Politiker A.D. Abgewählt und arbeitslos

Ein Sitz im Bundestag garantiert keine Karriere –im Gegenteil. Einer neuen Umfrage zufolge sind 15 Prozent der ehemaligen Bundestagsabgeordneten noch arbeitslos.

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Berufliche Perspektiven für Ex-Abgeordnete
Die Fünfzig gerade überschritten und noch nie in einem Unternehmen gearbeitet: Wäre Dirk Niebel in den Neunzigerjahren jemand mit einem solchen Lebenslauf untergekommen, er hätte ihn vermutlich eher früher als später in die Kartei "Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen" einsortiert. Heute steht der ehemalige Jobvermittler und Noch-Entwicklungshilfeminister selbst vor diesem Problem: Er braucht einen Job - mit eben diesem Profil. Als Minister und Abgeordneter hat er ausgedient, aber bis zum offiziellen Rentenalter noch mehr als anderthalb Jahrzehnte vor sich. "Ein B-Kandidat", sagt der Frankfurter Personalvermittler Heiner Fischer. "Für Niebel sind die fetten Jahre vorbei." Der 45-Jährige ist Partner der auf Top-Managementpositionen spezialisierten Personalvermittlung Herbold Fischer Associates und hat für die WirtschaftsWoche die Lebensläufe der rund 200 Abgeordneten durchforstet, die nicht mehr im neuen Bundestag vertreten sein werden: Welche Ausbildung haben sie durchlaufen? Wie viel berufliche Praxis haben sie gesammelt, bevor sie zum Berufspolitiker mutierten? Wo könnten sie unterkommen? Und wie viel könnten sie verdienen? "Am schwersten wird es bei denen, die fast ihr ganzes Leben als Politiker gearbeitet haben", sagt Personalberater Fischer. "Die haben ja nie was Solides gelernt." Quelle: dapd
Dirk Niebel Quelle: dpa
Philipp Rösler Quelle: REUTERS
Guido Westerwelle Quelle: AP
Astrid Klug Quelle: Deutscher Bundestag Photothek Thomas Trutschel
Anton Schaaf Quelle: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde
Gabriele Groneberg Quelle: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde

Natürlich: Viele Abgeordneten fallen erst einmal weich. FDP-Mann Rainer Brüderle, 68, oder Franz Müntefering, 73, konnten sich nach der Bundestagswahl im September auf ihre Pension freuen. Je nach Dauer der Amtszeit haben sie Anspruch auf bis zu 4836 Euro monatliches Ruhegeld.

Doch damit sind sie nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Knapp 15 Prozent der Parlamentarier außer Dienst sind aktuell arbeitslos. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt eine aktuelle Studie der Personalberatung Kienbaum.

Insgesamt schieden nach der Bundestagswahl 217 Abgeordnete aus dem Parlament. 47 von ihnen nahmen nun anonym an der Kienbaum-Umfrage teil.

Bundestag lohnt sich nicht immer

40 Prozent sind inzwischen freiberuflich oder selbstständig tätig. So richtig einträglich scheint das Geschäft aber nicht zu laufen. Jeder Fünfte der 2013 ausgeschiedenen Parlamentarier verdient im Jahr weniger als 30.000 Euro brutto. Und die Zeit im Bundestag scheint sich finanziell nicht zu lohnen:

Weniger als Drittel verdient im Jahr mehr als 100.000 Euro und damit mehr als ein normaler Bundestagsabgeordneter. Nur 30 Prozent verdienen jetzt überhaupt mehr als zu ihrer Zeit als Abgeordnete. 20 Prozent bekommen sogar weniger als 30.000 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Der Durchschnittsbruttolohn für Vollzeitbeschäftigte lag in Deutschlang in 2013 bei etwa 40.000 Euro

„Die Zeit im Bundestag ist nicht grundsätzlich ein Karriere-Beschleuniger“, sagt Thorsten Alsleben, Hauptstadt-Repräsentant von Kienbaum, „für viele Ex-Abgeordnete ist sie sogar das Gegenteil.“

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