"Du kannst ja nicht einmal zuhören, wenn man dir etwas erklärt!" – Julia Hamann* ist noch immer fassungslos, wenn sie sich an die Auseinandersetzung mit ihrem Stellvertreter erinnert. Hamann, Ende 30, ist Abteilungsleiterin in einem Interessensverband der Wirtschaft – eine von wenigen Frauen in einer Führungsposition.
Ihr Stellvertreter ist ein Mann Ende 50. Bei einem Führungskräfte-Meeting, in dem es um ein größeres politisches Projekt geht, für das Hamann das Konzept erarbeitet hat, kommt es zum Eklat.
Das zu belehrende Schulmädchen
Nicht nur überhören die Männer ihre Argumente, immer wieder unterbrechen sie die Frau – und erklären ihr das Ziel des Projekts. "Dabei hatte ich mich intensiver als alle anderen damit beschäftigt. Ich fühlte mich wie ein Schulmädchen, das belehrt wird", erzählt sie. Als sie schließlich darum bittet, nicht ständig unterbrochen zu werden, fällt ihr eigener Stellvertreter ihr ins Wort. Sie solle gefälligst zuhören, wenn man ihr etwas erkläre. Für Hamann eine Frechheit. "Ich habe mich gefragt, wer ihn eigentlich dazu legitimiert, mir etwas erklären zu müssen? Immerhin bin ich seine Vorgesetzte", sagt die Betriebswirtin. Ein typischer Fall von Mansplaining.
Die Wortschöpfung bezeichnet das Phänomen, wenn Männer selbstverständlich davon ausgehen, in einer ranghöheren Position als die Frau zu sein, und deshalb ungebeten Vorträge halten – selbst dann, wenn die Frau objektiv mehr Expertenwissen hat als der Mann. Die amerikanische Autorin Rebecca Solnit prägte den Begriff schon vor 13 Jahren und hat dazu auch ein Buch geschrieben: Wenn Männer mir die Welt erklären.
Die vier Ebenen der Kommunikation
Hier geht es um die Fakten, die der Gesprächspartner vermittelt.
Je nachdem wie das Gegenüber mit jemandem redet, kann der Angesprochene Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen beiden ziehen.
Der Zuhörer kann hierbei herausfinden, was im Gesprächspartner vorgeht.
Hier versuchen die Empfänger oftmals herauszufinden, was der Sender von einem erwartet.
Feministinnen kritisieren das Phänomen als Alltagssexismus, denn tatsächlich erleben viel mehr Frauen als Männer, dass sich plötzlich jemand in ihr Expertenwissen einmischt. Auch Julia Hamann empfand das rhetorische Verhalten ihrer Kollegen und männlichen Mitarbeiter als übergriffig. "Mir wurde klar, dass sie mich nicht als Gleiche unter Gleichen betrachten – sondern offenbar als ein junges Dummchen, dem Mann etwas erklären muss", sagt sie.
Mehr noch: Sie sah sich mit einem Legitimationsproblem konfrontiert. Denn trotz der formal höheren Hierarchieposition wurde ihr diese Stellung innerhalb der Gruppe nicht zugestanden. Eine Erfahrung, die Frauen in Führungspositionen immer wieder machen. Aber die Hilflosigkeit zu thematisieren, ist für viele Führungsfrauen ein Tabu. Gerade sie, die es an die Spitze geschafft haben, müssen sich doch durchsetzen können.
So fällt das Nein sagen leichter
Machen Sie sich klar, warum Ihnen das Nein sagen schwer fällt. Haben Sie Angst vor Ablehnung, vor Verlust von Sympathien, Retourkutschen? Malen Sie sich die Konsequenzen Ihrer Ablehnung aus: Was kann denn schlimmstenfalls passieren, wenn Sie Nein sagen?
Bevor sie zu etwas Ja oder Nein sagen, denken Sie in Ruhe darüber nach: Haben Sie Zeit, sich um den Hund Ihres Nachbarn zu kümmern? Wen oder was müssen Sie dafür vernachlässigen? Müssen Sie Ihr Hobby vernachlässigen, weil Sie die Abendrunde mit dem Nachbarshund drehen müssen? Wie groß ist der Druck, der Ihnen durch diese zusätzliche Aufgabe entsteht?
Machen Sie sich klar, wem und was Sie Ihre Zeit opfern wollen. Machen Sie nichts, das Ihnen unwichtig erscheint, wenn Sie dafür Ihrer Meinung nach Wichtiges vernachlässigen müssen.
Wenn Sie prinzipiell bereit sind, beispielsweise dem Kollegen beim Umzug zu helfen, bloß nicht den ganzen Tag dafür Zeit haben, sagen Sie das. Setzen Sie zeitliche Grenzen.
Auch in anderen Bereichen gilt: Kommunizieren Sie, was Sie bereit zu tun sind und was nicht.
Sagen Sie nicht: „Ich würde ja sehr gerne, aber mein Partner wird dann wieder sauer...“ oder ähnliches. Sondern sagen Sie klar, dass Sie etwas nicht wollen oder keine Zeit dafür haben.
Das Forum "Oh my Job", auf dem sich Frauen in Führungspositionen über Karriere und Gleichberechtigung in der Arbeitswelt austauschen, nahm Anfang 2015 einen Artikel aus der FAZ zum Anlass, um seine Mitglieder zu ihren Erfahrungen mit Mansplaining zu befragen. Eine Rechtsanwältin etwa berichtete, dass männliche Mandaten immer wieder dazu neigten, ihr das Vorgehen und die Rechtslage zu erklären – und dabei selbst von völlig falschen Fakten überzeugt seien. Eine andere kritisierte das Verhalten der Frauen, die sich nicht wehrten. "Mich nervt das immer ungemein, wenn Frauen so plumpes Interesse heucheln, wenn ihnen mal wieder die Welt erklärt wird."