Können Vorbilder auch Nachteile haben oder gar Gefahren bergen?
Hier ist es ganz wichtig, dass man sich selbst gegenüber dem Vorbild auch abgrenzt. Wenn man zum Beispiel sagt: "Ich möchte genauso erfolgreich sein und so leben wie Steve Jobs", dann muss man sehr genau überlegen, ob das auf einen selber auch wirklich passt. Man sollte niemals das Leben von jemand anderem Eins zu Eins kopieren. Es gibt nun mal niemanden doppelt. Sicher sind einzelne Bestandteile eines Lebens oder einer Karriere gut, um sich daran zu orientieren. Aber man muss auch genau sagen "Ich möchte aber nicht 100 Stunden die Woche arbeiten", oder "Ich möchte eine Familie haben und kein Einzelgänger werden". Gefährlich wird es, wenn man die eigene Identität verliert. Wenn man sich zum Beispiel Menschen anschaut, die Schönheitsoperationen machen, um so auszusehen wie ihr Idol.
Kommt es auch vor, dass Menschen Vorbilder als Ausrede nutzen und die Verantwortung für ihr eigenes Verhalten ablegen?
Das wäre auch eine Gefahr, dass man sich damit rechtfertigt. Also zum Beispiel "Der Kollege geht immer eher heim, also mache ich das auch so". Da muss man auch immer schauen, welches Verhalten angemessen ist, und ob man dabei ehrlich mit sich selbst ist. Sonst fällt einem das auf die Füße.
Worauf muss ich also bei meiner Wahl eines Vorbilds achten?
Ganz wichtig ist hier Realismus. Vorbilder inspirieren und zeigen Möglichkeiten - das heißt aber trotzdem nicht, dass wir auch genau das gleiche schaffen. Ein Beispiel: Nicht jeder von uns wird in den Weltraum fliegen. Man muss sich klarmachen, dass es bestimmte Grenzen gibt. Vielleicht sind wir auch nicht bereit, den gleichen Einsatz zu zeigen. Man kann auch als 50-Jähriger noch ein toller Pianist werden, wenn man bereit ist, jeden Tag zu üben. Aber oft sind wir das nicht.
Wenn man dann scheitert, ist die Enttäuschung groß...
Oft sagen wir uns dann "Ich bin zu doof dafür" - aber das stimmt nicht. Man muss erkennen, dass alles seinen Preis hat. Und man muss sich ernsthaft die Frage stellen: "Ist das wirklich das Leben, das ich leben möchte? Passt das, was ich mir vornehme, zu meinem Leben, meinem Lebensumfeld meiner Familie. Das Scheitern liegt daran, dass es die falschen Ziele sind.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, sich klarzumachen: Was ist der Preis für das Leben der Persönlichkeit, an der ich mich orientiere. Oft sehen wir nur die Vorteile, etwa von Berühmtheiten. Wir sehen das viele Geld, alle reißen sich um einen, man ist begehrt. Aber: Dann gibt es Paparazzi, ständig sind Fotos von mir im Bikini in der Zeitung, meine Kinder werden ständig angesprochen und ausgequetscht. Man muss sich fragen, ob man diesen Preis zu zahlen bereit ist. Wenn man sich sagt "Ja, ich bin bereit, zu lernen damit umzugehen", dann ist es auch okay. Aber man muss sich die Frage vorher stellen, das ist ganz wichtig. Das kann sonst ein böses Erwachen geben.
In Vorstellungsgesprächen wird gern gefragt, ob man ein Vorbild hat. Muss ich hier aufpassen, was das über mich aussagt?
Ein Vorbild zeigt, was mir in diesem Lebensabschnitt gerade wichtig ist. Wenn es eine öffentliche Person ist, steht diese ja meist für eine ganz bestimmte Sache. Also etwa Nelson Mandela: Dda weiß jeder, das ist ein Mensch, der sich für ein Land eingesetzt hat, für Freiheit, für Gleichberechtigung. Diese Personen stehen für bestimmte Themen, und wenn jemand sagt, das ist mein Vorbild, dann kann man daraus natürlich schlussfolgern, welche Themen demjenigen gerade wichtig sind. Sagt man zum Beispiel "Dagobert Duck", wäre ganz viel Geld eine Priorität. Das ist ja auch okay.
Die härtesten Fragen im Vorstellungsgespräch
Diese Frage sollte ein Bewerber auf die Stelle des Senior Recruiting Managers bei Amazon beantworten. Hier soll die Kreativität abgeklopft werden. Die Personaler wollen wissen, ob man in der Lage ist, sich in eine andere Lage hinein zu versetzen. "Ich würde zum Beispiel erzählen, wie erstaunt ich als Mars-Mensch von den Problemen auf der Erde bin, da wir auf dem Mars schon viel weiter sind", schlägt Bewerbungsexperte Jürgen Hesse vom Berliner Büro für Berufsstrategie vor.
