Mitarbeiter ü50 Alte Hasen werden für Firmen immer wichtiger

Seite 2/2

„Erfahren“ und nicht „alt“

Ältere Menschen haben zwar ein etwas geringeres Risiko, arbeitslos zu werden. Wenn sie ihren Job aber doch verlieren, ist ihre Chance, einen neuen zu finden, gerade mal halb so hoch wie für alle Arbeitslosen. Ihre Arbeitslosenquote ist überdurchschnittlich.

Statt des aktuellsten Fachwissens hätten ältere Mitarbeiter „Erfahrungswissen“, sagt Kast. „Sie wissen um Prozesse und Abläufe in Unternehmen. Sie wissen, an welchen Strukturen muss ich andocken, um Projekte zum Erfolg zu bringen.“ Der Gesetzgeber habe seinen Teil mit Einführung der Flexi-Rente getan. Nun seien die Arbeitgeber gefordert, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass es Älteren Freude mache, länger zu arbeiten. Eigene Gestaltungsmöglichkeiten und Flexibilität spielten hier eine große Rolle. Die Möglichkeiten reichen von Altersteilzeit über Home-Office bis zu Sportangeboten.

Demografie-Tarifvertrag bei der Bahn

Die Deutsche Bahn etwa hat vor vier Jahren einen „Demografie-Tarifvertrag“ geschaffen. Ältere Kollegen mit besonders belastenden Tätigkeiten können ihre Arbeitszeit beispielsweise auf 81 Prozent verringern. Ihr Gehalt wird aber vom Arbeitgeber auf 90 Prozent aufgestockt. Das Modell ist laut der Bahn extrem erfolgreich: Seit Ende 2015 habe sich die Zahl der Mitarbeiter, die die besondere Teilzeit im Alter nutzen, verdreifacht - von 504 auf 1500.

Auch Lokführer Martin Seibert aus Amberg in der Oberpfalz hat seine Arbeitszeit vor vier Jahren auf 80 Prozent reduziert. „Das war ohne Probleme möglich“, sagt der 64-Jährige. Wenn er irgendwann in Ruhestand geht, würde er „weiter machen, solange man mich brauchen kann“, sagt Seibert. Ein wenig Arbeit gehöre für ihn zum Leben dazu. „In der Generation über 50 stecken unwahrscheinliche Potenziale, die von vielen Unternehmen nicht genutzt werden“, meint er.

Auch DB-Personalvorstand Ulrich Weber sagt: „Ältere Mitarbeiter haben sich im Laufe ihres Arbeitslebens ein enormes Fachwissen und eine langjährige Berufserfahrung angeeignet.“ Von den neu eingestellten Mitarbeitern im vergangenen Jahr sei mehr als jeder Zehnte älter als 50 gewesen. „Zu alt“ gebe es nicht.

Altersgerechte Arbeitsplätze

Auch kleinere Arbeitgeber lassen sich inzwischen einiges einfallen, um im Wettbewerb um Arbeitskräfte attraktiv zu sein. Der Antriebshersteller Bühler Motor mit Hauptsitz in Nürnberg etwa hat für alle Mitarbeiter höhenverstellbare Arbeitstisch angeschafft und große Computerbildschirme. Und auf langen Flügen werden stets Sitze mit etwas mehr Beinfreiheit gebucht, wie Geschäftsführer Peter Muhr berichtet. Oft gehe es bei Verbesserungen nur um Kleinigkeiten. „In der Fertigung wurden für die einzelnen Arbeitsplätze Übungen entwickelt, die die Kollegen während der Arbeit machen können.“

Und der Autozulieferer ZF am Standort Schweinfurt hat sich in einem Projekt um eine altersgerechte Arbeitsgestaltung in Montage und Logistik bemüht. Es wurde zudem ein System entwickelt, das die ergonomische Belastung an allen Arbeitsplätzen erfasst und dem Werksarzt zeigt. Daten zu Fehlzeiten, Altersstruktur und Mehrarbeit werden erfasst und Führungskräften sowie Betriebsrat zur Verfügung gestellt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%