1. Der Bestätigungsirrtum
Im Laufe unseres Lebens entwickeln wir ganz viele Denkmuster aus Annahmen, Regeln und Erwartungen, die wir zunächst von unserer Familie und dem engsten Umfeld, dann von Freunden, Schule und Arbeit übernehmen. Dies geschieht ohne bewusste Entscheidung. Wir stellen dies vor allem in den ersten Lebensjahren nie infrage. Wie sollten wir auch, wir sind ja von unserem Umfeld abhängig. Daraus werden durch Wiederholung in Denken und Tun sowie Bestärkung aus der Umwelt feste Denkstrukturen, die unsere Wahrnehmung prägen. Diese Denkstrukturen bekommen im Gehirn eine neurologische Struktur, welche sie abbildet.
Der Bestätigungsirrtum besteht darin, dass unser Gehirn aufgrund seiner neurologischen Strukturen konsequent alles bei der Verarbeitung von Informationen herausfiltert, was nicht zu unserem Denken passt. Aus Hunderttausenden Informationen, die zur Verfügung stehen, kommen nur einzelne wenige in unser Bewusstsein. Sie kennen eventuell das Beispiel mit dem Tennisball auf dem Fußballfeld. Die Menge der insgesamt verarbeiteten Informationen ist metaphorisch gesprochen so groß wie ein Fußballfeld. Der Tennisball steht für die Datenmenge, die uns bewusst wird.
Im Alltag geht das dann so: Ihre Annahme ist beispielsweise: „Mein Chef mag mich nicht. Er grüßt nicht und lächelt nie. Ich weiß es genau. Heute erst hat er ein Gespräch unterbrochen, als ich zur Tür herein kam.“ Wir ärgern uns, sehen verärgert aus, verhalten uns verärgert, gehen auf Abstand, wodurch auch der Chef auf Abstand gehen wird. Das nehmen wir wahr und bestätigen damit unsere Meinung. Was hören wir, wenn Kollegen oder Kunden über den Chef sprechen? Genau das, was zu unserem Bild passt. Andere Meinungen ignorieren wir. Das Foto von der Weihnachtsfeier? Ein klarer Beweis, dass der Chef auch lächeln kann und es nur bei uns nicht tut.
Tipp
1. Sorgen Sie dafür, dass Sie mental stets in einem guten Zustand sind. Wenn Sie gestresst sind, engt sich Ihre Wahrnehmung noch mehr ein.
2. Trainieren Sie sich darin, immer nach Gegenargumenten zu fragen, fragen Sie sich, was für andere Hintergründe es geben könnte. Meist sind es ganz andere. Der Chef hat Zahnschmerzen oder Sorgen mit den Kindern und tut taff. Oder das Gespräch, was vor der Begegnung mit Ihnen stattgefunden hat, war anstrengend.
Quälende Vergleiche und der Halo-Effekt
2. Vergleiche killen das Wohlbefinden
Dass früher scheinbar „alles besser war“, ist ein verbreiteter Gedanke. Dies betrifft natürlich auch die anderen Menschen, egal ob Partner oder Chef. Schuld an diesem Gefühl ist, dass sich unser Gehirn ganz schnell an alles gewöhnt. Der Botenstoff Dopamin, der uns entspannt und glücklich sein lässt, nutzt sich ganz schnell ab. Dann nehmen wir glückliche Umstände nicht mehr als solche, sondern als selbstverständlich wahr. Egal, was Sie verdienen, es wird dann nicht mehr genug sein. Egal wie abwechslungsreich Ihre Arbeit ist, Sie werden es nicht mehr sehen. Wenn der Chef jedes Jahr einen Weihnachtsbrief schreibt, werden Sie nur noch müde lächeln.
Rückblickend meinen wir zu gern, dass es leichter war, Kunden zu gewinnen, Versicherungen zu verkaufen, Sprachen zu lernen. Das kann sein, muss aber nicht. Es hängt von unserer Sichtweise und unserem Verhalten ab. Wenn Sie glauben, dass es mit 40 schwerer ist, eine Fremdsprache zu lernen, wird das auch so sein. Sie erwarten die Anstrengung, damit entwickeln Sie negative Gefühle und diese führen zu einer eingeschränkten Kapazität des Gehirns.
Wenn Sie „bessere“ Zeiten oder gesellschaftliche Ideale als Vergleichsmaßstab nehmen, können Sie nur verlieren. Denn die Art, wie wir vergleichen, muss uns unglücklich machen. Wir schauen nicht zur Seite und zum Durchschnitt und merken nicht, wie gesund, fit, glücklich, attraktiv wir gerade im Verhältnis dazu sind. Wir schauen erst recht nicht nach hinten und bemerken, wie viel Geld oder Glückspotential wir im Weltmaßstab haben, wie sicher wir leben und wie gut unser Schulsystem bei aller Kritik ist. Wir schauen nach vorn, auf computeranimierte Einzelfälle, und da findet sich immer jemand, der schlauer, schicker, geduldiger oder netter ist als wir. Und schon ist sie da, die Unzufriedenheit. Dabei ist dies nicht die Realität, sondern nur das Ergebnis Ihres Denkens.
Tipp
1. Objektivieren Sie Ihre Vergleiche. Sehen Sie, was Sie haben, statt was Sie nicht haben. Was haben Sie vor zehn oder 15 Jahren verdient und was heute? Wie viele Dinge sind an Ihrem Körper gesund? Zählen Sie einfach mal.
