Rhetorik Angeben ist wenigstens ehrlich

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Unehrliche Antworten erhalten wenig Zuspruch

Um eine Antwort zu finden, startete das Trio eine Reihe von Experimenten. Im ersten legten sie zwei unabhängigen Beobachtern 740 Tweets vor, die der Account @humblebrag zwischen 2011 und 2013 veröffentlichte. Um die beiden Testpersonen nicht von der Prominenz einiger Personen zu beeinflussen, anonymisierten sie sämtliche Kurznachrichten.

Die zehn Karrierekiller bei der Kommunikation
Wer beruflich aufsteigen will, muss das auch signalisieren. Denn Talent allein reicht nicht, auch die Kommunikation der Qualitäten und Ambitionen ist zentral. Dies hat eine Umfrage des New Yorker Center for Talent Innovation unter 4.000 Fachkräften mit Hochschulabschluss und 268 Führungspersönlichkeiten ergeben. Die Studie zeigt die zehn größten Kommunikationsfehler für die Karriere auf.Platz 10: Gekicher und Schrillheit Zu viel Gekicher und Lachen, lässt laut den Studienteilnehmern Frauen schlecht da stehen – und eine zu schrille Stimme Männer. Ein angemessenes Lachen und der richtige Tonfall wird von Führungspersonen erwartet. Gerade eine hohe Stimme wirkt zu emotional und lässt Zuhörer den Faden verlieren. Quelle: fotolia.com
Platz 9: GefaselDie Argumente können noch so gut sein – wer sie nicht knapp und prägnant vertreten kann hinterlässt einen schlechten Eindruck. Ausschweifende Erklärungen und Gerede lassen die Standpunkte viel schwächer erscheinen. Wer wiederum knackig überzeugen kann, hat auch das Zeug zum Chef. Mögen die Argumente inhaltlich noch so schwach sein – auf ihre Kommunikation kommt es an. Quelle: fotolia.com
Platz 8: Augenkontakt meidenWer seinem Kollegen oder Geschäftspartner nicht in die Augen schaut, hinterlässt einen schlechten Eindruck. Es zeigt, dass man nicht interessiert, etwas zu verbergen hat oder sogar lügt – alles Eigenschaften, die einem beim Karriereaufstieg nicht weiter bringen. Quelle: fotolia.com
Platz 7: Ablenkungen suchenEine Führungskraft soll Aufmerksamkeit und Interesse zeigen – für sein Projekt, die Konferenz, die Rede oder das Gespräch. Wer jedoch im Meeting auf dem Handy rumspielt, im Gespräch Fussel auf dem Pulli sucht oder seine Nägel begutachtet, gibt der Umwelt den Eindruck, sie nicht ernst zu nehmen. Quelle: fotolia.com
Platz 6: FlirtenEs kann ein Späßchen sein, ein ernster Annäherungsversuch, oder ein Mittel sich beim Vorgesetzten oder Geschäftspartner beliebt machen zu wollen – in jedem Fall ist Flirten in der Wirtschaftswelt unangebracht und untergräbt das professionelle Ansehen des Charmeurs. Quelle: fotolia.com
Platz 5: FluchenZu fluchen, ist generell die falsche Kommunikationsart – doch gerade bei Führungspersönlichkeiten, die ein Unternehmen repräsentieren,  sind Schimpfworte besonders unangebracht.   Quelle: fotolia.com
Platz 4: Keine ManierenChef sein verpflichtet: Führungspersönlichkeiten müssen sich entsprechend zu benehmen wissen. Zu den Erwartungen, die an eine hohe Position geknüpft sind, gehört eine ausgewählte Ausdrucksweise, Intellektualität, Höflichkeit und Würde. Quelle: fotolia.com

Anschließend sollten die beiden Juroren die Tweets anhand folgender Parameter bewerten: Für wie aufrichtig halten Sie die Nachricht? Und: Würden Sie den Beitrag mit einem Stern markieren, gewissermaßen als virtuelles Zeichen Ihrer Sympathie? Das Ergebnis: Die Tweets, die als besonders unehrlich angesehen wurden, erhielten auch den geringsten Applaus.

Im zweiten Experiment beschäftigte sich das Forschertrio mit den beruflichen Auswirkungen von humblebragging. Bringt es im professionellen Kontext Vorteile? Sezer, Gino und Norton konzentrierten sich dabei auf eine der beliebtesten Fragen im Bewerbungsgespräch, und zwar die nach den Schwächen – denn kaum eine Frage birgt so viele Chancen für Leidprahler. „Meine größte Schwäche ist, dass ich so wahnsinnig perfektionistisch bin“ oder „Ich wünschte mir manchmal, besser abschalten zu können – aber ich bin einfach ein Arbeitstier“.

Lüge aus strategischen Gründen

Die Wissenschaftler befragten 122 Studenten nach ihrem größten Defizit. 77 Prozent von ihnen entschieden sich für eine als Schwäche getarnte Stärke als Antwort. Davon bezeichneten knapp 33 Prozent ihren Perfektionismus als größtes Defizit. Rund 25 Prozent antworteten, immer zu hart zu arbeiten. Und rund 15 Prozent nannten die Scheinschwäche, „einfach zu nett zu sein“. Anschließend wurden die Humblebragger nach ihrer Motivation befragt: 66 Prozent gaben zu, es aus strategischen Gründen gemacht zu haben. Sie erhofften sich schlicht bessere Chancen auf den Job.

Eine schlechte Idee, wie die Harvard-Wissenschaftler herausfanden. Denn die Mitarbeiter, die über die Einstellungen entscheiden sollten, zeigten deutlich mehr Interesse an jenen Kandidaten, die eine wirkliche Schwäche ehrlich preisgaben.

Zum Glück haben Ariana Huffington und Salman Rushdie keine allzu großen beruflichen Sorgen. Für alle anderen gilt: Stehen Sie offen zu Ihren Stärken – das ist immer noch besser, als sie hinter einer Jammerei zu verstecken.

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