Früher gab es noch Regeln, wer wem unter welchen Umständen das „Du“ anbieten darf: Der Ältere dem Jüngeren und der Höhergestellte dem Nachrangigen. Das scheint sich heute immer mehr aufzulösen. Plötzlich ist es in einigen Büros in Mode, sich direkt zu duzen – einfach so, vor allem in den Medien oder der Werbung. Im Bereich der Banken geht es weiterhin eher konservativ zu.
Die zehn Knigge-Basics
Wer niesen muss, tut dies indem er den Handrücken der linken Hand benutzt und sich wegdreht. Hat sich durch die abrupte Bewegung jemand erschreckt, entschuldigt man sich. Daneben kann man in einer kleinen Runde "Gesundheit" wünschen, wenn aber beispielsweise bei großen Besprechungen jemand niest, wird das ohne Kommentar ignoriert.
Wenn man sich am Telefon meldet genügt kein: Guten Tag oder Hallo. Man sollte zumindest den Familiennamen nennen. Außerdem empfiehlt es sich bei mehreren Personen im gleichen Alter, die in einem Haus wohnen, auch noch den Vornamen dazu zu nennen. Ein Gruß wie „Hallo“ oder „Guten Tag“ kann gerne nachgestellt werden, ist jedoch kein Muss.
Nach 21.30 Uhr sollte man nur in äußersten Notfällen bei anderen Personen anrufen. Außerdem empfiehlt es sich, bei älteren Personen auf eine Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr zu achten, in denen ebenfalls das Telefon stumm bleiben sollte.
Auch wenn es manchen als spontan und nett erscheinen mag. Unangekündigte Besuche sollte man vermeiden um den Gastgeber nicht zu einer ungelegenen Zeit zu stören, empfiehlt Knigge-Expertin Tosca Freifrau von Korff. Ein Anruf, 30-45 Minuten vorher hilft um zu klären, ob ein kurzfristiger Besuch möglich ist.
Bei offiziellen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten oder aber auch einem feinen Abendessen ist es sinnvoll, den Gastgeber vorher nach dem Kleidungswunsch zu fragen, wenn dies nicht auf der Einladung vermerkt ist. So vermeidet man unangenehme Ausrutscher in Sachen Kleidung.
Egal, wie die Frage lautet oder wer sie stellt: Richtig antwortet man nur in ganzen Sätzen. So lautet die Antwort auf die Frage nach dem gewünschten Getränk im Flugzeug nicht „Tomatensaft“, sondern „Ich hätte gerne einen Tomatensaft.“
Schlecht über andere Personen reden empfiehlt sich generell nicht. Wer es dennoch nicht lassen kann, sollte das nur in einem ungestörten Umfeld tun, in dem keine Dritte zuhören. Das Bahnabteil oder den Bus zum Lästern nutzen ist also ein No-Go.
Wer ernste oder problematische Dinge mit anderen zu besprechen hat, sollte den passenden Zeitpunkt abwarten, auch wenn manche Dinge dringend sind. So gehört das Besprechen von Konflikten nicht auf eine Hochzeit oder eine Geburtstagsfeier.
Wer irgendwo Gast ist muss abwarten, wo ihn der Gastgeber hinführt. Eine Besichtigungstour auf eigene Faust a la „Ich schaue mich mal ein wenig um“ ist nicht akzeptabel. Stattdessen lieber gleich den Gastgeber um eine Führung bitten.
Wer Gäste hat, muss ihnen gestatten ihre Schuhe anzulassen. Hausschuhe, die schon von anderen getragen wurden sind keine Alternative. Im Extremfall kann man seine Gäste drum bitten, des Bodens zur Liebe die Schuhe auszuziehen. Allerdings sollte ein aufmerksamer Gast bei schlechtem Wetter gleich ein zweites Paar Schuhe für den Innenraum mitbringen.
Langsam regt sich in den Büros Widerstand gegen Dauer-Duzer. Denn Duzen ist keine Pflicht. Es ist ein Angebot sich auf einen meist lockeren Umgangston zu verständigen. Es baut auch bestehende Distanzen ab, das sollte man sich vor Augen halten. Das wird vor allem in Situationen deutlich, die Konfliktpotential und Reibungspunkte bieten: Ein (beleidigender) Angriff fällt leichter, wenn die „Sie“-Barriere weg ist. Beim „Du“ ist es außerdem schwierig, Kritik wirklich zu äußern. Und schwierig wird es auch, wenn der Vorgesetzte Autorität zeigen muss. Allerdings können Sie sich nicht dagegen wehren, wenn Sie in einem Unternehmen arbeiten, in dem das Duzen an der Tagesordnung ist. In dem Fall müssen Sie dem „Du“ auch keine weitere freundschaftliche Bedeutung zumessen – es ist dann etwa vergleichbar mit englischen „You“.