2. Entwickeln Sie eigene Maßstäbe und Bezugssysteme. Was für andere gut ist, muss nicht für Sie gelten.
3. Der Halo-Effekt
beschreibt das Phänomen, dass eine herausragende Eigenschaft auf die Wahrnehmung anderer Eigenschaften abfärbt. Das könnte Vorteile haben, wenn wir von einer guten Eigenschaft auf die Klasse einer Person schließen und das Beste in ihr sehen. Doch unser Gehirn hat die Tendenz, sich auf Probleme zu fokussieren. Wenn zum Beispiel der neue Chef sehr genau ist und immer nachfragt, wird aus ihm ein „Buchhaltertyp“, den Sie gar nicht leiden können und so wird er keine Chance haben, bei Ihnen anzukommen. Auch Eigenschaften, die sie an einer anderen Person eventuell mögen würden, werden Sie zu seinem Nachteil auslegen. Statt zuverlässig ist er pingelig, statt ordentlich in Ihren Augen übergenau. So, wie Sie ihn einmal eingeordnet haben, werden Sie alles für oder gegen ihn interpretieren.
Tipp
1. Machen Sie sich Ihre Vorlieben und Abneigungen gegenüber Menschen bewusst und werden Sie besonders vorsichtig, wenn Sie eine negative Schublade aufmachen. Sie könnten etwas für Sie Nützliches verpassen.
2. Kreieren Sie positive sich selbst erfüllende Prophezeiungen, indem Sie etwas Gutes erwarten. Richten Sie Ihre Wahrnehmung mit einem Gedanken, wie „heute werde ich von X angenehm überrascht“, neu aus.
Der Zeigarnik-Effekt und geliebte Katastrophen
4. Der Zeigarnik-Effekt
Sie haben fast ohne Pause durchgearbeitet und gehen am Abend erschöpft, aber unzufrieden nach Hause mit dem Gefühl „wo ist denn dieser Tag hin, ich habe doch gar nichts geschafft“. Hier sitzen Sie in der Falle des Zeigarnik-Effektes. Damit wird beschrieben, dass uns unerledigte Dinge nicht loslassen, wir uns gedanklich immer wieder damit befassen und wir uns unwohl damit fühlen.
In der heutigen Arbeitswelt wissen wir zwar inzwischen, dass „Multitasking“ nicht funktioniert, trotzdem versuchen wir es immer wieder. Eine Konsequenz davon ist, dass wir Dinge nicht mehr zu Ende bringen, sondern hin und her springen und am Ende weniger erledigen.
Tipp
1. Starten Sie früh mit dem größten Brocken, dann werden Sie mit dem Glücksboten Dopamin belohnt und können den ersten Haken setzen.
2. Bringen Sie eines zu Ende, bevor Sie das nächste beginnen. Sie spielen ja auch nicht zwei Bälle gleichzeitig.
3. Schauen Sie früh nie als Erstes in Ihre E-Mails. Sie sind sonst sofort fremdbestimmt und können Ihre To-do-Liste vergessen.
5. Unser Gehirn liebt Katastrophen
Unser Gehirn ist zum Problemlösen da. Doch die Art, wie wir es benutzen und die Tatsache, dass Jahrhunderte alte biologische Mechanismen uns steuern, führt zu der Tendenz „Katastrophe kommt vor Vergnügen“. Wir sind ständig mit unseren Gedanken woanders, ärgern uns über das, was gestern war, machen uns Sorgen über Dinge, die wir hören und lesen und die (noch) gar nicht real sind. Diese Tendenz, sich mental auf Probleme oder Gefahren zu konzentrieren, wird in der Psychologie das „katastrophische Gehirn“ genannt. Dies war einst ein hilfreicher Überlebensmechanismus. Manchmal auch heute noch, um zum Beispiel einem herunterfallenden Dachziegel blitzschnell ausweichen zu können. Doch wir haben die Kontrolle über diesen Mechanismus abgegeben und lassen unsere Gedanken mit uns machen, was sie wollen.
Was nehmen Sie aus den vielen Informationskanälen in unserem Alltag wahr? Das eine gute Beispiel oder die vielen negativen, die zu unseren Sorgen passen? Worüber sprechen Sie? Über die vielen angenehmen Kunden und Kollegen oder den einen, der Sie heute verstimmt hat?
Tipp
1. Beginnen Sie den Tag mit guten Gedanken. Am besten schon im Bett, und beschließen Sie ihn auch so. Falls Ihnen beim besten Willen nichts einfällt, nutzen Sie eine CD z. B. von Louise Hay. So trainieren Sie Ihr Gehirn um.
2. Ärgern Sie sich maximal drei Minuten. Sie bestimmen, wofür Sie Ihren Kopf und Ihr Herz hergeben. Sagen Sie „Stopp“ und wenden Sie sich dann gedanklich sinnvolleren Dingen zu. Nehmen Sie eine Uhr zu Hilfe.
3. Lernen Sie von resilienten Menschen. Sie befassen sich mit Problemen, wenn sie da sind, nicht früher und nicht später. Wenn das Problem da ist und mit ihm Angst oder Ärger, dann können Sie mit guten Gefühlen Ihren Herzschlag beruhigen und sich dadurch schneller erholen.