Suche nach Talenten Unternehmensberater reagieren auf Generation Y

Karriere? Ja, aber nicht um jeden Preis. Freunde, Familie und Freizeit sind mindestens genauso wichtig. Die Generation Y mischt die Arbeitswelt auf. Die Branche der Unternehmensberater, bisher eher für ihre schlechte Work-Life-Balance bekannt, stellt das vor neue Herausforderungen.

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Die Zahl der Unternehmen wächst, die ihre Beschäftigten an der langen Leine führen, damit diese mehr Innovationen zuwege bringen – oder überhaupt bei der Firma anheuern. Was daraus entstehen kann.

Noch bevor ihr neuer Job bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) in München richtig losging, konnte Susanne Bix wählen: Will sie die ersten zwei Jahre möglichst viele Branchen und Industriezweige kennenlernen? Oder will sie sich lieber auf eine bestimmte Branche spezialisieren? Bevorzugt sie es viel im Ausland zu arbeiten, oder eher in Deutschland? Oder sollte sie sich lieber gar nicht festlegen und den neuen Job einfach auf sich zukommen lassen?

Seit einem Monat läuft bei BCG das Einstiegsprogramm Individual Career. Jeder Neueinsteiger soll aus den Karrierepfaden Vielfalt, Spezialisierung oder Internationalität auswählen und so die Möglichkeit haben, die ersten zwei Jahre aktiv die Inhalte seiner Arbeit mitzugestalten. Susanne Bix hat sich für den Weg der Spezialisierung entschieden. Die 25-Jährige hat genaue Vorstellungen davon, welche Bereiche der Unternehmensberatung Spaß machen. Schon während ihres BWL-Studiums lernte sie zum Beispiel bei Praktika die Produktionsorganisation in Unternehmen kennen und beschäftigte sich mit der Organisation von Lieferketten. Das soll jetzt auch so bleiben. „Ich habe mich für das Programm entschieden, weil ich so von Beginn an in den Bereichen arbeiten kann, die mich am meisten interessieren“, sagt sie.

Deutschlands beste Unternehmensberater

BCG sieht sich seit einigen Jahren mit einer neuen Generation von Mitarbeitern konfrontiert, die andere Maßstäbe an ihren Arbeitsalltag zu setzen scheint, als die Generation ihrer Vorgesetzten. Carsten Baumgärtner, Partner bei BCG und zuständig für Neueistellungen, sagt: „Wir haben festgestellt, dass unsere Berater selbstbewusst auftreten und mehr fordern, als noch vor einigen Jahren.“ In einer umfassenden Umfrage hat BCG versucht, die Wünsche seiner Mitarbeiter zu ergründen. Baumgärtner stellte fest: „Diese Generation ist sehr leistungsbereit - doch sie will einen Sinn in ihrer Arbeit erkennen und sich auch weiterentwickeln können.“ Das Einstiegsprogramm Individual Career soll nun die Bedürfnisse dieser junge Generation befriedigen.

Was ist so anders an den Jungen? Soziologen sprechen von der Generation Y. Y - weil der Buchstabe im Englischen ausgesprochen wird wie why. Warum? Das ist die zentrale Frage, die diese Generation umtreibt. Sie hinterfragen alles, die Suche nach Selbstbestimmung und einem Sinn stiftenden Leben liegt in ihrer DNA. Auto, Haus und Geld sind nicht mehr ihr alleiniger Motor und haben als Statussymbole ausgedient. Diese Generation glaubt nicht, dass es sich lohnt, zu Beginn der Karriere auf private Bedürfnisse zu verzichten.

Was wollen sie stattdessen? Susanne Bix zählt mit ihren 25 Jahren zur Generation Y. „Ich will im Job Verantwortung übernehmen und suche die Herausforderung. Aber Familie und Freunde sind mir auch wichtig“, sagt sie. Freude am Job, flexible Arbeitszeiten, Freizeit und Erfüllung – das ist es, was zählt. Die Millennials, wie sie auch genannt werden, weil sie zwischen 1980 und 1990 geboren wurden und um die Jahrtausendwende Teenager waren, sind mit dem Internet groß geworden. Sie sind es gewohnt ihre Biografien selbst zu gestalten. Anders als die Nachkriegsgeneration haben sie erfahren: alles geht, nichts muss. In ihrer Kindheit haben sie durch ihre Eltern Fürsorge und Mitsprache erfahren – und das erwarten sie nun auch von ihrem Arbeitgeber: Aufmerksamkeit, Mitsprache, ständiges Feedback.

Wer bösartig ist, nennt das Generation Weichei. Doch klar ist, diese Generation ist dabei die Arbeitswelt zu erobern. Gerade Unternehmensberatungen stellt das vor eine große Herausforderung. Lange war ihre Unternehmenskultur geprägt von langen Arbeitszeiten, Hierarchien und harschen Umgangsformen. Doch die Branche beginnt zur realisieren, dass die Jungen das nicht mehr bedingungslos hinnehmen. Harte Anreize wie Gehalt und Boni treiben die Jungen nicht mehr ausnahmslos an. Thomas Fritz ist Direktor für Rekrutierung bei McKinsey. Er glaubt den Unternehmensberatungen tue die Konfrontation mit der Generation Y gut. Denn sie haben auch von dieser Generation gelernt. „Die junge Generation ist ein Traum für ein Personaler“, sagt er. Denn sie seien zwar nicht bequem - aber Bequemlichkeit sei ja auch nicht gut.  

Bei den Vorstellungsgesprächen mit den Beratungen treten die Absolventen heute sehr selbstbewusst auf. Marius Möller, Personalvorstand bei PricewaterhouseCoopers (PwC), sagt: „Die Bewerber fragen genau danach, wie der Arbeitsalltag aussieht.“ Allein das hohe Gehalt zähle nicht mehr als Argument. Die jungen Bewerber fragen nach Inhalten, Auszeiten und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

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