Personalmanager Hans-Joachim Reck "Frauen müssen mit männlichen Methoden agieren"

Der Verbandschef kommunaler Unternehmen erklärt, warum Frauen in Top-Jobs oft scheitern - und was sie von den Männern lernen können.

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Hans-Joachim Reck Quelle: Werner Schüring für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Herr Reck, in den vergangenen Wochen haben sich mit Elke Strathmann bei Conti, Marion Schick bei der Telekom und Angela Titzrath bei der Post drei Frauen von Vorstandsposten großer Konzerne verabschiedet. Haben diese Frauen versagt?

Hans-Joachim Reck: Es sind nicht die Frauen, die versagen, sondern die Männer – und zwar die, die jetzt mit 55 Jahren aufwärts die Staffelübergabe angehen. Wer einen Top-Job zu vergeben hat und aus der eigenen Branche hinausblickt, sollte unter den letzten drei Kandidaten problemlos eine Frau haben. Da kann sich kein Mann mehr rausreden.

Wie würden Sie das sicherstellen?

Männer sollten begründen müssen, warum sie frei werdende Chefposten nicht mit Frauen besetzen.

Hinterfragen Sie sich selbst: Stimmen diese Klischees über Frauen und Männer im Job?

Weil diverse Studien eigentlich belegen, dass gemischte Teams erfolgreicher sind?

Dass mehr Frauen in die Führungspositionen kommen müssen, ist in der Tat klar. Es ist erwiesen, dass die Qualität der Entscheidungsprozesse steigt, wenn Frauen mit ihren Fähigkeiten – die sich von denen der Männer unterscheiden – in den Gremien mit von der Partie sind.

Trotzdem schaffen weibliche Vorstände nur ein Drittel der Amtszeit ihrer männlichen Kollegen, wie die Beratung Simon Kucher und Partner errechnet hat. Woran liegt das?

Es ist immer das Gleiche: Es heißt, "ach, dann wird das jetzt mal eine Frau, die Vita stimmt ja halbwegs". Und die werden schnell konfrontiert mit Themen, die sie so noch nicht erlebt haben, sehen sich schnell ausgebremst, scheiden frustriert wieder aus oder werden krank.

Zur Person

Oder wollen vielleicht gar keine Führungsaufgaben übernehmen?

Wollen sie schon. Aber es müssen einige Hemmfaktoren beseitigt werden. Frauen – das bestätigt etwa ein Projekt der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg – haben mehr Bedenken als Männer, in Führungspositionen zu versagen, und fürchten, Arbeits- und Familienleben nicht unter einen Hut zu bekommen.

Wie lässt sich das verhindern?

In der Wirtschaft hat es keinen Sinn, einfach irgendeine Ex-Wissenschaftlerin oder Ex-Politikerin anzuheuern. Dann sonnen sich die Männer wegen dieser Alibi-Platzierungen nur in den Medien. Dabei müssten sie den Frauen auch die Chance geben, zu reüssieren. Aber das geschieht nicht. Meist werden die Frauen einfach positioniert und sich dann selbst überlassen.

"Frauen müssen lernen, Intrigen zu erkennen"

Vielleicht muss die eine oder andere Frau einfach lernen, besser zu kämpfen?

Auch wenn sie selbst keine Intrigen spinnen wollen, müssen Frauen zumindest in der Lage sein, diese zu erkennen. Das gehört zur Sozialkompetenz von Führungskräften. Frauen müssen lernen, mit männlichen Methoden zu agieren. Ihre Intellektualität alleine trägt sie in der luftigen Höhe nicht. Sie müssen lernen, in einer nachhaltig vernetzten Welt zu agieren. Und Männer sollten Frauen Zeit geben, sich an diese Spielregeln zu gewöhnen – etwa durch Coaching.

