So weit so klar? Klartext sollte aber nicht nur in den Medien, sondern auch in der Politik und in Unternehmen gesprochen werden. „Passiert leider viel zu selten“, sagt der Autor Multerer, der aus dem Bauch heraus und gerade so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, gegen eine fehlende Klartextkultur in Deutschland polemisiert. Schließlich erfordert es Mut, Ehrlichkeit und einen klaren Standpunkt.
„Klartext gefährdet auch die Komfortzone“, womit er meiner Meinung nach nicht Unrecht hat. Wer Klartext redet, lehnt sich nämlich aus dem Fenster und wird damit angreifbar. Lesenswert ist in Multerers Buch, warum sich Top-Manager Hartmut Mehdorn, ehemaliger Bahnchef und Klartext-Schwergewicht, mit seinen stets deutlichen Worten nicht zurückhalten will, wie der Unternehmer Jochen Schweizer jeden Tag Klartext lebt und warum Sänger und Songwriter Thomas Anders dafür plädiert, auch mal Tacheles zu reden – die aggressivere Variante von Klartext.
Finden Sie eine Auswahl der besten Stellen aus den Unternehmer-Statements auf den folgenden Seiten, mit denen ich Ihnen viel Vergnügen wünsche.
Arno Zensen über Klartext
Arno Zensen, ein Urgestein des Motorsports, leitet seit 1995 das DTM Audi Sport Team Rosberg des ehemaligen finnischen Rennfahrers und Formel-1-Weltmeisters Keke Rosberg. Seit 2008 ist der aus der Eifel stammende 59-Jährige auch Gesellschafter der Team Rosberg Engineering GmbH mit Sitz in Neustadt an der Saale.
„Trotz aller Begeisterung und Emotionen bestimmen klare, eindeutige Anweisungen oder Absprachen den Rennalltag. Diplomatische Floskeln stören den Ablauf. Hier muss gesagt werden, „was Sache ist“. Zeit für Interpretationen oder eigenständige Entscheidungen verhindern den Erfolg. Das wird bei der Kommunikation während des Rennens deutlich. Hier haben wir im Funkverkehr den Jargon vom militärischen Fliegen übernommen. Das bedeutet kurze, präzise Sätze. Muss ein Fahrer an die Box, so heißt es „Pit now“. Das reicht. Die Anweisungen vom Kommandostand sind eben - falls kurz. Weil die gegnerischen Rennteams versuchen, den Funkverkehr mitzuhören, sind diese Kürzel zudem codiert. Beim Motorsport geht es nur darum: Erfolgreicher als die anderen Teams zu sein, um zu siegen.
Führungstipps aus dem Buch "Die Macht der Macht"
Einen praktischen Leitfaden zum Umgang mit Macht hat in diesem Sommer Reiner Neumann herausgebracht. Der Berater erklärt in „Die Macht der Macht“, worauf Führungspersönlichkeiten achten müssen, um ihre Macht zu steigern und vor allem zu erhalten. Hier einige Auszüge.
Gesten mit beiden Händen wirken sehr viel stärker und dynamischer als die mit einer Hand. Vermeiden Sie Gesten mit negativem Gehalt wie erhobene Zeigefinger oder vor der Brust verschränkte Arme.
Vermitteln Sie Souveränität durch ruhiges Sprechtempo und gut gewählte Pausen. Das zeugt davon, dass Sie keine Angst vor Unterbrechungen haben. Betonen Sie maximal zwei Wörter pro Satz und passen Sie die Lautstärke der Größe des Raumes an.
Menschen mit Macht unterbrechen, Menschen ohne werden unterbrochen. Es ist nicht höflich, aber wirkungsvoll. Sorgen Sie dafür, wenn man Sie mal unterbricht, dass Sie Ihren Gedanken zu Ende bringen können.
Macht hat, wer die Regeln definiert. Übernehmen Sie keine Normen blind vom Vorgänger. Regeln schaffen Sicherheit und Vertrauen, schränken bisweilen aber auch zu stark ein. Ideal ist es, wenn nicht der Chef, sondern die Allgemeinheit Verstöße ahndet.
Macht und Dominanz strahlt man – bisweilen auch zu viel – aus durch entspanntes Zurücklehnen, gespreizte Beine, weit geöffnete Augen und hochgezogene Brauen. Bemühen Sie sich um flüssige Bewegungen und vermeiden Sie keinen Blickkontakt – das ist ein Zeichen von Schwäche.
Geben und Nehmen: Der beste Einstieg ist eine Investition von Ihrer Seite – gehen Sie in Vorleistung. Pflegen Sie Beziehungen durch regelmäßiges Kontaktieren und zeigen Sie Interesse für den Anderen. Und seien Sie verlässlich, auch wenn es mal schwer fällt.
Mal ist es ein eigenes Büro, bei einigen ein Firmenwagen oder die Zahl der Sekretärinnen: Symbole zeigen, wie mächtig ein Manager ist. Nutzen Sie diese Symbole und setzen Sie sie geschickt ein.
Kämpfen Sie um die Projekte, mit denen Sie glänzen können: Überschaubares Risiko, hohes Prestige und die Aufmerksamkeit des Top-Managements sind die wesentlichen Kriterien.
Gewöhnlich läuft ein gesamtes Rennwochenende nach diesen kurzen Anweisungen ab. Jeder weiß, was gemeint ist. Danach wird gehandelt. Zeit für ausführliche Analysen oder strategische Planungen ist nicht gegeben. Das erfolgt unter der Woche in Meetings, in denen alles beleuchtet wird. Hierzu gehören die positiven Ereignisse genauso wie die Fehler. Jeder kann sagen, was ihm gefallen hat. Ebenso kann jeder Kritik üben. (...) Es geht nicht um Schuldzuweisung. Hier wird Klartext eingesetzt, um Lösungen zu finden. Ein Fehler kann jedem Menschen passieren. Es ist jedoch inakzeptabel, wenn sich die gleiche Panne zwei Mal hintereinander ereignet. Bereits nach dem ersten Missgeschick muss gefragt werden: Warum und wie konnte das geschehen? Nur durch eine direkte Ansprache der Problematik ist es möglich, Lösungen zu finden. Das sichert in Zukunft reibungsloses Arbeiten.
(...) Etwas anders verhält sich eine Aussprache, die von Tacheles geprägt ist. (...) Emotionen sind dabei im Spiel. Es geht weniger darum, konstruktiv Lösungen zu finden, sondern beim Tacheles-Reden werden Missstände offen angesprochen. Es wird dabei „kein Blatt vor den Mund genommen“. Das kann beispielsweise durch einen unglücklichen Moment beim Boxenstopp verursacht werden. Ein Fahrer möchte an die Box, muss jedoch eine Runde länger im Rennen bleiben.
Ursachen dafür können taktische Überlegungen sein, technische Probleme oder die Box war ganz einfach blockiert. Dem Fahrer sind diese Gründe nicht offensichtlich. Er fühlt sich benachteiligt, um Zeiten und Positionen gebracht. Läuft das Rennen insgesamt unrund, platzt es aus ihm in klaren und deutlichen Worten in dieser Nachbesprechung heraus. Da heißt es schon einmal: „Was sollte das? Das war doch Scheiße!“