Sexismus Wie man sich würdevoll gegen Herrenwitze wehrt

Anzügliche Sprüche, gierige Blicke – die Grenze zur sexuellen Belästigung ist schnell erreicht. Wir zeigen, wie Frauen auf Übergriffe reagieren können.

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Frau steht genervt mit zwei Männern an einer Bar Quelle: Kitty - Fotolia.com

So gut wie jede Frau, die an einer männlich dominierten Runde abends an der Bar teilgenommen hat, kennt sie: die kurz vor Mitternacht-schmutzige-Witze-Phase. Männer machen gegenüber Frauen zweideutige, anzügliche Bemerkungen, die oft als Kompliment getarnt und doch eindeutig Übergriffe sind. Der öffentliche Aufschrei, den mehrere junge Journalistinnen derzeit wagen, indem sie über verbale Grenzüberschreitungen männlicher Politiker berichten, bringt eine Debatte in Gang, die überfällig ist. Ist der Herrenwitz noch gesellschaftsfähig? Was ist eigentlich so schlimm an zweideutigen Anspielungen? Und wo verläuft die Grenze zur sexuellen Belästigung?

Gesetzlich klar ist: Auch Worte können sexuelle Belästigung sein. Seit dem Jahr 2006 regelt das Allgemeine Gleichstellungsgesetz das Thema. Paragraf 3 Abs. 4 des AGG definiert sexuelle Belästigung als ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Dazu gehören auch Äußerungen, Gesten, Blicke und körperliche Berührungen. Schon Bemerkungen sexuellen Inhalts sind damit als Belästigung zu werten.

Allerdings – und das ist für viele Betroffene eine Herausforderung – muss die betroffene Person erkennbar zeigen, dass sie solches Verhalten ablehnt. Das heißt konkret: Sie muss sagen, dass sie das Verhalten des Täters als unangemessen und verletzend empfindet und ihn sofort auffordern, es zu unterlassen.

Fehlverhalten nicht tolerieren

Die Herausforderung ist, dies auch zu tun, wenn die Bemerkung vermeintlich harmlos war und von vielen Zeugen nicht als Belästigung aufgefasst wurde. Wenn das Fehlverhalten toleriert wird, kann sich auch nichts ändern. Und das hat gesamtgesellschaftliche Folgen.

Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis oft schwer. Gerade beim Networking an der Bar, wenn die Atmosphäre ungezwungen ist, erfordert es Mut, dem eigenen Gefühl zu vertrauen, dass mit einer Bemerkung gerade eine Grenze überschritten wurde. Das ist besonders schwer, wenn eine Frau allein unter vielen Männern ist und auch noch deutlich jünger. Richtig herausfordernd wird es, wenn andere Frauen Zeuginnen der Situation sind und den entsprechenden "Witz" nicht als Beleidigung auffassen. Juristisch kann nur im Einzelfall geklärt werden, welche Bemerkung die Würde des Opfers herabsetzt und welche zwar eine erotische Konnotation hat, aber ebenso gut als Kompliment verstanden werden kann. Es ist also ziemlich heikel.

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