Rechte und Pflichten So arbeitet ein Betriebsrat

Es kommt nicht oft vor, dass ein Gericht einen Betriebsrat auflöst. Doch genau das ist dem Reinigungsspezialisten Kärcher passiert. Die Liste der Rechte und Pflichten eines Betriebsrats ist nämlich lang.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Das ist selten: Der Betriebsrat des Reinigungsspezialisten Kärcher wurde kurzerhand vom Gericht aufgelöst, weil er seine Pflichten nicht einhält. Quelle: dpa/dpaweb

Das Arbeitsgericht Stuttgart löst den Betriebsrat des Reinigungsspezialisten Kärcher am Standort Winnenden auf. Das Gremium habe seine gesetzlichen Pflichten grob verletzt, stellte Richter Stefan Funk fest. Weder 2011 noch 2012 seien Betriebsversammlungen einberufen worden. „Es geht nicht nur um Informationsveranstaltungen, sondern um das Organ des Betriebsverfassungsrechts“, sagte er.

Die IG Metall hatte Klage gegen den Betriebsrat eingelegt, weil dieser zu wenige Betriebsversammlungen einberufe. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz muss das einmal im Vierteljahr geschehen. Auch die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft war dem Richter nicht eng genug. „Das Zusammenwirken mit der Gewerkschaft ist gesetzliche Pflicht“, sagte Funk. Die Kärcher-Anwälte kündigten an, den Gang durch alle Instanzen zu prüfen.

Was ein Betriebsrat darf und was nicht, welche Pflichten und Rechte er hat, regelt das 1972 einberufene Betriebsverfassungsgesetz. In Betrieben ab fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, kann ein Betriebsrat eingesetzt werden.  Jeder Arbeitnehmer, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, darf wählen. Hierzu zählen auch Leiharbeitnehmer, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Wählbar ist jeder Mitarbeiter, der dem Betrieb länger als sechs Monate angehört.

Betriebsräte sind kein Muss

Die Wahlen, so schreibt es das Gesetz vor, finden alle vier Jahre zwischen dem 1. März und 31. Mai statt. Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, so ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten. Ein Betriebsrat ist jedoch nicht zwingend: Es liegt alleine an den Arbeitsnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, ob ein Betriebsrat einberufen wird oder nicht.

Die Größe des Gremiums richtet sich nach der des Unternehmens. Bei bis zu 20 Mitarbeitern besteht er aus einer Person, bei 100 aus fünf, bei 1.000 aus 13 und bei 9.000 aus 25 Mitgliedern. Die Struktur des Betriebsrats soll sich möglichst der des Unternehmens ähneln. So muss zum Beispiel das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein.