Auch solche mathematisch-logischen Fragen kommen immer wieder vor. Diese Aufgabe sollte ein Business Operations-Praktikant bei Facebook lösen. Hier muss man Aufmerksamkeit beweisen. Die Antwort ist "N Schlaufen" - es sind so viele Schlaufen, wie Seile. Denn wenn "keine losen Enden mehr übrig" sein dürfen, muss man einen Ring bilden. Hilfreich bei so einer Aufgabe ist es, sich eine kleine Skizze zu malen.
Das wurde ein Personaler bei Twitter gefragt. Hier gilt das gleiche wie bei Fragen nach den Stärken und Schwächen. "Fragt man im Bewerbungstraining nach Schwächen, sieht man auf der Stirn gleich, dass demjenigen sofort mindestens drei Schwächen einfallen", erzählt Hesse. Was wir nicht können, fällt uns meist leichter auf als unsere Stärken. Solche Antworten sollte man sich im Voraus überlegen. Hier kann es auch helfen, Freunde und Familie zu fragen, die vielleicht schneller und ganz andere Stärken sehen, als man bei sich selbst finden würde. Bei der Frage, warum man eben nicht eingestellt werden sollte, kann man sich charmant herauslavieren und etwa antworten: "Bitte haben Sie Verständnis, dass ich Ihnen das jetzt nicht sagen kann - damit würde ich mich ja selbst schlecht dastehen lassen." Dann sollte man schnell wechseln und viele Gründe für eine Einstellung aufzählen.
Als Praktikant bei Microsoft muss man sich auf solche Fragen gefasst machen. "Hier haben wir wieder eine Kreativitätsfrage", erklärt Hesse. In die gleiche Kategorie fällt die Frage "Sie wollen ein Telefon für Taubstumme entwickeln. Wie gehen Sie vor?", die ein Produkt-Manager bei Google beantworten sollte. Die Personaler wollen sehen, dass man Fantasie besitzt, außerhalb der festgefahrenen Bahnen denken kann und auch auf ungewöhnliche Fragen nicht patzig oder unhöflich reagiert. "Man lernt den Bewerber so noch einmal von einer anderen Seite kennen".
Das wurde ein Sales Associate beim Unternehmen Pacific Sunwear gefragt. Jürgen Hesse erklärt: Hier handelt es sich um eine Psycho-Frage. Sie soll den Bewerber aus der Ruhe bringen. Doch auch die metaphorische Ebene sollte man bei solchen Fragen beachten: Wer hier "Stoppschild" antwortet, sammelt sicher Minuspunkte - wer braucht schon Bremser im Team. Charmanter wäre zum Beispiel ein Autobahn-Schild. Es weist die Richtung zu einem schnelleren Weg.
Diese Frage sollte einen Investment-Praktikanten bei AIG aus dem Konzept bringen. Eigentlich ist die Lösung total einfach, man vermutet in der Formulierung nur eine Gemeinheit. Wer hier nervös wird und einen Blackout bekommt, sollte sich ein Blatt Papier und einen Stift zu Hilfe nehmen. Man malt einfach einen Kreis und macht zwei Kreuze durch - da sind die acht Stücke.
Ein Operations-Analyst bei Goldman Sachs Operations-Analyst bei Goldman Sachs sollte diese Frage beantworten. Wer hier sagt "zehn Tonnen" oder "zehn Megatonnen", der liegt gehörig daneben. Solche Schätz-Fragen sollen die Allgemeinbildung abklopfen - niemand erwartet eine exakte Zahl. In die gleiche Kategorie fallen Fragen wie "Was glauben Sie, wie viele Menschen in Deutschland haben ein Handy?". Man kann sich helfen, indem man sich an die Lösung herantastet und das laut ausspricht. Etwa: "Es gibt rund 82 Millionen Deutsche, wenn man Babys, sehr alte und arme Menschen abzieht, sind es vielleicht rund 60 Millionen."
Diese Aufgabe bekam ein Technischer Ingenieur bei Tesla Motors gestellt. Der Fachmann wird wohl wissen, was ein Dynamometer ist - mit der Forderung, es kindgerecht zu erklären, soll der Job-Anwärter auch sein Gefühl für Worte beweisen und zeigen, dass er sich Mühe gibt, komplizierte Sachverhalte einem Laien geduldig zu erklären.
"Eine klare Psycho-Frage", urteilt Hesse. So eine Frage nach dem Glauben ist eigentlich nicht erlaubt - eine Ausnahme sind kirchliche Einrichtungen. Ein Merchandiser bei PepsiCo wurde die Frage trotzdem gestellt - man sollte in so einer Situation nun nicht auf stur stellen und gar nicht antworten oder mit erhobenem Zeigefinger "Das dürfen Sie nicht fragen" antworten. Besser: Mit einer Gegenfrage kommen, etwa "Gibt es aufgrund der Tätigkeit einen bestimmten Grund, warum Sie nach meiner Konfession fragen?".
