Auch der US-Psychologe Dan Ariely gehört inzwischen zu den Kritikern der Teamarbeit. Der Professor an der Duke-Universität erforscht seit Langem, warum Menschen Regeln brechen, Geschäftsberichte fälschen und ihre Versicherungen betrügen. Sein deprimierendes Ergebnis nach zahlreichen Studien: Wir alle sind Lügner. Der eine mehr, der andere weniger – aber unbefleckte Ehrlichkeit gibt es nur sehr selten. Und alles wird noch schlimmer, wenn wir nicht alleine sind, sondern mit anderen zusammenarbeiten. In einem Experiment ließen Ariely und seine Kollegen mehrere Studenten einfache Matheaufgaben lösen. Für jede richtig gelöste bekamen sie am Ende einen halben Dollar. Ein Teil der Gruppe bekam das Geld jedoch nur, wenn er die gelösten Aufgaben einem Prüfer zur Kontrolle vorlegte. Die anderen durften den Zettel im Anschluss an den Test durch einen Aktenvernichter jagen und dem Prüfer sagen, wie viele Aufgaben sie gelöst hatten, ohne dass er das nachprüfen konnte.
Wer nicht kontrolliert wird, mogelt
Wenig überraschend: Die Studenten in der Schredder-Gruppe hatten regelmäßig bessere Ergebnisse – ein Zeichen dafür, dass sie mogelten. Besonders deutlich wurde der Unterschied, als die Psychologen den Studenten erlaubten, in Gruppen zusammenzuarbeiten und sich die Auszahlung zu teilen. Die Gruppen, die ihre Testbögen nachher vernichten konnten, behaupteten nun, besonders viele Aufgaben gelöst zu haben, und ließen sich dafür ordentlich bezahlen.
„Wir nennen das altruistisches Betrügen“, sagt Dan Ariely. „Bei einer Gruppenarbeit wird oft das gesamte Team für das Arbeitsergebnis belohnt. Wenn ich nun mit unerlaubten Mitteln den Gewinn meines Teams erhöhe, bekommen alle einen höheren Bonus. Dieses Gefühl, den anderen etwas Gutes zu tun, lindert eventuelle moralische Zweifel.“ Auch Ariely glaubt, dass Teamarbeit kein Wundermittel ist. „Sie hat eben auch einige schädliche Nebenwirkungen: Eine Gruppendynamik und ein starkes Teamgefühl sind nicht immer etwas Gutes, sondern können auch dazu führen, dass man Dinge macht, die man sich alleine nicht trauen würde.“
Doch was heißt das alles nun? Sollten wir alle lieber wieder alleine arbeiten? Nein, findet Chris Diller. „Teamarbeit hat uns als Spezies stark gemacht, und sie wird immer wichtiger“, sagt er. „Die Probleme, vor denen wir stehen, sind extrem komplex und können nur gelöst werden, wenn Menschen zusammenarbeiten“, sagt Diller. Daher sei es wichtig, dass Teamarbeit besser organisiert wird, um die Kraft der Gruppe zu nutzen und gleichzeitig Raum zu lassen für intensives Arbeiten. Der erste Schritt sei, Kommunikation nicht mit Teamarbeit zu verwechseln. E-Mails, Messenger und Kollaborationsplattformen würden zwar die Kommunikation erleichtern, aber nicht bei der eigentlichen Teamarbeit helfen: Entscheidungen effizient zu diskutieren und dann auch zu treffen.
Was Meeting-Floskeln wirklich bedeuten
Klingt nett und ist es auch – aber nur dann, wenn das Lob vom Chef kommt und ehrlich gemeint ist. Kommt es jedoch vom Kollegen, ist Vorsicht geboten. Wer lobt, stellt sich über den Gelobten, er besitzt offenbar Beurteilungshoheit. Womöglich will sich der Huldiger also nur profilieren.
Wer so beginnt, impliziert, dass sich das Folgende auf harte, nachprüfbare Tatsachen stützt. Damit sagt derjenige auch: Der Käse davor war allenfalls eine Vermutung, ein Eindruck, eine Fabel. Also nicht der Rede wert.
Ein Klassiker. Der Fragende offenbart einen wunden Punkt, aber statt die Lösung mitzuliefern, gibt er den schwarzen Peter direkt an Krause weiter. Der kann dabei nur verlieren: Weiß er nichts, ist er blamiert. Glänzt er durch eine gute Idee, war es der andere, der ihm das Wort erteilt hat. Welch Weitblick! Richtig gemein wird die Taktik, wenn so jemand schon vorher weiß, dass Krause davon keine Ahnung hat oder seinen üblichen Vorschlag machen wird, der – wie ebenfalls bekannt – völlig unreif ist.
Bravo! Hier geriert sich einer nicht nur als empathischer, hilfsbereiter Kollege, sondern auch noch als begnadeter Zuhörer. Obendrein bereichert er die Runde mit den klaren Worten, um die der simple Herr Krause leider verlegen war. Ziemlich link.
Wer so fragt, degradiert den anderen zum technikverliebten Kleingeist. Nur er hat den Überblick über das große Ganze – oder ist zumindest daran interessiert. Eine noble Geste, die den Kollegen ziemlich winzig aussehen lässt.
Eine fiese Attacke. Natürlich glaubt so jemand nicht eine Sekunde daran, dass der andere Recht hat. Aber er signalisiert Toleranz und Offenheit, während er gleichzeitig die Glaubwürdigkeit und Reputation des anderen subtil untergräbt.
Der erste Satzteil klingt nur verständnisvoll. Tatsächlich geht es darum, den anderen alt und ewiggestrig aussehen zu lassen. Denn die unausgesprochene Fortsetzung lautet: „...aber intellektuell habe ich mich längst weiterentwickelt."
Wie Newport rät auch er dazu, diese Kommunikationsmittel zu begrenzen, um Raum für Konzentration zu schaffen. Einige Unternehmen haben inzwischen Regeln aufgestellt, um die Anzahl der E-Mails zu reduzieren, oder gestalten ihre Büros um, damit sie Räume bieten, in denen man eben mal nicht für alle erreichbar ist.
Außerdem empfiehlt Diller Unternehmen, dass Führungskräfte in Meetings die Rolle eines Entscheiders übernehmen. „Der sorgt dafür, dass die diskutierten Ideen fair bewertet und möglichst effizient ausgewählt werden.“ Zusammen mit seinen Kollegen arbeitet Diller an einer Software, die diese Aufgabe irgendwann übernehmen soll, unter anderem, indem sie die Teammitglieder anonym über Vorschläge abstimmen lässt. Dadurch, so zumindest seine Hoffnung, werden Meetings nicht nur deutlich produktiver, sondern auch kürzer und seltener.
Auch Adam Grant glaubt, dass klug eingesetzte Technologie helfen kann. Bei vielen Anfragen von Kollegen und Einladungen zu Meetings gehe es nicht um den Austausch von Meinungen, sondern um das Teilen von Wissen. Dafür müsse aber niemand seine Arbeit unterbrechen. Das Wissen der Mitarbeiter lasse sich besser in Datenbanken speichern, die jeder von seinem Arbeitsplatz oder seinem Handy aus durchsuchen kann. „Eine Anfrage, für die sonst ein halbstündiges Meeting geplant wird, lässt sich so in wenigen Minuten beantworten“, so die Forscher. Mit solchen Lösungen könne man dafür sorgen, dass bei Zusammenarbeit nicht nur das „Zusammen“ stattfindet – sondern auch die Arbeit.