Quote Die entzauberten Top-Managerinnen

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Gebremste Blitzkarriere

Tina Müller etwa, die dank großer Erfolge mit der Wiederbelebung der Marke Schwarzkopf oder der Kreation der Marke Syoss jahrelang als Henkels Vorzeigemanagerin firmierte. Sie hatte sich darauf verlassen, dass die demonstrativ zur Schau gestellte Frauenfreundlichkeit von Henkel-Vorstandschef Kaspar Rorsted auch dann noch gilt, wenn eine Henkel-Frau zum Erzrivalen Beiersdorf wechselt. Doch im Kampf der Konzerne zählen nur Marktanteile, nicht Frauenförderpläne. Müllers Blitzkarriere ist damit erst einmal gebremst und wird vor Arbeitsgerichten entschieden.

Dass Regine Stachelhaus im Juni aus dem E.On-Vorstand abtritt, ist wohl nicht nur der schweren Erkrankung ihres Mannes geschuldet, wie der Energiekonzern offiziell verkündet. Hinzu kommt: Überfordert sei die frühere Deutschland-Chefin von Hewlett-Packard und Ex-Unicef-Deutschland-Geschäftsführerin mit ihrem riesigen Ressort für Personal, Recht und Compliance, Konzerneinkauf, Immobilienmanagement, IT und Beratung gewesen, sagen Kenner der Causa hinter den Kulissen. Gestehen aber auch zu: An diesem Mammutjob wäre auch jede(r) andere gescheitert.

Mangelnde Praxisnähe

Auch Beatrice Weder di Mauro findet sich gerade unverhofft zwischen den Stühlen: Als Professorin für Volkswirtschaft und Mitglied des deutschen Sachverständigenrats hatte sich die Schweizerin einen glänzenden Ruf als Theoretikerin erarbeitet. Nach ihrem Wechsel in den Verwaltungsrat der Schweizer Großbank UBS halten ihr Kritiker mangelnde Kenntnis des täglichen Bankengeschäfts vor. Ein sachlich umstrittenes, taktisch aber probates Mittel, um sie als enge Vertraute des früheren Bundesbank-Chefs Axel Weber zu diskreditieren. Der Ex-Chef der Deutschen Bundesbank war im Mai 2012 zum Präsidenten des UBS-Verwaltungsrats berufen worden und hatte Weder di Mauro kurz danach ins Gremium geholt. Damit könnte die brillante Ökonomin in einem Machtkampf zerrieben werden, der in Konzernen zum Alltagsgeschäft gehört.

"Geschlecht ist keine Qualifikation", sagt Headhunter Heiner Thorborg. "Wenn wir Frauen weiterhin auf Teufel komm raus vor allem deshalb Top-Jobs geben, weil sie Frauen sind, machen wir uns lächerlich – und tun auch den Frauen selbst auf Dauer keinen Gefallen".

Regierung liebäugelt weiter mit der Frauenquote

Ob sich an der Situation so bald etwas ändert, ist allerdings fraglich. Denn selbst die Abgeordneten der Unions-Bundestagsfraktion liebäugeln mit einer verpflichtenden 30-Prozent-Frauenquote für Aufsichtsräte ab 2020. In jüngster Vergangenheit verging kaum eine Woche, in der Unternehmen nicht mit großem Aplomb verkündeten, wieder eine Frau an Bord genommen zu haben – vor wenigen Tagen etwa meldete die Deutsche Bank die Amerikanerin Dina Dublon, Ex-Finanzvorstand der Investmentbank JP Morgan, als neues Mitglied ihres Aufsichtsrats. Laut des Deutschen Instituts für Wirtschaft in Berlin stieg die Zahl der Unternehmen, die mindestens eine Frau in den Vorstand berufen haben, in den vergangenen zwei Jahren um knapp 50 Prozent auf nun 16,5 Prozent. Laut der Vereinigung Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar) sitzen damit in den 30 größten börsennotierten deutschen Unternehmen 15 Frauen im Vorstand und 100 im Aufsichtsrat – im Vergleich zu 2011 ein Plus von 270 beziehungsweise 52 Prozent (siehe Tabelle)

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