Wer ein Praktikum bei Apple machen will, muss sich auf diese Frage gefasst machen. Hier geht es darum, die Fantasie spielen zu lassen. Spinnen Sie einfach herum - es gibt kein Richtig und Falsch. Wem partout nichts anderes einfällt, als "drauftreten", der sollte vielleicht besser die Gegenfrage stellen, warum die schöne Uhr denn zerstört werden muss.
... Jeder Zwerg sieht nur die kleineren Zwerge vor sich, kann sich aber nicht umdrehen. Der Riese verteilt zufällig schwarze und weiße Hüte auf die Köpfe der Zwerge, ohne dass die Zwerge ihre eigene Hutfarbe sehen. Der Riese sagt den Zwergen, dass er jeden einzelnen nach der Farbe seines Hutes fragen wird, den größten zuerst. Ist die Antwort falsch, frisst der Riese den Zwerg. Jeder Zwerg hört die Antwort seines Hintermanns, aber nicht, ob der Zwerg danach noch lebt. Bevor die Hüte verteilt werden, können die Zwerge sich heimlich beraten. Welche Strategie sollten die Zwerge wählen, um möglichst viele zu retten? Wie viele können mindestens gerettet werden?"
Puh - mit dieser Horror-Aufgabe sah sich ein QA Automation Engineer bei BitTorrent konfrontiert. Wer bei solchen Logik-Fragen nur noch Bahnhof versteht, kann manchmal nur noch die Notbremse ziehen und sagen, dass die Aufgabe in der aktuellen Stress-Situation nicht lösbar ist. Wer dann von den Personalern beharrlich gequält wird, ist vielleicht auch in dem Unternehmen nicht richtig.
Damit sah sich ein Verwaltungsassistent bei Google konfrontiert. "Schreiben" galt dabei nicht als Antwort. Solche Kreativitätsfragen kommen in abgewandelter Form immer wieder vor. Eine Version ist etwa "Was für Bücher gibt es?". Da sei bei vielen schon nach "Krimis" Schluss, erzählt Hesse. Andere können unzählige herunterbeten. Hier hilft das spielerische Üben solcher Brainstormings, zum Beispiel "Welche Automarken gibt es?" oder "Wie viele Farben fallen Ihnen ein?".
Seien Sie ehrlich: Wäre Ihnen mehr eingefallen, als "Windows"? Nicht nur, wer sich als Associate Consultant bei Microsoft vorstellt, sollte sich vorher gut über das Unternehmen, in dem man arbeiten möchte, informieren.
Muss man dann aber nicht aufpassen, was man sagt - je nachdem, wo man sich bewirbt? Wenn ich mich also zum Beispiel bei einem Wohltätigkeitsverband bewerbe, wäre "Dagobert Duck" ja genau die falsche Antwort.
Naja... wichtig ist, dass wir uns selbst reflektieren. Wenn Dagobert Duck nun mal mein Vorbild ist, und ich sage das in dem Vorstellungsgespräch beim Wohltätigkeitsverband auch, ist das doch toll. Dann wissen beide Seiten ganz schnell, dass es nicht passt. Es ist doch nichts schlimmer, als wenn man so tut, als ob - und nach einem Vierteljahr ist man todunglücklich. Ich glaube, das ist eine Gefahr von Bewerbertrainings: dass man ein bisschen dahingeführt wird, eine Kunstperson zu schaffen. Die wird doch dann auf der Arbeit gar nicht glücklich - ich will doch dort glücklich werden. Deshalb finde ich es schon interessant, sich so eine Frage mal zu stellen, auch in Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch: Passe ich denn von meinen Werten und Idealen überhaupt in das Unternehmen, oder bin ich vielleicht verkehrt?
Also sollten wir auch in Bezug auf das Berufsleben immer mal wieder selbst hinterfragen, bevor wir nur versuchen, die Erwartungen anderer zu erfüllen...
Ich finde, man sollte öfter darüber nachdenken, was man für Vorbilder hat. Oft haben wir gar keine, und ich glaube uns fehlt häufig eine klare Orientierung, wohin wir wollen. Vor allem dann, wenn wir auf die Lebensmitte zugehen. Als 20-Jährige wissen wir oft noch, was wir wollen, etwa Studieren, eine schöne kleine Wohnung haben, mal eine Katze zu haben...
Aber wenn wir in die Lebensmitte kommen, hören wir auf, darüber nachzudenken wie wir leben wollen. Dann funktionieren wir oft nur noch. Ich finde es wichtig, sich immer wieder zu fragen "Wer bin ich, wo will ich hin, wie soll mein Leben sein?" So können wir täglich bessere Entscheidungen treffen - dabei helfen uns Vorbilder.