Doch die Arbeitnehmer sind nicht besser. Auch sie reagieren aus enttäuschter Liebe zum Chef und zur Firma häufig harsch. Auch sie überfrachten den Job mit Ansprüchen, die in der Summe kaum zu erfüllen sind: Die Arbeit soll Sinn stiften, Glück verheißen und der eigenen Persönlichkeit Bedeutung verleihen. Außerdem soll es im Unternehmen zugehen wie in einer schrecklich netten Familie.
Die Schuld an der Beziehungskrise, da sind sich beide Seiten einig, trägt stets der andere. Besser als gegenseitige Vorwürfe wäre allerdings gegenseitige Wertschätzung.
Denn wo die Wertschätzung fehlt, geht auch die Wertschöpfung verloren. Enttäuschte Arbeitnehmer verursachten hierzulande einen Schaden von über hundert Milliarden Euro im Jahr, schätzt der Gallup-Studienleiter Marco Nink auf Basis seiner Untersuchungen. Der Schaden drücke sich ganz unterschiedlich aus: in höheren Fehlzeiten, lustlosem Auftreten gegenüber Kunden, geringerer Sorgfalt und mangelnder Initiative. In der harten Münze der Ökonomen sei das enttäuschte Arbeiten sogar schädlicher als die Folgen des Missbrauchs von Nikotin und Alkohol zusammen.
Es macht die Sache nicht besser, dass gerade demotivierte Mitarbeiter häufig bei ihrer Firma ausharren, und sei es nur des Geldes wegen. Im Schnitt bleiben die Bundesbürger knapp elf Jahre bei einem Arbeitgeber – Zeit, in der sich viel Frust aufstauen kann, der sich manchmal spektakulär entlädt. Dann gehen anonyme Briefe voller Anschuldigungen und Gerüchte bei Polizei und Presse ein. Oder der Angriff erfolgt frontal: So postete der Mitarbeiter eines Burger-King-Restaurants im US-Bundesstaat Ohio ein Foto im Netz – es zeigt ihn, wie er mit Straßenschuhen in Behältern mit frischem Grünzeug steht. "Dies ist der Salat, den ihr bei Burger King esst!", war sein Kommentar. Der Mitarbeiter wurde gefeuert, doch da ging das Foto längst um die Welt.
Hierzulande rächt man sich eher still. Im Betrieb ausharrende Null-Bock-Kollegen gefährden die Innovationsfähigkeit jeder Firma. Laut Gallup haben mehr als die Hälfte der Gefrusteten im vergangenen Jahr keine einzige Idee in ihre Firma eingebracht. Nicht einmal den allerkleinsten Verbesserungsvorschlag. Auch krankzufeiern scheint ihnen weniger auszumachen. Als Gallup die Arbeitnehmer fragte, wie oft sie sich im vergangenen Jahr ihrer Meinung nach krankgemeldet hätten, gaben die Engagierten im Schnitt 4,1 Tage an. Die Demotivierten dagegen sagten, sie hätten 7,2 Tage gefehlt. Der Unterschied ist beträchtlich – noch dazu liegen beide Gruppen in ihrer Selbsteinschätzung objektiv falsch: Nach Recherchen der Techniker Krankenkasse waren deutsche Beschäftigte im vergangenen Jahr nämlich durchschnittlich 14,7 Tage krank. So viel wie seit 14 Jahren nicht mehr.
Zucker für die Mitarbeiter
Zufriedene Angestellte sind gute Angestellte, das erkannte man bei IBM schon 1957 und begann als erster Konzern, systematisch die Zufriedenheit der Angestellten zu messen, um sie gezielt zu steigern. Seither wechseln weltweit Methoden und Rezepte, um Arbeitnehmer bei Laune zu halten.