Der Arbeitgeber trägt alle Kosten

Krankheiten sind kein Kündigungsgrund
Wer zu oft krank ist, fliegt Quelle: dpa
Chronisch Kranke genießen keinen besonderen KündigungsschutzDass ein Krankenschein vor Kündigung schützt, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Tatsächlich ist eine Kündigung jederzeit möglich, allerdings nur unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist und eines etwaigen Kündigungsverbots, wie es für Schwangere und Betriebsratsmitglieder gilt. Sogar eine Kündigung aufgrund einer langwierigen Krankheit ist möglich, sofern der Arbeitgeber damit rechnen kann, dass der Arbeitnehmer in den kommenden Jahren jeweils länger als sechs Wochen ausfällt und dem Unternehmen durch die Lohnfortzahlung somit hohe Kosten aufbürdet. Quelle: Fotolia
Auch Probe arbeiten ist versichertWer in einem Betrieb ein paar Tage zur Probe arbeitet, sollte gut auf sich aufpassen. Bei diesem Schnupperpraktikum greift der Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung nämlich nicht. Damit die Versicherung zahlt, muss jemand ein in den Betrieb integrierter Arbeitnehmer sein. Und das sind Probearbeiter nun einmal nicht. Dafür hat der mögliche zukünftige Chef aber auch keine Weisungsbefugnis und der Probearbeiter muss nicht arbeiten. Beim Probe arbeiten geht es mehr darum, sich den Betrieb einen Tag lang von innen anzuschauen. Quelle: dpa
Mein Bonus gehört mirUnter bestimmten Voraussetzungen kann der Vorgesetzte einen bereits ausgezahlten Bonus auch wieder zurückverlangen. Das ist beispielsweise möglich, wenn ein Mitarbeiter kurz nach der Bonuszahlung kündigt oder ihm verhaltensbedingt gekündigt wird, wie der Arbeitsrechtexperte Ulf Weigelt erklärt. Das gilt für Boni von mehr als 100 Euro. Kleinere Beträge kann der Arbeitnehmer in der Regel behalten. Wenn der Chef den Bonus zurückfordert, lohnt sich jedoch für den Arbeitnehmer einen Blick in die Bonusvereinbarung, die Betriebsvereinbarung oder den Tarif- beziehungsweise Arbeitsvertrag. Gibt es dort keine Rückzahlungsklausel, fehlt dem Vorgesetzten die rechtliche Grundlage und das Geld bleibt beim Arbeitnehmer. Quelle: Fotolia
Kündigungen sind auch ohne drei Abmahnungen im Vorfeld möglichIm Fall einer schweren Pflichtverletzung kann dem Arbeitnehmer auch ohne vorangegangene Abmahnung gekündigt werden, etwa weil er Büromaterial klaut oder die Portokasse leert. Voraussetzung ist ein gravierender Verstoß des Mitarbeiters. Mehr über Abmahnungen erfahren Sie übrigens hier. Quelle: Fotolia
Mündliche Kündigungen sind unwirksamEine Kündigung bedarf immer der Schriftform, der Gesetzgeber kennt da keine Ausnahmen. Auch im Fall einer regulären Kündigung muss der Arbeitgeber seinen Schritt nicht im Kündigungsschreiben begründen. Wer also „Sie sind entlassen!“ von seinem Chef hört, kann abwarten, bis die nachweisbare Zustellung des Kündigungsschreibens erfolgt ist. Außerdem muss eine Kündigung handschriftlich unterschrieben sein. Eine SMS oder E-Mail genügt nicht. Quelle: Fotolia
Mündliche Arbeitsplatzzusagen sind wirksamEine Anstellung erfordert anders als die Kündigung keine Schriftform – auch wenn dies üblich und meist vom Arbeitgeber selbst gewünscht ist. Arbeitsverträge können laut Bürgerlichem Gesetzbuch auch formfrei erfolgen. Allerdings müssen befristete Anstellungsverträge schriftlich erfolgen, sonst ist die Befristung unwirksam. Quelle: Fotolia

Die Sitzungen des Betriebsrats finden während der Arbeitszeit statt. Der Arbeitgeber muss vorher informiert werden. Er trägt zudem die gesamten Kosten, die durch die Arbeit des Betriebsrats anfallen. Dazu gehört auch, dass je nach Größe des Unternehmens einzelne Betriebsratsmitglieder von ihrer eigentlichen Tätigkeit freigestellt werden. Die Beschlüsse werden über eine einfache Mehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Der Betriebsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder an der Sitzung teilnimmt.

Viermal im Jahr muss es laut Betriebsverfassungsgesetz eine Betriebsversammlung geben, bei der der Betriebsrat alle Mitarbeiter über seine Arbeit informiert. Auch der Arbeitgeber muss seine Angestellten mindestens einmal im Jahr unter anderem aufklären über: das Personal- und Sozialwesen einschließlich des Stands der Gleichstellung von Frauen und Männern, Integration, die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Betriebs sowie über den betrieblichen Umweltschutz.

 

Hauptaufgabe ist Mitgestalten

 Grundsätzlich ist es die Aufgabe eines Betriebsrats, auf die Entscheidungen des Unternehmens Einfluss zu nehmen. Er kann dabei die Vorstellungen des Arbeitsgebers mittragen oder ablehnen und auch von sich aus eigene Vorschläge einbringen. Die bedeutsamsten Mitbestimmungsrechte sind die in sozialen Fragen. Darunter fallen zum Beispiel Themen wie  Arbeitszeit, Schichtarbeit, Dienstpläne und Bereitschaftsdienst. Zu den sonstigen Mitbestimmungsrechten gehören unter anderem Beschwerden von Mitarbeitern, Auswahlrichtlinien bei Bewerbungsverfahren und eine menschengerechte Gestaltung der Arbeit.

Das Betriebsverfassungsgesetz macht durch seine Formulierung deutlich, wann es zu Rechtsverstößen seitens des Arbeitgebers oder Betriebsrats kommen kann. Immer wenn in dem Paragraphenkatalog von „zu tun haben“ die Rede ist, deutet dies auf eine gesetzliche Pflicht hin. Darunter fallen auch Punkte, die im Streit zwischen dem Kärcher-Betriebsrat und der IG Metall auftauchen: So „hat der Betriebsrat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen“.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%