Suche nach Talenten Unternehmensberater reagieren auf Generation Y

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Zwei persönliche Ziele

Doch das oft bemühte Bild von der Generation Y, die nur nach Freizeit strebe und  weniger arbeiten will, stimme so auch nicht, sagt Carsten Baumgärtner von BCG. Im Gegenteil – die Jungen seien sehr leistungsbereit, wenn die Arbeit Sinn ergebe. Dennoch müssen die Unternehmensberatungen umdenken. „Wenn es doch vorkommt, dass unsere Berater bis spät abends arbeiten müssen, dann brauchen wir eine echte Begründung dafür“, sagt Baumgärtner.

Bei BCG vereinbart deshalb jeder Mitarbeiter eines Teams zwei persönliche Ziele - bezogen auf die Freizeitgestaltung. Susanne Bix ist ihr Sport sehr wichtig. Mindestens einmal pro Woche will sie laufen gehen, ob vor, nach oder zwischendurch ist ihr egal. Donnerstags will sie schon früher Feierabend machen, weil sie sich dann mit Freunden treffen will. Die Arbeit im Team muss so strukturiert werden, dass jeder erreichen kann, was er sich in der Woche vorgenommen hat. 

Natürlich klappt das nicht jede Woche reibungslos. Denn gerade die Unternehmensberatungen stoßen auch an ihre Grenzen, wenn es um die Umdeutung ihrer Unternehmenskultur geht. Sie müssen sich eingestehen, eine gute Work-Life-Balance nicht bedingungslos umsetzen zu können. Lange Arbeitszeiten, viel Reisen und beim Kunden vor Ort arbeiten, das liegt eben in der Natur der Sache. „Das lässt sich nicht mit einem Nine-to-five-Job vereinbaren“, sagt Baumgärtner von BCG.

Auch bei PwC muss man sich dieser Herausforderung stellen. Rund 40 Prozent der Mitarbeiter gehören bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft der jungen Generation an. Im Jahr 2016 werden es schon 80 Prozent sein. PwC musste lernen, dass die Jungen nicht mehr Karriere um jeden Preis machen wollen. Das setzt das Unternehmen unter enormen Anpassungsdruck.

Seit einige Jahren gilt bei PwC nun schon: Die Arbeitsergebnisse zählen, nicht wie viel Zeit man im Büro abgesessen hat. Das sogenannte Jahresarbeitszeitkonto rechnet die Arbeitsstunden auf das Jahr und verdrängt die 40–Stunden-Woche. Rund 1800 Arbeitsstunden sind abzuleisten, doch wann diese abgearbeitet werden, soll dem Mitarbeiter selbst überlassen sein. So können sich die Mitarbeiter ihre Zeit flexibel einteilen. Auch ihren Arbeitsplatz sollen sich die Mitarbeiter aussuchen – wer will, kann von zu Hause aus arbeiten. Aber auch hier gibt es Grenzen. Denn selbstverständlich verlangt auch PwC bei Kunden zu arbeiten.

Letztes Jahr hat PwC außerdem eine neue Urlaubsregelung eingeführt. Der Mindesturlaub beträgt zwar immer noch 28 Tage. Aber jeder Arbeitnehmer kann bis zu 20 zusätzliche unentgeltliche Urlaubstage beantragen. Die Veränderungen machen auch vor den älteren Mitarbeitern nicht halt. Die Generation „konservativ“ müsse sich umstellen, sagt Marius Möller von PwC. „Die Mitarbeiter sind nicht mehr auf Zuruf zur Stelle – so funktioniert das heute eben nicht mehr.“

Bei PwC scheint das Konzept aufzugehen. 2013 hat die Beratung eine Rekordzahl an Bewerbungen erhalten. Marius Möller, Personalvorstand bei PwC, glaubt, das liege daran, dass sie sich mit der Generation auseinandersetzen. „Wir sehen dank unserer Mitarbeiterbefragungen, dass die Zufriedenheit steigt.“ Außerdem sei die Fluktuation unter den Arbeitnehmern zurückgegangen.

Auch bei der Unternehmensberatung McKinsey denkt man inzwischen in anderen Kategorien. Bisher waren auch hier 16-Stunden-Tage keine Seltenheit. Doch jetzt wirbt die Beratung mit zweimonatigen Auszeiten vom Job. „Take Time“ heißt das Programm, bei dem die Mitarbeiter im Job pausieren können - um zu Reisen, für die Familie da zu sein oder sich einem Hobby intensiv zu widmen. Thomas Fritz von McKinsey sagt: "Vor einigen Jahren wäre das Programm Take Time in unserer Unternehmenskultur so nicht denkbar gewesen.“

Die Beratungen beginnen umzudenken. Doch auch in Zukunft wird der Beraterjob wohl eher zu den arbeitsintensiveren zählen. Susanne Bix nimmt das in Kauf. Von montags bis donnerstags ist sie unterwegs, arbeitet irgendwo in Deutschland im Büro eines Kunden. Aber dank dem neuen Einstiegsprogramm konnte sie den Wunsch äußern, nicht allzu oft im Ausland arbeiten zu müssen. In etwa zwei oder drei Jahren will sie promovieren. Von ihrem Arbeitgeber erwartet sie natürlich, dass er sie dabei unterstützt.

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