Ablehnen sollten Sie es hingegen in Fällen, wenn Sie sich überrumpelt fühlen – sollten dann aber klar machen, dass es nichts mit der Person des Gegenübers zu tun hat, sondern Sie sich mit dem „Du“ nicht wohlfühlen. Das gilt übrigens auch gegenüber dem Chef: Sie sollten sich allerdings schon im Vorfeld eine gute Erklärung überlegen. Es ist allerdings nicht so, dass es gar keine offiziellen Regeln mehr gibt.
Ein Blick über den Tellerrand
Franzosen sind „eher konservativ“, weiß unsere Frankreich-Korrespondentin Karin Finkenzeller. Vor allem in den „höheren“ Kreisen gehört es dazu – sogar unter Ehepaaren. Ein ähnliches Bild in alteingesessenen Familienunternehmen – dort bleibt man beim Sie. In anderen Unternehmen setzt sich eine Kombination aus „Sie“ und dem Vornamen durch. In international ausgerichteten Unternehmen hingegen setzt sich die „You“-Kultur durch. Vor Fettnäpfchen schützen sich die manche Franzosen, in dem sie abwarten, was der Gesprächspartner für Umgangsformen vorschlägt, denn ein einfaches „Bonjour“ ohne den Zusatz „Madame“ oder „Monsieur“ kann kurzangebunden und auch leicht unhöflich klingen.
In Belgien hingegen hängt das Duzen und Siezen von den Landesteilen ab, erklärt unsere Brüssel-Korrespondentin Silke Wettach. Während Flamen recht großflächig duzen, sind die französischsprachigen Wallonen sehr formell. Verwirrung gibt es wenn Flamen französisch reden, und munter die vertrauliche Variante wählen. Insgesamt sind gute Umgangsformen in Belgien sehr wichtig – schon im Kindergarten wird es den Kindern beigebracht.
Auch in der Volksrepublik China werden gute Umgangsformen großgeschrieben – auch innerhalb der Familie. Dabei gibt es jedoch einige Feinheiten zu beachten. Während sich Chinesen in der Öffentlichkeit eher gleichgültig begegnen, manchmal auch ruppig, gilt im Geschäftsleben oder auch in der Familie noch immer das traditionell konfuzianische Gesellschaftsbild. Das ist durch strenge Hierarchie geprägt, die sich allerdings je nach Gruppendynamik ändern kann: Vorgesetzte stehen über Nachrangigen, Kunden über Verkäufern, Ältere über Jüngeren und so weiter.
Vor allem ist es wichtig, dass das Gegenüber nicht „sein Gesicht verliert.“ Einem älteren Mitarbeiter oder gar dem Chef zu widersprechen, ist verpönt, weiß unser China-Korrespondent Philipp Mattheis zu berichten. Kritik wird, wenn überhaupt, nur sehr vorsichtig formuliert. Junge chinesische Mitarbeiter klagen oft über die starren Umgangsformen in China. "Es gibt Chefs, die erwarten von ihren Mitarbeitern, dass sie den Schreibtisch aufräumen und Tee nachschenken", erzählt etwa ein 30-jähriger Angestellter im Gespräch mit Mattheis. Das ändert sich aber langsam, vor allem in den großen Städten, wo viele internationale Unternehmen ansässig sind. In Staatsunternehmen ist es üblich, die Höflichkeitsanrede "Nin" zu benutzen, anstatt "Ni", dem chinesischen Du.
In Großbritannien gibt es weder "Du" noch "Sie", schreibt Großbritannien-Korrespondentin Yvonne Esterházy. Das vereinfache die Kommunikation im Büro einerseits, mache sie auf der anderen Seite aber auch komplizierter. Jeder werde mit "You" angesprochen und es hat sich außerdem eingebürgert, sich beim Vornamen zu nennen. Der Umgangston ist daher "stets locker und freundlich". Doch Hierarchien gebe es natürlich auch im Vereinigten Königsreich, "das ist für Ausländer ein Minenfeld", weiß Esterházy.