Richtig ist, dass technische Innovationen unsere Arbeit sehr viel schneller und auch leichter machen. Christian Montag, Heisenberg-Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm, hat mehr als 2.000 Personen bei ihrem Medienverhalten am Arbeitsplatz getrackt und dabei herausgefunden, dass uns die Geräte, die wir nutzen, deutlich produktiver machen. „Wir können schneller kommunizieren und Dinge vergleichen“, sagt er auf der Messe Zukunft Personal. Aber: „Es gibt einen Scheitelpunkt, ab dem eine zu intensive Nutzung in Unproduktivität umkippt.“
Mitarbeiter würden zu oft unterbrochen – und zwar nicht nur durch E-Mails. Knapp drei Stunden am Tag, alle 18 Minuten, nutzten Arbeitnehmer ihre mobilen Geräte. 20 Prozent dieser Zeit verbrächten sie mit Whats-App, zehn Prozent mit Facebook.
Flache Hierarchien sorgen für Machtkämpfe
Auch beim Führungsstil gibt es Änderungen, die positive und negative Seiten haben: Mitarbeiter sind nicht mehr nur die Hamster im Rädchen, sie sind geschätzter Teil des Ganzen. Oder wie Wolfgang Brnjak, Leiter der Abteilung Compensation, Benefits & Pension Services bei der Deutschen Telekom, sagte: „Von uns wird erwartet, dass wir die Mitarbeiter einbinden. Wenn sie das Gefühl haben, dass sie etwas mitgestalten, kommen sie gern zur Arbeit.“ Neue Mitarbeiter brauchten eben auch neue Vorgesetzte und einen neuen Führungsstil.
Was gute Führung ausmacht
Laut einer Umfrage der "Initiative Neue Qualität der Arbeit" unter 400 Führungskräften sind Flexibilität und Diversität sind weitgehend akzeptierte Erfolgsfaktoren. Das Arbeiten in beweglichen Führungsstrukturen, mit individueller Zeiteinteilung und in wechselnden Teamkonstellationen ist aus Sicht der meisten Führungskräfte bereits auf einem guten Weg. Die Idee der Förderung von Unterschiedlichkeit ist demnach in den Unternehmen angekommen und wird umgesetzt. Die Beiträge zur Führungskultur gerade aus weiblichen Erfahrungswelten werden äußerst positiv bewertet.
Prozesskompetenz ist für alle das aktuell wichtigste Entwicklungsziel. 100 Prozent der interviewten Führungskräfte halten die Fähigkeit zur professionellen Gestaltung ergebnisoffener Prozesse für eine Schlüsselkompetenz. Angesichts instabiler Marktdynamik, abnehmender Vorhersagbarkeit und überraschender Hypes erscheint ein schrittweises Vortasten Erfolg versprechender als die Ausrichtung des Handelns an Planungen, deren Verfallsdatum ungewiss ist.
Selbst organisierende Netzwerke sind das favorisierte Zukunftsmodell. Die meisten Führungskräfte sind sich sicher, dass die Organisation in Netzwerkstrukturen am besten geeignet ist, um die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt zu bewältigen. Mit der kollektiven Intelligenz selbst organisierender Netzwerke verbinden diese Führungskräfte die Hoffnung auf mehr kreative Impulse, höhere Innovationskraft, Beschleunigung der Prozesse und Verringerung von Komplexität.
Hierarchisch steuerndem Management wird mehrheitlich eine Absage erteilt. Die meisten Führungskräfte stimmen darin überein, dass Steuerung und Regelung angesichts der Komplexität und Dynamik der zukünftigen Arbeitswelt nicht mehr angemessen sind. Zunehmende Volatilität und abnehmende Planbarkeit verringern die Tauglichkeit ergebnissichernder Managementwerkzeuge wie Zielemanagement und Controlling. Überwiegend wird die klassische Linienhierarchie klar abgelehnt und geradezu zum Gegenentwurf von „guter Führung“ stilisiert.
