Dabei seien die langfristigen Folgen ungünstiger Arbeitsbedingungen immens, wenn auch schwer greifbar, argumentiert Friedman: Schlechte Büros lassen nicht nur Mitarbeiter leiden. Sie gefährden mitunter auch die Produktivität des gesamten Unternehmens. Sitzen Beschäftigte zum Beispiel in Großraumbüros zusammen, unterbrechen sie sich gegenseitig ungewollt bei ihren Aufgaben – etwa durch Telefonate oder Rückfragen.
Diese eigentlich harmlosen Störungen zeigen Wirkung: Bis zu 23 Minuten dauert es nach einer ungeplanten Unterbrechung, bis wir uns wieder voll auf die ursprüngliche Aufgabe konzentrieren. Das behauptet zumindest Gloria Mark, Professorin an der Universität von Kalifornien in Irvine. 588 Millionen Dollar verliere die amerikanische Wirtschaft jedes Jahr durch diese Störungen am Arbeitsplatz, hat die Technologiefirma Basex vor einigen Jahren errechnet.
Großraumbüros machen konzentriertes Arbeiten unmöglich
Das Verständnis für die Probleme sei seitens der Unternehmen dennoch erstaunlich gering, beobachtet auch Riklef Rambow, Architekturpsychologe am Karlsruher Institut für Technologie. Viele Manager, die selbst in Einzelbüros sitzen, glaubten oft, es sei nur eine Frage der Disziplin, im Teambüro zu arbeiten: „Dabei zeigen Studien, dass es einfach unmöglich ist, unter solchen Bedingungen hoch konzentriert zu arbeiten.“
Trotzdem bevorzugen Planer und Manager gleichermaßen die weiten Büroflächen, sehen darin ein Symbol für Aufgeschlossenheit und einen Garanten für Kreativität. In der Praxis bewirken sie genau das Gegenteil.
Studien belegen: Viele Menschen fühlen sich in offenen Räumen unwohl – beobachtet, kontrolliert, im Extremfall ängstlich.
Für den Psychologen Friedman ist das ein Erbe unserer Urahnen: Als Nachkommen der Jäger und Sammler ist uns in offenen Flächen unbehaglich, wir suchen automatisch Schutz und Rückendeckung. Entsprechend lausig fühlen wir uns, wenn wir auf Wände starren.
Wer am Fenster sitzt, arbeitet am effektivsten
Die Folgen schlagen sich messbar in unserer Leistung nieder: Callcenter-Mitarbeiter etwa können ihren Sitzplatz in der Regel täglich neu wählen. Im Schnitt sind es aber immer dieselben Plätze, auf denen sie ihre Aufgaben am effektivsten bearbeiten: nämlich jene Schreibtische am Fenster, an denen sie ihren Blick auch einmal schweifen lassen können. Laut einer Studie der kalifornischen Energiekommission erwirtschaften die Mitarbeiter hier im Schnitt 3000 Dollar mehr pro Jahr.
So bringen Sie mehr Bewegung in Ihren Büroalltag
Nicht der kürzeste Weg im Gebäude ist der beste, sondern der längste. Das verschafft Ihnen Bewegung und nebenbei stärkt es sozialen Zusammenhalt und Wissensaustausch, wenn auf dem Weg auch in anderen Abteilungen vorbeigeschaut wird.
Nehmen Sie die Treppe und nicht den Aufzug. Treppensteigen bringt Muskulatur und Kreislauf in Schwung.
Ordnen Sie Ihre Arbeitsmittel so an, dass Sie ab und zu aufstehen müssen: das Telefon nicht auf dem Tisch, sondern auf dem Sideboard; der Papierkorb nicht unter dem Tisch, sondern entfernt in der Raumecke.
Verwandeln Sie Sitzungen in Steh-Meetings. Das führt nebenbei auch zu deutlich intensiverer Beteiligung, kürzeren Meetingzeiten und höherer Effizienz.
Das Prinzip wechselnder Arbeitsplätze offenbart allerdings zugleich ein zentrales Problem der Bürogestaltung: Mitarbeitern fehlt dort die Chance, sich tatsächlich mit ihrem Unternehmen zu identifizieren. „Menschen haben immer das Bedürfnis, sich einen Raum anzueignen“, sagt Architekturpsychologe Rambow. „Deshalb möchten sie auch ihr Büro oder ihren Schreibtisch gewissermaßen zu ihrem eigenen Territorium erklären.“
Die Landnahme in der Arbeitswelt kann dabei ganz unterschiedlich aussehen. Dem einen reicht das Familienbild auf dem Schreibtisch oder das Maskottchen auf dem Computerbildschirm, der andere rollt seinen Gymnastikball als Stuhlersatz ins Büro.
Kluge Manager sollten diese Marotten zulassen: Nur wenn ein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz mit seiner Persönlichkeit besetzen kann, bindet er sich auch emotional an ihn. Umgekehrt deuten anonyme Schreibtische Untersuchungen zufolge daraufhin, wie unwohl ein Mitarbeiter sich fühlt.
Einige Firmen gehen deshalb mittlerweile dazu über, ihren Mitarbeitern ein Budget zur Verfügung zu stellen, das sie zur individuellen Gestaltung ihres Arbeitsplatzes nutzen können. Der Erfolg ist immens, ersten Studien zufolge sind diese Beschäftigten um bis zu 32 Prozent produktiver.