Psychologie Allein sein macht gesund

Freizeit ist wichtig, um Stress vorzubeugen. Aber das Leben jenseits der Arbeit sollte nicht nur ein soziales sein. Ebenso wichtig ist die Zeit für sich selbst, wie eine psychologische Studie zeigt.

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Was bei der Arbeit stresst
Zu viel Verantwortung oder ständiges an die-Arbeit-denken, auch in der Freizeit gaben 18 Prozent der Befragten als Grund für Stress bei der Arbeit an. Nur in Tschechien können die Beschäftigten außerhalb des Arbeitsplatzes schwerer abschalten - dort gaben 28 Prozent an, dauernd an die Arbeit denken zu müssen. Auf der anderen Seite der Skala ist Luxemburg: nur fünf Prozent haben dort dieses Problem. Quelle: Fotolia
Keinen Stress haben dagegen nur sieben Prozent der deutschen Befragten. Genauso niedrig ist der Anteil derer, die ihren aktuellen Job nicht mögen. Quelle: Fotolia
Unangemessener Druck vom Chef nannten 27 Prozent der Befragten hierzulande als Stressgrund. In Brasilien sind es dagegen 44 Prozent. Quelle: dapd
Wenn der Chef sich eher um sein Handicap kümmert, statt ordentlich zu führen: 28 Prozent der Befragten sind mit der Managementfähigkeit des Chefs unglücklich. Das Unvermögen des führenden Managers, das zu Stress führt, scheint in Luxemburg relativ unbekannt zu sein - nur 11 Prozent der Befragten sind dort mit den Befragten unglücklich, in Dubai sind es gar neun Prozent. Quelle: dapd
Dass unangenehme Kollegen oder fieser Büroklatsch zu Stress führen kann, ist allgemein bekannt. Dementsprechend führen auch 31 Prozent der Befragten das als Stressgrund an - der Anteil derer, die das ähnlich sehen, liegen in allen anderen Ländern fast gleich hoch - außer in Brasilien: 60 Prozent der Befragten geben unangenehme Kollegen und fiesen Büroklatsch als Stressgrund an. Quelle: Fotolia
Ein weitere Stressgrund: personelle Unterbesetzung. 41 Prozent der Befragten sehen das als wichtigen Grund für Stress bei der Arbeit an - ein Wert, der fast in allen Ländern ähnlich ist. Quelle: Fotolia
Doch am problematischsten, laut der Studie: die hohe Arbeitsbelastung. 51 Prozent der Befragten gaben dies als Stressgrund an. Deutschland liegt damit im Schnitt, auch in den anderen elf Ländern ist ein ähnlich hoher Anteil der gleichen Meinung. Quelle: Fotolia

„Ein Zimmer für sich allein“. Virginia Woolfs Essay von 1929, in dem sie das Recht auf eine Privatsphäre für ihre Geschlechtsgenossinnen einfordert, gilt als einer der wichtigsten Texte der Frauenbewegung. Aber was für schreiblustige und emanzipationswillige Frauen gilt, gilt auch für den Rest der Menschheit: Zeit und Raum für sich allein sind zentrale Voraussetzungen für ein freies, glückliches Leben und die körperliche und seelische Gesundheit.

Dass eine Rückzugsmöglichkeit und Zeit, seinen Gedanken nachhängen zu können, bestimmte Fähigkeiten zu kultivieren und sich von Arbeits- und Sozialstress abzugrenzen, von zentraler Bedeutung für das Wohlbefinden sind, liegt nahe. Nun bestätigen es Untersuchungen von Psychologen an der Technischen Universität Dresden, über die auch die Fachzeitschrift "Wirtschaftspsychologie aktuell" berichtet.

Antje Proske und ihre Kollegen fragten 491 Studenten, wie viel Zeit sie für ihre Arbeit, für andere und für sich selbst haben. Was kam heraus? Diejenigen Befragten, die angaben, dass sie genügend Zeit hatten „für ihre Freunde oder die Familie“, „über sich selbst nachdenken zu können“ oder „für die täglichen Pflichten bei der Arbeit“, litten nach eigenen Angaben am seltensten unter körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen.

Die Antworten zeigen, dass die Zeit für sich selbst grundlegend ist. Diese Zeit bestimmt, so die Autoren, zu einem Großteil die eigene Gesundheitsfürsorge und sie ist durch gemeinsame Freizeit mit anderen nicht ersetzbar.

Zu viel Einsamkeit allerdings, das zeigte sich erwartungsgemäß auch, ist nicht hilfreich. Alle drei – Arbeit, Miteinander, Alleinsein – sollten in einer Balance stehen. Eine hohe Selbststeuerungsfähigkeit („Ich kann gut meine Anspannung verringern, wenn man mich nervt.“) und Selbstwertgefühl („Alles in allem bin ich zufrieden mit mir.“) korrelierten bei den befragten Studenten mit einer ausgeglichenen Balance der drei Zeitkomponenten. Die Autoren schlussfolgern: „Das dreidimensionale Life-Balance-Modell (Arbeits-, Selbst- und soziale Zeit) sagte Gesundheit besser voraus als das zweidimensionale Balance-Modell (Arbeits- und Freizeit).“ (Zitate nach "Wirtschaftspsychologie aktuell")

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