Diese Fehler verbauen Frauen die Karriere
1.  Frauen lassen sich von Stellenanzeigen einschüchternKeine Frage, Bewerber sollten Stellenanzeigen sorgfältig durchlesen. Aber zu viel Sorgfalt schadet eher. Ein Problem, das vor allem Frauen betrifft. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Online-Stellenbörse Jobware. 151 Männer und 79 Frauen lasen darin 150 Stellenanzeigen. Währenddessen wurden ihre Augenbewegungen aufgezeichnet, hinterher bewerteten die Studienleiter ihre Aussagen. Das Ergebnis: Frauen klickten im Schnitt nicht nur auf mehr Jobprofile, die sie auch länger durchlasen. Mehr noch: Sie ließen sich wesentlich stärker von vermeintlich männlichen Stellentiteln und Qualifikationen beeindrucken – und wollten sich gar nicht erst bewerben. Ein Indiz dafür, dass sich Frauen von manchen Anforderungen immer noch zu stark beeindrucken lassen. Ein Problem, das schon früh beginnt... Quelle: Fotolia
2. Schon Mädchen scheuen WettbewerbMatthias Sutter und Daniela Rützler von der Universität Innsbruck untersuchten in einer Studie das Verhalten von mehr als 1000 Kindern im Alter zwischen 3 und 18 Jahren. Sie sollten verschiedene Tests lösen, etwa Wettläufe oder Matheaufgaben. Als Belohnung erhielten sie kleine Geldbeträge. Im Verlauf des Spiels konnten die Kinder dann gegen Gleichaltrige antreten und dabei mehr verdienen. Bei den Jungen entschieden sich 40 Prozent für den Wettkampf unter Gleichaltrigen. Von den Mädchen wollten das nur 19 Prozent wagen. Quelle: Fotolia
3. Frauen unterschätzen ihre LeistungErnesto Reuben von der Columbia Business School gewann für sein Experiment (.pdf ) 134 Studenten. Alle hatten zwei Jahre zuvor verschiedene Aufgaben absolviert, jetzt sollten sie ihre damalige Leistung bewerten. Das Ergebnis: Die Männer überschätzen ihre tatsächliche Leistung um rund 30 Prozent überschätzt, die Frauen hingegen um weniger als 15 Prozent. Im zweiten Schritt teilte Reuben die Teilnehmer in Gruppen. Sie sollten einen Vertreter wählen, der für die Gruppe Geld gewinnen konnte. Das Ergebnis: Weil sie zu ehrlich waren, schafften es weibliche Teilnehmer drei Mal seltener als Männer, die Rolle des Anführers zu übernehmen. Quelle: Fotolia
4. Frauen lassen sich von Klischees beeinflussenMarina Pavlova vom Universitätsklinikum Tübingen reichte für ihre Studie im Jahr 2010 83 Medizinstudenten den Abschnitt eines Intelligenztests. Dabei sollten sie eine Reihe von Bildern in die richtige Reihenfolge zu bringen. Doch vorab gaukelte Pavlova der einen Hälfte der Teilnehmer vor, dass Frauen bei dieser Aufgabe generell besser abschneiden. Die andere Hälfte erfuhr, dass Männer darin bessere Ergebnisse erzielen. Ergebnis: Die Frauen ließen sich von negativen Aussagen viel stärker beeinflussen als Männer. Deren Leistung litt kaum unter der Vorab-Information. Quelle: Fotolia
5. Frauen sind schneller zufriedenDer Soziologe Stefan Liebig von der Universität Bielefeld analysierte für seine Studie (.pdf ) Daten des Sozio-oekonomischen Panels. In dieser Langzeitstudie machen 10.000 Deutsche regelmäßig Angaben zu Ihrem Beruf und Privatleben. Liebig wollte wissen, ob sie ihr aktuelles Einkommen als gerecht empfanden - und falls nein, welches Nettogehalt angemessen wäre. Wenig überraschend: Etwa jeder dritte Befragte fand sein Einkommen ungerecht. Doch das Einkommen, das Frauen als gerecht empfanden, lag noch unter dem tatsächlichen Gehalt von Männern. Egal ob Akademikerin oder Reinigungskräfte: Frauen hatten finanzielle geringere Ansprüche. Quelle: Fotolia
6. Frauen scheuen Jobs mit WettbewerbAndreas Leibbrandt und John List schalten für ihre Untersuchung Stellenanzeigen in neun US-Städten – in zwei verschiedenen Versionen. Die eine Ausschreibung suggerierte, dass das Gehalt nicht verhandelbar sei. Die andere behauptete, dass das Gehalt Verhandlungssache sei. Fazit: Bei letzterer Stelle bewarben sich wesentlich mehr Männer. Offenbar meiden viele Frauen Jobs mit starkem Konkurrenzdenken. Quelle: Fotolia
Ein Mann hält einen Zettel mit der Aufschrift "Job gefällig?" in der Hand Quelle: dpa

Glauben Sie im Ernst, dass jemand wie die Schwedin Eva-Lotta Sjöstedt sich mit passenden Trainings gegen den Karstadt-Inhaber Berggruen durchgesetzt hätte?

Frau Sjöstedt ist ja auch kein Beispiel dafür, dass Frauen es nicht packen können – im Gegenteil. Mir imponiert die Haltung der Karstadt-Managerin, die ihren Job ja aus eigenen Stücken hingeworfen hat. Sie hat in ihrem bisherigen Berufsleben gezeigt, dass sie gut ist, und jetzt zeigt sie Unabhängigkeit. Wenn man dann zu dem Ergebnis kommt, es passt nicht, und aussteigt, ist das konsequent und hat Vorbildcharakter.

An wem sollen sich andere Frauen Ihrer Meinung nach noch orientieren?

Nehmen Sie nur Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Sie agieren beide sehr rational und arbeiten ihre Punkte systematisch ab. Die haben jede für sich die Männerdomänen um sich herum geknackt – und achten darauf, dass in ihrem Umfeld auch andere Frauen Chancen bekommen.

An wen denken Sie?

Etwa an die frühere McKinsey-Beraterin Katrin Suder, die von der Leyen der gesamten Generalität als Rüstungsstaatssekretärin vorgesetzt hat. Damit sind die alten männlichen Seilschaften empfindlich gestört.

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