sich die Antworten teilweise, bei der vierten Gruppe überhaupt nicht. Das Ergebnis: Studierende mit 100-prozentiger Übereinstimmung fanden ihre vermeintlichen Kommilitonen sympathisch und intelligent. Gruppe vier schnitt mit Abstand am schlechtesten ab.

Erfolgstipps von Menschen, die es wissen müssen
Sie pflegen ihre Hobbies Quelle: AP
Bill Clinton Quelle: AP
Sie trainieren ihr Durchhaltevermögen Quelle: dpa
Johannes Teyssen, Vorstandsvorsitzender von E.On Quelle: REUTERS
Sie schreiben vieles auf Quelle: dpa
Oprah Winfrey Quelle: AP
Sie lesen viel Quelle: dpa

Inga Freienstein vom Cologne Career Center empfiehlt, sich den vorurteilenden Sympathieeffekt im Berufsleben zunutze zu machen. Etwa, indem man sich vorab über seinen Gesprächspartner informiert. Arbeitet man an gleichen Themen oder hat ähnliche Berufserfahrungen gesammelt? Wer Gemeinsamkeiten anspricht, sagt Freienstein, sammelt Pluspunkte.

Erfolgreiche Aura

Coach Neumann lässt die Teilnehmer seines Seminars einen kurzen Vortrag halten, den er auf Video aufzeichnet. Für IT-Berater André Baumgarten gehören Präsentationen zum Alltagsgeschäft. Dennoch habe ihn die Analyse überrascht: „Viele Dinge waren mir gar nicht bewusst: Etwa, dass ich seltener ‚Ähm‘ sagen und viel öfter lächeln muss.“

In Deutschland werde in Bewerbungsgesprächen oder Geschäftsmeetings eher wenig gelächelt, sagt Neumann – auch aus Angst, nicht ernst genommen zu werden. Aus psychologischer Sicht ein Fehler: „Menschen, die öfter lächeln, wirken sympathisch. Und wer sympathisch ist, mit dem arbeiten wir gerne zusammen.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%