Kooperationsfähigkeit hat Vorrang vor alleiniger Renditefixierung. Über die Hälfte der interviewten Führungskräfte geht davon aus, dass traditionelle Wettbewerbsstrategien die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben und das Prinzip Kooperation weiter an Bedeutung gewinnt. Nur noch 29,25 Prozent der Führungskräfte präferieren ein effizienzorientiertes und auf die Maximierung von Profiten ausgerichtetes Management als ihr persönliches Idealmodell von Führung.
Persönliches Coaching ist ein unverzichtbares Werkzeug für Führung. Mit dem Übergang zur Netzwerkorganisation schwindet der selbstverständliche Schonraum hierarchischer Strukturen. Die Durchsetzung eigener Vorstellungen über Anweisung werde immer schwieriger oder sei gar nicht mehr möglich. Mächtig ist nur, was auf Resonanz trifft. Einfühlungsvermögen und Einsichtsfähigkeit werden dadurch immer wichtiger. Alle Akteure, ob nun Führungskraft oder geführte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bräuchten im Unternehmen mehr Reflexion und intensive Entwicklungsbegleitung.
Motivation wird an Selbstbestimmung und Wertschätzung gekoppelt. Die Führungskräfte gehen davon aus, dass die motivierende Wirkung von Gehalt und anderen materiellen Anreizen tendenziell abnimmt. Persönliches Engagement wird mehr mit Wertschätzung, Entscheidungsfreiräumen und Eigenverantwortung assoziiert. Autonomie werde wichtiger als Statussymbole und der wahrgenommene Sinnzusammenhang einer Tätigkeit bestimme den Grad der Einsatzbereitschaft.
Gesellschaftliche Themen rücken in den Fokus der Aufmerksamkeit. In der intuitiven Schwerpunktsetzung der Führungskräfte nimmt die Stakeholder-Perspektive des Ausgleichs der Ansprüche und Interessen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen einen wachsenden Raum ein. Über 15 Prozent aller frei genannten Beschreibungen im Führungskontext beschäftigen sich mit Fragen der gesellschaftlichen Solidarität und der sozialen Verantwortung von Unternehmen.
Das Stichwort in dieser Diskussion: „Flache Hierarchien“. Keiner ist so richtig Chef, alle sind gleichberechtigt, jeder bekommt Verantwortung für sein Tun und niemand verteilt herrisch Dienstanweisungen. Das fordere vor allem die junge Generation. Zumindest, so lange alles nach Plan läuft. „Wenn Prozesse schief laufen und Fehler gemacht werden, dann ist es oftmals mit der Verantwortung nicht mehr so weit her“, erzählte Diplom-Psychologe Thomas Moldzio.
Kühl sagt, dass beispielsweise Start-ups flache Hierarchien brauchen, „um Mitarbeiter bei Laune zu halten“, da in der Anfangsphase eines Unternehmens in der Regel die Gehälter nicht so üppig sind. Man müsse sich jedoch immer im Klaren sein, dass eine weniger Hierarchien zu mehr Machtkämpfen führen, so der Soziologe.
Mit wem wir uns im Beruf am häufigsten streiten
Je mehr ein Mensch mit einem anderen zu tun hat, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie aneinander geraten. Entsprechend gaben 37 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage "Streit - erfolgreich oder folgenreich" der IHK Frankfurt an, sich häufig mit Kollegen beziehungsweise Mitarbeitern zu streiten.
Mehr als ein Drittel gab an, sich häufig mit Führungskräften zu streiten.
Ein Viertel sagte, dass sie häufig mit der Geschäftsleitung aneinander geraten.
23 Prozent streiten sich häufig mit Kunden.
Bei 14 Prozent sind Zulieferer ein häufiger Streitgrund und -partner.
Elf Prozent streiten sich häufig mit Behörden, mit denen sie beruflich zu tun haben.
Jeweils sieben Prozent gaben an, sich mit Gesellschaftern beziehungsweise Kooperationspartnern in die Haare zu kriegen.
Nur drei Prozent geraten häufig mit Kapitalgebern und Banken aneinander.
Außerdem sei auch in einem Unternehmen mit flachen Hierarchien allen klar, an wen man sich halten muss, um mehr Geld oder Prestige zu bekommen. So werde selbst ohne sichtbare Abgrenzungen nach oben gebuckelt und nach unten getreten.