Haben Sie sich schon mal acht Stunden am Stück gelangweilt? Es gibt nichts schlimmeres als Zeit, die dahin schleicht! Ohne Spaß bei der Arbeit wird der Alltag zäh. Wenigstens ein bisschen Spaß muss sein. Allzu schnell fühlt man sonst wie der französische Schauspieler Kad Merad, wie er mit hängenden Schultern hinter seinem Schreibtisch sitzt und alle paar Minuten zur Wanduhr schaut. Die Minuten kriechen dahin, als er in der Rolle des Postfilialen-Leiters Phillipe in dem Kinohit „Willkommen bei den Sch’tis“ seinen Dienst im Nord-Pas-de-Calais antritt. In seinem gequälten Blick liegt der ganze Horror vor der Arbeit im Norden, in den man ihn zwangsversetzt hat.
Jeder kennt das Gefühl, wenn der Alltag so langweilig, so öde, so uninspirierend ist, dass die Zeit einfach nicht vergehen will. Sie zieht sich lang, wie das Kaugummi am Finger eines Teenagers, der sich durch eine Chemiestunde quält, obwohl Geschichte doch viel mehr Freude gemacht hätte.
Wer in so einem Job gefangen ist, lebt für die kurzen Wochenenden und die Urlaubstage, die nur beim Angeln, Lesen und Feiern dahinfliegen. Im Vergleich wollen die langen Arbeitstage im klimatisierten Großraumbüro zwischen schlechtem Automatenkaffee und kilometerlangen ToDo-Listen kein Ende nehmen.
Grund für dieses merkwürdige Zeitgefühl ist kein einzelnes Organ im menschlichen Körper. Psychologen zufolge ist es vielmehr ein individuelles Konstrukt aus der emotionalen Bewertung dessen, was gerade passiert. Damit die Bürozeit schnell vergeht, muss Arbeit also Spaß machen. Daran führt kein Weg vorbei.
Dabei ist der Begriff „Spaß“ allerdings so eine Sache. Was Freude macht, ist ganz sicher individuell. Verknappt lassen sich aber zwei Varianten ausmachen:
Die eigentliche Aufgabe muss Spaß machen: Wer heute berufstätig ist wünscht sich eine Aufgabe, die Sinn macht, bei der Verantwortung übernommen wird. Eine Tätigkeit, die Freiraum für Gestaltung und Kreativität lässt. Ein Job, der die Gehirnzellen herausfordert – ohne zu großen Druck oder cholerische Anfälle vom Chef. Unter diesen Voraussetzungen kann Arbeit auch trotz Überstunden Spaß machen!
Die Atmosphäre am Arbeitsplatz muss stimmen: Anderen Arbeitnehmer ist die eigentliche Aufgabe weniger wichtig, Hauptsache die Stimmung stimmt. Acht Stunden am Tag Schrauben ineinander drehen, kann große Freude bereiten, so lange Spaßvogel Müller auf der anderen Seite des Fließbandes einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Am Ende ist der Job dann nur ein Job, der Arbeiter ein Rädchen in einer großen Maschinerie, entfremdet von dem was er tut. Da ist die Sinnhaftigkeit der Arbeit weniger wichtig und die Atmosphäre am Arbeitsplatz entscheidender. Wer so einen Job hat, wird sich kaum mit seiner eigentlichen Tätigkeit identifizieren und nach Feierabend problemlos abschalten können. Das hat definitiv seine Vorteile.
Wer hat es schon immer lustig?
Zusammengefasst ist also mit seinem Job zufrieden, wer entweder die perfekte Aufgabe hat oder wer sich gut von der Arbeit abgrenzen kann. Aber: Wer hat beziehungsweise kann das schon?
Vor allem die Abgrenzung wird immer schwieriger. Heutzutage lassen sich Arbeit und Freizeit nur schwer voneinander trennen. Automatisierung, Robotertechnik, Industrie 4.0 – der technologische Fortschritt hat ebenso wie die Globalisierung das Industrie- und Arbeiterland Deutschland zu einer Dienstleistungsnation gemacht. Heute stellt VW Autos her, die an die Wünsche des Kunden angepasst sind. Ganz ähnlich sieht es in anderen Branchen aus. Planbare Massenproduktionen mit regelmäßigen Logistikketten werden immer schwieriger.
Wer am Markt bestehen will, muss schnell und flexibel auf Kundenwünsche reagieren. Die Arbeit muss gemacht werden, wenn sie anfällt. Ein 9-5-Job sowie eine klar planbare Freizeit sind unter diesen Umständen kaum noch möglich!
