Motivation Wie das Büro unsere Leistung beeinflusst

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Enge Büros gefährden die Produktivität

Dabei seien die langfristigen Folgen ungünstiger Arbeitsbedingungen immens, wenn auch schwer greifbar, argumentiert Friedman: Schlechte Büros lassen nicht nur Mitarbeiter leiden. Sie gefährden mitunter auch die Produktivität des gesamten Unternehmens. Sitzen Beschäftigte zum Beispiel in Großraumbüros zusammen, unterbrechen sie sich gegenseitig ungewollt bei ihren Aufgaben – etwa durch Telefonate oder Rückfragen.

Diese eigentlich harmlosen Störungen zeigen Wirkung: Bis zu 23 Minuten dauert es nach einer ungeplanten Unterbrechung, bis wir uns wieder voll auf die ursprüngliche Aufgabe konzentrieren. Das behauptet zumindest Gloria Mark, Professorin an der Universität von Kalifornien in Irvine. 588 Millionen Dollar verliere die amerikanische Wirtschaft jedes Jahr durch diese Störungen am Arbeitsplatz, hat die Technologiefirma Basex vor einigen Jahren errechnet.

So gelingt das Zusammenleben im Großraumbüro
Nach Funktionen zusammen sitzenMenschen sollten im Großraumbüro nach Funktionen zusammen sitzen. So können sie sich gut austauschen und werden weniger durch die Arbeit der anderen abgelenkt – schließlich arbeiten ohnehin alle gleich. Quelle: ZB
Handys lautlos schaltenJe mehr Smartphones im Großraumbüro singen, piepsen und brummen, desto nerviger wird die Zusammenarbeit. Daher sollte jeder sein Handy lautlos stellen. Quelle: AP
Gegenseitige AkzeptanzMuss man sich im klassischen Einzelbüro den Raum - wenn überhaupt - mit einer Person teilen, sitzen Menschen in Großraumbüro zu zehnt oder mehr zusammen. Verschiedene Charaktere mit verschiedenen Einstellungen, Erwartungen und Marotten treffen hier aufeinander. Das kann zu Konfliktpotenzial führen. Also gilt es, sich gegenseitig zu akzeptieren.   Quelle: dpa
Offene AussprachenWenn jemanden etwas stört, dann sollte er das auch kundtun. Sein Ärgernis über das laute Tippen des Sitznachbarn oder die ewig schlechten Witze des Hintermanns runterzuschlucken, führt nur zu mehr Verärgerung – und verschlechtert das Betriebsklima. Also gilt es, sich einfach locker, freundlich und unvermittelt auszusprechen: „Kannst du bitte ein wenig leiser tippen?“ oder „Kannst du etwas leiser sprechen?“ wirken mehr als, wenn irgendwann die angestaute Wut motzend aus einem herausbricht. Quelle: Fotolia
Distanz haltenJeder Mensch hat eine Intimzone von etwa 50 Zentimetern. Und die sollten Kollegen einhalten, auch wenn es im Großraumbüro schnell eng werden kann. Was für den einen eine angenehme Nähe ist, kann dem anderen schließlich schon zu nah sein. Quelle: Fotolia
Auf die Worte achtenAußer vielen Kollegen finden sich in Großraumbüros auch immer doppelt so viele Ohren. Und nicht jedes Ohr muss gleich jede Intimität oder Privatsache mitbekommen. Daher sollte man auf seine Worte achten und private Gespräche lieber draußen abhalten. Quelle: dpa
Riechendes Essen verbannenEin Großraumbüro, viele Geschmäcker. Wenn Chinabox, Dönertasche und Pizza mit Knofi aufeinander treffen, sorgt das für eine Atmosphäre, in der sich niemand wohlfühlt. Um Gerüche, die sich in Möbeln und Kleidern festsetzen, zu vermeiden – sowie die  Konflikte die dadurch entstehen, weil manche Kollegen gewisse Düfte nicht ertragen können oder wollen, sollten Chefs geruchsintensive Gerichte im Großraumbüro verbieten. Quelle: dpa

Großraumbüros machen konzentriertes Arbeiten unmöglich

Das Verständnis für die Probleme sei seitens der Unternehmen dennoch erstaunlich gering, beobachtet auch Riklef Rambow, Architekturpsychologe am Karlsruher Institut für Technologie. Viele Manager, die selbst in Einzelbüros sitzen, glaubten oft, es sei nur eine Frage der Disziplin, im Teambüro zu arbeiten: „Dabei zeigen Studien, dass es einfach unmöglich ist, unter solchen Bedingungen hoch konzentriert zu arbeiten.“

Trotzdem bevorzugen Planer und Manager gleichermaßen die weiten Büroflächen, sehen darin ein Symbol für Aufgeschlossenheit und einen Garanten für Kreativität. In der Praxis bewirken sie genau das Gegenteil.

Studien belegen: Viele Menschen fühlen sich in offenen Räumen unwohl – beobachtet, kontrolliert, im Extremfall ängstlich.

Für den Psychologen Friedman ist das ein Erbe unserer Urahnen: Als Nachkommen der Jäger und Sammler ist uns in offenen Flächen unbehaglich, wir suchen automatisch Schutz und Rückendeckung. Entsprechend lausig fühlen wir uns, wenn wir auf Wände starren.

Wer am Fenster sitzt, arbeitet am effektivsten

Die Folgen schlagen sich messbar in unserer Leistung nieder: Callcenter-Mitarbeiter etwa können ihren Sitzplatz in der Regel täglich neu wählen. Im Schnitt sind es aber immer dieselben Plätze, auf denen sie ihre Aufgaben am effektivsten bearbeiten: nämlich jene Schreibtische am Fenster, an denen sie ihren Blick auch einmal schweifen lassen können. Laut einer Studie der kalifornischen Energiekommission erwirtschaften die Mitarbeiter hier im Schnitt 3000 Dollar mehr pro Jahr.

So bringen Sie mehr Bewegung in Ihren Büroalltag

Das Prinzip wechselnder Arbeitsplätze offenbart allerdings zugleich ein zentrales Problem der Bürogestaltung: Mitarbeitern fehlt dort die Chance, sich tatsächlich mit ihrem Unternehmen zu identifizieren. „Menschen haben immer das Bedürfnis, sich einen Raum anzueignen“, sagt Architekturpsychologe Rambow. „Deshalb möchten sie auch ihr Büro oder ihren Schreibtisch gewissermaßen zu ihrem eigenen Territorium erklären.“

Die Landnahme in der Arbeitswelt kann dabei ganz unterschiedlich aussehen. Dem einen reicht das Familienbild auf dem Schreibtisch oder das Maskottchen auf dem Computerbildschirm, der andere rollt seinen Gymnastikball als Stuhlersatz ins Büro.

Kluge Manager sollten diese Marotten zulassen: Nur wenn ein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz mit seiner Persönlichkeit besetzen kann, bindet er sich auch emotional an ihn. Umgekehrt deuten anonyme Schreibtische Untersuchungen zufolge daraufhin, wie unwohl ein Mitarbeiter sich fühlt.

Einige Firmen gehen deshalb mittlerweile dazu über, ihren Mitarbeitern ein Budget zur Verfügung zu stellen, das sie zur individuellen Gestaltung ihres Arbeitsplatzes nutzen können. Der Erfolg ist immens, ersten Studien zufolge sind diese Beschäftigten um bis zu 32 Prozent produktiver.

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