Bei Stress macht Arbeit keinen Spaß
Das Resultat dieser Entwicklung ist bekannt: Am Wochenende, an Feiertagen und im Urlaub werfen immer mehr Arbeitnehmer einen Blick auf die dienstlichen Emails. Zeitlich sind sie jederzeit für den Arbeitgeber erreichbar und sitzen zu Stoßzeiten auch gerne bis 22 Uhr im Büro. Die Arbeit muss ja schließlich gemacht werden.
In einigen Branchen – zum Beispiel in Werbe- und PR-Agenturen – verschärfen zu viele Aufträge für zu wenig Personal das Problem. Der Stress für den einzelnen wird zum Dauerzustand. Die Gesellschaftskrankheit „Burnout“ ist nicht umsonst ein modernes Phänomen, unter dem immer mehr Menschen leiden. Spaß hat unter diesen Umständen ganz sicher niemand.
Wir müssen auf uns selbst aufpassen
Die Chemnitzer G. Günther Soziologen Voß und Hans J. Pongratz haben diese Tendenz am Arbeitsmarkt schon Ende der 90er Jahre prognostiziert und den Begriff des Arbeitskraftunternehmers geprägt. Sie beschreiben damit einen neuen Arbeitstypus, der gezwungen ist, mit seiner eigenen Arbeitskraft wie ein Unternehmer umzugehen. Konkret: Junge Arbeitnehmer nehmen nicht mehr nur noch klar abgegrenzte Arbeit gegen ein Gehalt an. Sie müssen ihre Arbeitskraft regelrecht vermarkten und selbständig organisieren - beziehungsweise rationalisieren.
Verstärkte Selbstkontrolle ist damit zu einem wesentlichen Merkmal von modernen Arbeitskräften geworden.
Weniger Kontrolle, mehr Freiheit am Arbeitsplatz? Das klingt gut, doch die Kehrseite liegt auf der Hand. Je ergebnis- und makroorientierter die vom Arbeitgeber vorgegebenen Ziele für Beschäftigte werden, desto besser müssen sie sich und ihren Arbeitsalltag organisieren – nicht zuletzt, um auf sich selbst und ihre Gesundheit zu achten.
Konsequent und richtig macht das die vielbeschriebene Generation Y. Nicht selten wird ihr Faulheit oder Trägheit vorgeworfen. Dabei hat sie besser als die ebenso oft gescholtene, sich ausbeuten lassende Generation Praktikum verstanden, dass man nur einmal lebt. YOLO – you only live once ist ihr Motto. Das Leben und die Zeit optimal nutzen, ist ihr erklärtes Ziel. Die Sinnhaftigkeit einer Tätigkeit steht dabei an erster Stelle, verbunden mit dem Wunsch, Privat- und Arbeitsleben gut miteinander vereinen zu können.
Dabei geht es nicht darum, wenig zu arbeiten! Es geht um die Möglichkeit, das eigene Leben auf den Druck am Arbeitsmarkt anpassen zu können. Kaum jemand, der Forderungen an seine Arbeit und sein Leben stellt, will sich um Aufgaben herum drücken. Gerade junge Arbeitnehmer, Berufseinsteiger am Anfang ihrer Karriere wollen einen guten Job machen - ohne dabei körperlich wie seelisch im Zuge einer 60-Stunden-Woche vor die Hunde zu gehen.
Denn immer mehr jungen Menschen ist bewusst, dass sie vermutlich nie eine gutbezahlte Rentenzeit erleben werden. Sie werden – sofern nicht ausreichend privat vorgesorgt wird – so lange arbeiten müssen, wie der Körper mitmacht. Der Generationenvertrag versagt, das ist beim Blick auf demographische Statistiken seit Jahrzehnten absehbar. Wer durchhalten will, muss haushalten und für sich selbst und seine Gesundheit Verantwortung übernehmen.
Freude am Job ist kein Kann, sondern ein Muss
Vor diesem Hintergrund und im Kampf gegen die Langeweile ist Spaß an der eigenen Arbeit unerlässlich! Zähe Strukturen, die von oben nach unten durchdekliniert werden, kann die Generation Y nicht akzeptieren. Deshalb treten junge Arbeitnehmer mit gerade einmal Anfang 20 selbstbewusst und reflektiert auf. Der Satz „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ als Totschlagargument für unsinnige Tätigkeiten funktioniert nicht mehr.
Wer sich selbst vermarktet und seine Arbeitskraft selbst organisiert, will wissen, ob sich Mühe und Opfer auch wirklich lohnen. Denn wer im Jahr 2014 Vollzeit arbeitet, opfert Zeit, die sonst für Familie, Freunde, Hobbys und Ehrenamt dagewesen wäre.
Unter diesen Umständen ist Spaß an der Arbeit für viel mehr Menschen wichtiger als noch vor dreißig Jahren. Nur wer zufrieden ist, wird auch gerne seine Freizeit opfern und gesund durchs Leben gehen.